Die Widmung: Roman (German Edition)
China und Sumatra und in andere weit entfernte Häfen fuhren, um mit dem gemeinen neuenglischen Kabeljau zu handeln, den sie wie durch Zauberhand in andere Schätze verwandelten, erst in Molasse von den Westindischen Inseln und später in Luxusgüter wie französischen Weinbrand, Salz aus Cádiz, Orangen aus Valencia und Madeirawein.
Arlis Browne war ein ehrgeiziger junger Seemann, der sich in der Walfangflotte von Nantucket hochgearbeitet hatte. Er sah zwar nicht gerade gut aus, aber mit seiner wild-ungestümen Art hatte er doch Eindruck gemacht und die Blicke so manches jungen Mädchens in Nantucket auf sich gezogen. Die meisten Inselbewohner bemühten sich redlich, ihre Töchter von ihm fernzuhalten, denn sie sahen, dass unter seinen blendend weißen Zähnen noch scharfe Fangzähne versteckt waren. Doch als Arlis Browne sich der Tochter eines örtlichen Kaufmanns zuwandte, freute sich der Mann so sehr darüber, einen Verehrer für sein einziges Kind zu haben (das Mädchen war keine Schönheit und hatte keine anderen Aussichten), dass er sich den Seemann nicht allzu genau ansah und gewiss nicht seine Zähne überprüfte.
Der Kaufmann starb kein Jahr darauf und hinterließ seine Tochter und all seine irdischen Güter Arlis. Wenige Monate später starb die Tochter, unter mysteriösen Umständen, wie manche behaupteten. Arlis verkaufte das Haus und den Laden und zog weg aus Nantucket, bevor irgendjemand mit dem Finger auf ihn zeigen konnte. Er hatte von den Pfeffermillionären in Salem gehört. Viele Walfänger verließen nämlich die Walfangflotte, um sich auf den wohlhabenden Handelsschiffen, die von diesem berühmten Hafen ausliefen, ein Vermögen zu verdienen. Mit seinem neuen Geld wollte Arlis Browne ein eigenes Schiff erwerben und sein spärliches Vermögen in ein großes verwandeln.
Aber Arlis Browne hatte keine Ahnung, welch enormem Reichtum er in Salem begegnen sollte. Die Handelsschiffe waren viel größer und nobler als die Schiffe, die er kannte, und meistens gehörten sie den alten Schiffseignerfamilien: den Crowninshields, den Derbys und den Peabodys – oder den neuen Partnerschaften und Handelsgesellschaften, die deren Erben gegründet hatten.
Einige wenige reiche Familien bildeten die Aristokratie von Salem, und sie nutzten ihre Macht, um sich noch mehr zu bereichern. Als sich Arlis Browne also mit seiner mageren Offerte an die Schiffseigner wandte, wurde er beinahe aus der Stadt hinausgelacht, eine Kränkung, die der stolze Seemann schlecht verkraftete und die er so bald nicht vergessen sollte.
Da sein Vermögen nicht einmal annähernd ausreichte, um ein Schiff zu kaufen, verlegte sich Arlis Browne auf das, was er am zweitbesten konnte: die Waren und die Dienstleistungen bereitzustellen, die Seeleute brauchten, wenn sie im Hafen waren.
Und so kam es, dass sich der enttäuschte Seemann ein anständiges, wenn auch nicht gerade herrschaftliches Haus in der Turner Street kaufte, ganz in der Nähe eines der über neunzig Kais, die den geschäftigen Hafen von Salem säumten. Das Haus war nicht annähernd so stattlich wie das Haus, das er in Nantucket verkauft hatte, und durch den Kauf nahm er gesellschaftlich nun eine geringere Stellung ein als zuvor, was ihn äußerst verbitterte. Dennoch war er erfindungsreich und entschlossener denn je, Erfolg zu haben.
Während seiner strapaziösen Reisen hatte Arlis Browne etwas von dem eindrucksvollen Äußeren verloren, das bislang die Damen von Nantucket fasziniert hatte. In dem weltläufigeren Hafen von Salem drehte sich kaum jemand nach seinem wettergegerbten Gesicht um. Doch er ließ sich nicht entmutigen. Er wusste wohl, was ihm zustand, und er war entschlossen, es zu bekommen, auf welchem Weg auch immer. Bald würde er Macht haben, und er würde Geld haben, und wenn er genug von beidem hatte, dann würde er auch das hübscheste Mädchen von Salem sein Eigen nennen.
Arlis Browne beschäftigte eine Haushälterin, eine ehemalige Sklavin aus Haiti. Ein Kapitän aus Salem hatte sie am Hafen aufgelesen, nachdem ihr Mann von den Briten aus der Sklaverei befreit, dann aber von der britischen Marine zwangsrekrutiert worden war, so dass die Frau allein und hilflos zurückblieb. An Bord des Schiffs war sie die Geliebte des Kapitäns gewesen, und als er ihrer überdrüssig wurde, wurde sie auch von anderen Männern der Besatzung benutzt. Man versprach ihr die Freilassung, sobald sie die Stadt Salem erreicht hätten.
Mit Hilfe seiner neuen Haushälterin, einer
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