Die Wiederkehr
Hände. »Schnell jetzt! Sie
werden gleich zurück sein.«
Dem ersten Wunder folgte ein weiteres: Ebenso lautlos und rasch,
wie sie zu Boden gesunken waren, kehrte das Leben in das knappe
Dutzend Soldaten zurück. Sie standen auf und griffen nach ihren
Waffen. Die Stricke, die Andrejs Hände und Knöchel gefesselt hatten, wurden durchtrennt, und der gleiche Soldat, der Andrej noch vor
einem Augenblick derb vor sich hergestoßen hatte, reichte ihm mit
einem breiten Grinsen ein Schwert, das er verblüfft als seine eigene
Waffe erkannte. Nur einen Schritt entfernt wurde auf die gleiche
Weise mit Abu Dun verfahren. Der Nubier wirkte genauso verblüfft
wie er.
Andrej wandte sich wieder zu von Salm um. Der Graf hatte den
schwarzen Mantel mittlerweile ausgezogen. Darunter trug er ein
schlichtes braunes Gewand aus robustem Leder. An seinem Gürtel
war ein robustes Schwert befestigt, dessen Klinge man ansah, dass es
nicht nur der Zierde diente.
Andrej wollte eine Frage stellen, aber von Salm winkte rasch ab
und sah an ihm vorbei. Hinter der Biegung war ein weiterer Mann
aufgetaucht, der auf magische Weise wieder von den Toten auferstanden war. Er nickte von Salm wortlos zu, und der Graf wandte
sich mit einer weiteren, ebenfalls stummen Geste an einen anderen
Soldaten.
Der Mann trat an die Wand heran. Andrej konnte nicht genau erkennen, was er tat, aber nach einem Augenblick hob ein tiefes Scharren und Schaben an. Plötzlich glitt ein Teil der scheinbar massiven
Steinmauer zur Seite und gab den Blick auf einen geheimen Gang
frei, der dahinter verborgen gewesen war.
Zwei weitere Soldaten traten hindurch und kehrten nur einen Augenblick später zurück. Sie trugen einen reglosen Körper zwischen
sich, der eine Uniform trug, die den ihren glich. Andrej musste nur
einen flüchtigen Blick in sein Gesicht werfen, um festzustellen, dass
er tot war.
»Keine Sorge«, sagte von Salm rasch. »An Leichen herrscht im
Moment in Wien kein Mangel. Auch nicht an solchen, die nicht
durch das Schwert gestorben sind.«
Tatsächlich wies der Mann keine äußerlichen Verletzungen auf zumindest keine, die man auf den ersten Blick gesehen hätte. Das
galt auch für die acht oder neun weiteren Toten, die die Soldaten
rasch hintereinander aus dem Geheimgang holten.
»Und Ihr glaubt, darauf fällt er herein?«, fragte Andrej zweifelnd.
Von Salm hob auf eine Art die Schultern, als interessiere ihn die
Antwort auf diese Frage nicht. »Dieser Narr hat sich schließlich große Mühe gegeben, jeden davon zu überzeugen, dass der Teufel selbst
sein Unwesen in der Stadt treibt. Jetzt hat er ihn gesehen.«
»Und wenn er nicht davongelaufen wäre?«, wollte Andrej wissen.
Von Salm hob gleichmütig die Schultern. »Dann wäre er jetzt tot,
und Wien hätte einen neuen Märtyrer.«
Abu Dun trat zu ihnen und sog schnüffelnd die Luft ein. »Das mit
der Explosion war nicht schlecht«, lobte er, schnüffelte erneut und
fügte hinzu: »Aber es stinkt wie der größte Furz der Weltgeschichte.«
»Oder der des Teufels«, sagte von Salm. Er lachte. »Ein simpler
Trick, den mir ein Alchimist gezeigt hat, den ich in meiner Jugend
kannte. Ich wusste doch, dass er sich eines Tages noch einmal als
nützlich erweisen würde.«
Die Soldaten waren damit fertig, Leichen im Gang zu verteilen, und
verschwanden einer nach dem anderen durch die Geheimtür. Von
Salm bedeutete Andrej und Abu Dun mit einer ungeduldigen Geste,
sich ihnen anzuschließen, und trat selbst als Letzter in den Geheimgang. Nachdem er an einem eisernen Ring an der Wand gedreht hatte, wiederholte sich das Scharren und Rumpeln. Von einem verborgenen Mechanismus bewegt, schloss sich die Tür wieder.
Andrej wollte eine Frage stellen, aber von Salm winkte auch jetzt
wieder ab und deutete aus der gleichen Bewegung heraus tiefer in
den Gang hinein. »Später«, wisperte er. »Hatschek ist zwar ein Idiot,
aber leider nicht dumm. Es sollte mich nicht wundern, wenn er diese
Geheimtür kennt.«
Rasch folgten sie den Soldaten, die zum größten Teil schon vorausgeeilt waren und mit ihren Fackeln den schmalen Gang zwar erhellten, zugleich die Luft aber auch so mit Qualm verpesteten, dass das
Atmen zur Qual wurde. Zudem war der Gang so schmal, dass sie
sich nur hintereinander bewegen konnten.
Nach vielleicht dreißig Schritten erreichten sie eine steinerne Wendeltreppe, die in Schwindel erregendem Winkel in die Tiefe führte
und in einem halbrunden, niedrigen Raum endete, von dem gleich
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