Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Wiege des Windes

Titel: Die Wiege des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
Vom Netzwerk:
liegen geblieben. Er hatte den Opel am Straßenrand abgestellt und war den Rest des Weges zu Fuß gegangen. Kaum vier Stunden Schlaf lagen hinter ihm. Die Festgenommenen von Norderney sollten am Nachmittag dem Haftrichter vorgeführt werden. Die beiden verletzten Täter lagen unter ständiger Bewachung im Krankenhaus. Die Identität des Angeschossenen, der sich während der Aktion offenbar vor dem Vordereingang des Behrendschen Anwesens verschanzt hatte, war noch nicht geklärt. Von den anderen, auch von dem Schwerstverletzten, waren Seemannspatente an Bord der Sigtuna gefunden worden. Vorausgesetzt, dass die Personalien richtig waren, stammten zwei aus Russland, einer aus Polen, und der Schwerstverletzte war Ukrainer. Der Tote hatte keine Papiere bei sich, seine Identität lag im Dunklen. Noch immer waren Polizeistreifen auf der Insel mit Fahndungsmaßnahmen beschäftigt. Es konnte nicht ausgeschlossen werden, dass im Chaos der Nacht Täter entkommen waren.
    Friederike van Deeren befand sich unter polizeilicher Aufsicht und auf eigenen Wunsch in einer Klinik in psychologischer Behandlung, sie war mit den Nerven fertig und hatte Angst, dass sie Ziel eines weiteren Anschlages werden könnte. Der Haftbefehl war bis zur weiteren Klärung des Falles ausgesetzt. Sie hatte Trevisan erklärt, dass Onno Behrend sich intensiv mit der CD beschäftigt hatte. Doch Behrend befand sich im Krankenhaus und war frühestens in drei Tagen vernehmungsfähig.
    Für Trevisan ergab das Ganze bislang noch keinen Sinn. Auf der CD mussten Informationen von äußerster Brisanz versteckt sein. Die Männer der Sigtuna hatten Vermessungsarbeiten im Wattenmeer durchgeführt und einen schmalen Streifen im Roten Sand kartografiert. Was war so ungewöhnlich daran, was konnte so verräterisch sein, dass man deswegen mordete?
    Das zweite Programm, ein russisches Ortungsprogramm, diente dazu, mittels Satellitentechnik genaueste Positionsangaben zu ermitteln. Nur das dritte Programm gab noch Rätsel auf.
    Gegen die beiden Matrosen, die auf der Sigtuna verhaftet worden waren, ließ sich der Verdacht auf Beihilfe zum Mord aufrechterhalten. Die drei Männer, die am Haus festgenommen worden waren, würde der Tatvorwurf »Mordversuch in zwei Fällen« in vollem Maße treffen. Und einer davon hatte vielleicht die Nacht nicht einmal überlebt.
    Trevisan wusste, dass noch eine ganze Menge zu tun war.
    Im Dienstgebäude wurde er von Kirner abgefangen. Der Kriminaloberrat stand im Flur und klatschte Beifall. »Schöner Erfolg, gestern Nacht! Die ganze Dienststelle redet davon. Kleinschmidt hat gesagt, er hofft, dass Sie bald versetzt werden. Seit Sie das Kommissariat leiten, findet er überhaupt keine Nachtruhe mehr. Er ist übrigens heute den ganzen Tag dort draußen. Er hat mich gefragt, ob ich einen Spezialisten für Übertragungstechnik und Mikroelektronik kenne. Ich habe sofort ein paar Leute von meiner Dienststelle angefordert. Unter anderem auch einen Computerspezialisten. Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen?«
    »Sie haben Kleinschmidt getroffen?«, wunderte sich Trevisan. »Er müsste doch längst auf Norderney sein.«
    »Er hat angerufen«, sagte Kirner spitz. »Mich haben Sie ja offensichtlich nicht gebraucht.«
    Trevisan seufzte. »Ich wusste nicht einmal, wo Sie untergekommen sind. Sie haben vergessen, Ihre Adresse zu hinterlassen. Und mein Handy-Akku war leer.«
    Kirner schlenderte neben ihm her. »Ich war auch nicht untätig. Zwar nicht ganz so spektakulär, aber trotzdem effektiv.«
    »Dann sollten wir miteinander reden. Johannes wartet schon im Besprechungsraum.«
    Alex Uhlenbruch stieß eine Viertelstunde später zu der kleinen Gruppe. Trevisan hatte Kirner berichtet, was er bislang in Erfahrung bringen konnte. Doch er gestand auch ein, dass er noch keinen tieferen Sinn in den Neuigkeiten erkannte.
    »Vielleicht kann ich in dieser Sache weiterhelfen.« Kirner nahm einen blauen Ordner aus seinem Aktenkoffer. »Ich habe mich um Liebler gekümmert, den Verwaltungsbeamten aus Oldenburg. Es gibt da ein paar ganz interessante Aspekte. Zum Beispiel lebt Liebler, der ledig ist und eine Drei-Zimmer-Wohnung im Oldenburger Westen sein eigen nennt, auf großem Fuß. Er fährt seit einem Jahr einen SLK, er hat kürzlich eine Segelyacht gekauft und in den letzten zwei Jahren vier Mal Urlaub im Ausland gemacht. Mauritius, Dominikanische Republik, im August drei Wochen Phuket, und im November fuhr er in Sankt Moritz Ski. Und das waren keine Pauschalreisen. Unser

Weitere Kostenlose Bücher