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Die wilde Gärtnerin - Roman

Die wilde Gärtnerin - Roman

Titel: Die wilde Gärtnerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Milena-Verlag <Wien>
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mehr tun, als ihr zum Bett nachzufolgen. Sie legte sich hin. Er deckte sie zu, setzte sich neben sie und hielt ihre Hand.
    »Waßt, i wollt nie an Märchenprinzen«, sagte sie, für Josef völlig unverhofft.
    »Na jo, den host jo eh ned kriagt«, lachte er.
    »Irgendwie schon«, sagte Amalia und lächelte ihn an.
    »Du bist hoid sehr bescheiden, Mali.«
    Nur ka Kompliment annehmen, dachte Amalia, er windet sie immer ausse, damit er nur jo ka Kompliment annehmen muass.
    »Mei Lieba, zwa Wödkriag und an Dickdarmkrebs hot’s braucht, damit i bescheiden werd. Ganz sche vü Aufwand für a unscheinbare Person wie mi.« Sie schloss kurz die Augen. »Kommen’s boid?«, fragte sie und kannte die Antwort, hoffte aber, Josef würde im letzten Moment doch etwas anderes sagen.
    »Jo, in a poar Minutn sollten s’ do sein.«
    Sie atmete tief durch. Die Familie wollte sich von ihr verabschieden, alle auf einmal, weil sich niemand allein vor ihr Sterbebett traute. »Wird da Anton a kommen?«
    Sie war sicher, dass ihr Schwiegersohn irgendeine Ausrede fand, um sie nicht besuchen zu müssen. Er befasste sich nicht gern mit dem Tod. Was sie ihm eigentlich nicht verübeln konnte.
    »I nehm’s an, fois er ned orbeiten muas.«
    »Sie hätt eam verlossen solln.« Amalia spielte oberhalb der Bettdecke mit ihren Fingern.
    »Des is Ernas Angelegenheit.« Josef mochte solche Reden nicht. Amalia war nie geschwätzig gewesen, sie sollte es auch nicht in ihren letzten Tagen werden. »Misch di ned ein, des geht di nix an.«
    »Wir ham an Föhla gmacht, Josef, wir hätten s’ unterstützen miassen. Sie hätt si scheiden lassen und ihr eigenes Göd verdienen soin.« Amalia fragte sich oft, warum ihre Tochter eine Hausfrau geworden war. Von ihr konnte sie das nicht haben, war sie überzeugt. Sie war immer Arbeiterin gewesen, stolz darauf, sich selbst und ihre Familie durchzubringen. Nicht im Luxus, aber durchbringen. Sie war ihr ganzes Leben lang arm gewesen. Kein Besitz, kein Schmuck, keine teuren Kleider, kein Auto. Aber sie war von niemandem abhängig gewesen. Sie war niemandem etwas schuldig.
    »Was soin die Vorwürf? Es is Ernas Leben. Sie hod si in Anton ausgsuacht. Sie wird schon an Grund dafür ghobt ham.«
    »Na, sie traut si zu wenig zua, wir hätten des bessa mochen miassen.«
    »Wannst manst«, sagte Josef schicksalsergeben. Wozu sich jetzt noch Vorwürfe machen? Erna ging es doch gut, sie sollte so leben, wie sie wollte. Wenn es ihr mit Anton nicht gefallen würde, würde sie ihn verlassen, war Josef gewiss. Es war nicht seine Sache, darüber zu urteilen.
    »Josef, du passt auf sie auf, wann i nimmer bin, versprich’s.«
    »Dei Tochter kann ganz guad auf si söba aufpassen, die braucht kan oiden Krüppel dazua. Die is zacher und gschickter, als du glaubst.«
    »Versprich ma, dass d’ auf sie aufpassen tuast«, ließ Amalia nicht locker. Anscheinend konnte selbst die Krankheit Amalias Hartnäckigkeit nichts anhaben.
    »Glaubst du, dei Tochter braucht an fünfasechzgjahrigen Kriegsinvaliden mit Asthma, der nach zwa Stiagn steh bleiben und verschnaufen muass?«
    »Versprich’s, sonst hob i ka Ruah.«
    »Hearst, vertrau ihr. Die Erna kummt ganz nach dir, die is genauso lebenstüchtig wie du.« Er rückte auf der Bettkante näher zu ihr. »Du host ollas richtig gmocht, Mali, vertrau dir.«
    Aber Amalia ließ sich nicht erweichen. »Bitte, Josef. Damit s’ ned ganz allan is.«
    »Is ja guad, i versprich’s.« Er hätte es wissen müssen, er hatte bisher immer nachgegeben, weshalb sollte sich das jetzt ändern. Es klingelte an der Tür. »Do san’s scho, hoffentlich ham s’ olle Plotz bei uns.« Er nahm seine Krücken und machte sich langsam auf, um zu öffnen.
    Erna und Hilde standen draußen.
    »Schlaft sie?«, flüsterte Erna.
    »Na, kummt’s eine«, winkte Josef sie ins Zimmer.
    »I bin pumperlgsund!«, rief Amalia.
    Erna zog ihr anklagendes »Mama!« in die Länge, weil jemand in Amalias Situation solche Späße zu unterlassen hatte. Hilde hielt einen Strauß Tulpen unter Amalias Nase. »Hast du Schmerzen?«, fragte sie und traute sich nicht, ihre Oma zu umarmen.
    »Wannst mi ned boid druckst und obbusselst, scho.«
    Hilde küsste ihre Oma auf die Wangen, wusste aber nicht, wie stark sie sie berühren durfte. Amalias knochige Schlüsselbeine standen aus dem Kragen ihres Nachthemds hervor, darunter zeichneten sich spitze, schmale Schultern ab, ihre dürren Arme lagen auf der Bettdecke. Hilde hatte Angst, ihrer Oma die Knochen zu

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