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Die wilde Geschichte vom Wassertrinker

Die wilde Geschichte vom Wassertrinker

Titel: Die wilde Geschichte vom Wassertrinker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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Vielleicht fühlen sich
die schadenfroh dreinblickende Hausfrau und ihr Mann gerächt. Die [79]  unförmige Lady mag denken:
Mir hängt vielleicht der Arsch bis an die Kniekehlen, aber meine Schecks sind
gedeckt.
    »Bitte leeren
Sie den Wagen aus, Mrs. Trumper«, sagt der Geschäftsführer. »Sie können
jederzeit gerne bei uns einkaufen – mit Bargeld.«
    »Dann geben Sie
mir doch für meinen Scheck Bargeld«, entgegnet Biggie, die immer ein bißchen
auf der Leitung steht.
    »Jetzt hören
Sie zu, gnädige Frau!« Der Manager wird mutig; er spürt, daß die Leute in der
Schlange auf seiner Seite stehen. Colm streut die Bonbons auf den Boden. »Haben
Sie Geld genug bei sich, um die Bonbons zu bezahlen?« fragt der Geschäftsführer
Biggie.
    Und Biggie
antwortet: »Jetzt hören Sie mir mal zu… ich hab hier einen Scheck…« Aber der
Geschäftsführer kämpft sich mit den Ellbogen durch, bis er neben ihr steht, und
fängt an, ihren Wagen auszuleeren. Als er Colm von den Bonbons trennt, fängt
das Kind ein Gezeter an, und Biggie – gute fünf Zentimeter größer als der
Geschäftsführer – packt den herrischen Widerling an seinem kurzärmeligen,
bügelfreien Sommerhemd und rupft dabei wahrscheinlich an seinen Brusthaaren.
Biggie drängt ihn ungestüm gegen die Kassentheke, hebt Colm aus dem
Einkaufswagen, setzt ihn sich rittlings auf ihre ausladende Hüfte und grabscht
mit der freien Hand nach der Tüte Bonbons.
    »Hab zum
letzten Mal in diesem Saftladen eingekauft«, schimpft sie und reißt der
Kassiererin das Scheckheft aus der Hand.
    »Verlassen Sie
jetzt bitte das Geschäft«, flüstert der Manager, aber er spricht zu Colm und
nicht zu Biggie.
    Die erwidert:
»Dann gehen Sie mir aus dem Weg…«, was der Manager auch versucht, indem er sich
ganz dicht an die Kasse drückt, und Biggie schiebt sich an ihm vorbei und
drückt dabei ihre Hüfte gegen ihn. Es gibt kaum Menschen, die neben Biggie in
einen dieser schmalen Gänge passen würden.
    [80]  Und
sie gestaltet ihren Abgang sehr würdevoll, als sie durch die zischenden
automatischen Türen geht, über den Parkplatz stolziert und eine ganze Spur
Bonbons hinter sich herzieht. Wenn sie überhaupt etwas denkt, dann
wahrscheinlich: Wenn ich jetzt auf meinen alten Skiern stände, würde ich eine
Spitzkehre in dem Gang da machen. Die Skikanten wären messerscharf. Durch das
bügelfreie Hemd hindurch würde ich diesem Idioten mit einer Außenkante die
Brustwarze abschneiden.
    Doch
schließlich teilt sie lediglich Bogus ihre Meinung über die Wurzeln ihres
Geldproblems mit: »Nur wegen deinem Vater, diesem Arsch… «
    …und ich kann nicht umhin, ihr zuzustimmen, als wir alle wieder
zu Hause sind. Colm wühlt noch immer in der Tüte Bonbons. Am anderen Ende des
Gangs, im Schlafzimmer, flackert das Licht und geht aus. Biggie scheint nicht
zu bemerken, daß es die einzige Lampe
ist, die ausgeht, die anderen sind noch an. »Jetzt haben sie uns den Strom
abgeschaltet!« schreit sie. »Ach du meine Güte, Bogus, sie hätten doch wenigstens
bis zum Morgen warten können, oder?«
    »Es wird nur
die Birne sein, Big«, beruhige ich sie. »Oder die verdammte Sicherung.« Und auf
meine unbeholfene Art fange ich einen kleinen Ringkampf mit ihr an, damit sie
sich beruhigt, aber just in diesem Augenblick scheint ihr aufzufallen, was Colm
mit den Bonbons angestellt hat. Sie schiebt mich beiseite, und mir bleibt
nichts anderes übrig, als allein den dunklen Keller zu erkunden.
    Auf der
feuchten Steintreppe fällt mir ein, daß ich die Falle zuschnappen lassen muß,
damit die arme Maus nicht geköpft wird. Und zu Biggie rufe ich hoch: »Eine
clevere Maus ist das, Big, ist der Falle mal wieder entwischt!«
    Aber dieses Mal
sehe ich, daß die Maus die Falle tatsächlich selbst hat zuschnappen lassen –
hat sich rangeschlichen und den [81]  Käse
rausgeholt, ohne daß ihr weicher, kleiner Kopf dran glauben mußte. Mir läuft
der Schweiß herunter bei dem Gedanken, was für ein Risiko sie eingeht. Ich
flüstere in den muffigen Keller: »Hör mal zu, kleine Maus. Ich bin hier, um dir
zu helfen. Sei doch geduldig, laß mich das mit der Falle machen. Geh doch nicht
so ein Risiko ein, du setzt dein Leben aufs Spiel!«
    »Was?« ruft Biggie
von oben.
    »Nichts, Big«,
rufe ich hoch. »Ich hab nur wegen der verdammten Maus geflucht. Hat’s schon
wieder hingekriegt. Ist abgehauen!«
    Dann kauere ich
eine geraume Zeit vor dem Sicherungskasten, noch lange nachdem ich die
Sicherung wieder

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