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Die wilde Geschichte vom Wassertrinker

Die wilde Geschichte vom Wassertrinker

Titel: Die wilde Geschichte vom Wassertrinker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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zu
stolz!« rief er hinter mir her. »Fall vor niemandem auf die Knie, aber sei auch
nicht zu stolz!«
    Welch außergewöhnlicher
Ratschlag von einem höchst seltsamen Propheten. In der dunklen Iowa Avenue
lauerte in jeder dunklen Ecke eine Horde von Schwulenhassern. Würden sie mich
in Ruhe lassen, wenn ich ihnen bewies, daß ich keiner war? Wenn mir jetzt ein
Mädchen begegnete, sollte ich es als Beweis vergewaltigen? Seht her! Ich bin
normal!
    Ich hätte auch
die Rolladen oben lassen können, als ich nach Hause zu Biggie kam, zu meiner
großen goldbraunen Löwin, die es sich in unserem zerwühlten Bett auf und
zwischen Zeitschriften und mit Skilaufmotiven bestickten Kissen gemütlich
machte.
    »Mein Gott, du
stinkst vielleicht!« sagte Biggie und starrte mich an. Und plötzlich traf mich,
ebenso hart wie der satte Dunst des parfümierten Urins von meiner Begegnung mit
dem Angestellten aus Root’s Bookstore, die Erkenntnis, daß ich nun eine
Erklärung abgeben mußte. Ich verströmte eine etwas abgeschwächte Version seines
Wohlgeruches.
    »Wonach stinkst
du denn bloß so?« fragte Biggie. »Nach wem ? Du altes Schwein…«
    »Ich war nur
bei Benny in der Kneipe«, versuchte ich zu erklären. »Da war ein Schwuler auf
dem Männerklo. Der eine, der in Root’s Bookstore arbeitet, weißt du?« Aber
Biggie sprang mit einem Satz aus dem Bett, beschnüffelte mich am ganzen Körper
und zog meine Hand an ihre Nase. »Ehrlich, Big«, beschwor ich sie und
versuchte, ihr einen Kuß auf die Wange zu hauchen, doch sie streckte die Arme
aus und stieß mich von sich.
    »Oh, du Arsch,
du Dreckschwein, Bogus…«
    [148]  »Ich
schwöre, ich habe nichts Unrechtes getan…«
    »Mein Gott!«
brüllte sie. »Bringst mir sogar ihren Gestank mit ins Haus!«
    »Biggie, das
war dieser verdammte Schwule im Männerklo. Sie haben ihn in die Pinkelrinne
geworfen, und dabei ist ihm eine Flasche Kölnischwasser in der Jackentasche
kaputtgegangen…« Mist! dachte ich. Das klingt nicht nur
unglaubwürdig, sondern fast unmöglich. Ohne große Hoffnung, sie überzeugen zu
können, sagte ich so ruhig wie möglich: »Das Parfüm roch ziemlich stark, weißt
du…«
    »Das glaub ich
gern, daß sie ziemlich stark roch!« schrie
Biggie. »Wie eine läufige Hündin hat sie überall an dir ihre Duftmarkierungen
hinterlassen!«
    »Ich hab nichts
getan, Big!«
    »Bestimmt was
Exotisches«, entgegnete sie. »Eine von diesen Inderinnen in Saris, mit den
kleinen Tittchen. Die stinken wie ein ganzer Harem! Oh, ich kenne dich, Bogus!
Darauf hast du doch schon immer gestanden, oder? Hast immer die Schwarzen und
die geilen Orientalinnen und die dunkelhäutigen Jüdinnen angegafft! Du geiler
Bock, ich hab’s doch selber gesehen!«
    »Menschenskind,
Big…«
    »Ist doch wahr,
Bogus!« keifte sie. »Darauf stehst du, das weiß ich genau. Haarige und hurige…
die geilen Schlampen!«
    »Biggie, ich
bitte dich!«
    »Du hättest
mich immer lieber anders gehabt«, fuhr sie fort und biß sich in die Faust.
»Guck doch, was du mir zum Anziehen kaufst. Schreckliche Sachen kaufst du mir.
Ich sag’s dir, ich bin einfach nicht so wie die! Meine Schenkel sind zu stark.
›Laß doch den BH weg‹, sagst du immer. ›Du hast so tolle, große Brüste, Big‹, sagst du. Und wenn
ich keinen BH trage, wabbelt alles wie bei einer Kuh. ›Sieht echt gut aus, Big‹, erzählst du
mir. Meine Güte, ich weiß selber, wie ich aussehe. Meine Brustwarzen sind größer als manche Titten!«
    [149]  »Das
stimmt, Biggie. Sie sind wirklich groß. Und ich liebe deine Brustwarzen,
Biggie…«
    »Tust du
nicht!« brüllte sie. »Und ständig erzählst du mir, daß du nicht auf Blondinen
stehst. ›An sich steh ich nicht auf Blondinen‹, sagst du und faßt mich an einer
unanständigen Stelle an. ›An sich‹, sagst du, dann kneifst du mich ein bißchen
und tatschst immer an mir rum…«
    »Ich tatsch dir
gleich eine«, unterbrach ich sie, »wenn du nicht sofort die Klappe hältst.«
    Aber sie trat
einen Schritt zurück, hinter das Bett. »Faß mich bloß nicht an, du Ekel!«
drohte sie mir.
    »Ich hab doch
gar nichts gemacht. Big.«
    »Du stinkst«,
schrie sie. »Du hast’s wohl in einer Scheune getrieben! Hast
dich mit einer Sau im… Dreck gesuhlt!«
    Ich riß mir das
Hemd vom Leib und brüllte zurück: »Riech doch an mir, verdammt noch mal,
Biggie! Alles, was an mir stinkt, sind die Hände…«
    »Ach, nur die
Hände?« fragte sie mit schneidender Stimme. »In der Scheune«, fuhr sie

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