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Die wilde Jagd - Roman

Die wilde Jagd - Roman

Titel: Die wilde Jagd - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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gegenüber Fremden, die Geschenke brachten.
    »Es ist egal, solange es einer der Schüler ist, mit denen ich leicht fertig werde«, sagte er. »Er muss jung sein.« Ein Meister würde den Zauber erkennen, sobald er ihn spürte, aber jemand ohne große Erfahrung, der sich von einem solchen Stein verführen ließ, würde keine Ahnung haben, worum es sich in Wirklichkeit handelte, und dieses Unwissen würde es Savin erlauben, die Verteidigung des Wächters zu unterlaufen, was Alderan erst bemerken würde, wenn es bereits viel zu spät war.
    Tully nickte und stieg auf. »Ich gebe ein Signal, wenn es erledigt ist«, sagte er und zog ein Paar Handschuhe aus seinem Gürtel. Er stieß einen scharfen Pfiff aus. Ein verschlafener Soldat trat aus der Wärme der Wachstube und sperrte das Ausfalltor auf. Dann verschwanden Ross und Reiter in der kalten Nacht.
    Jetzt hat es begonnen .
    Savin stellte sich die Spielsteine auf dem Brett vor und machte in Gedanken den Eröffnungszug. Bald würde er seine Katzenpfote hinter der Verteidigungslinie haben, dem raffinierten Wächterzauber, mit dem Alderan Pencruik und die benachbarten Inseln schützte. Dann – er verschob einen weiteren Bauern – würde er die Kontrolle übernehmen. Mit ein wenig Hilfe von seinen Verbündeten aus dem Verborgenen Königreich würde das Kapitelhaus fallen.
    Und dann kam das Finale. Corlainns Schatz. Er befand sich im Kapitelhaus, dessen war sich Savin sicher. Die Ritter, die die suvaeonische Säuberung überlebt hatten, waren dorthin geflohen. Bestimmt hatten sie den Schatz mitgenommen oder wussten wenigstens, wo er sich befand. Alderan war ein Hort des Wissens und knauserte mit seinen Erkenntnissen wie ein Geizhals mit seinen Münzen. Er zählte sie und behielt sie für sich selbst, als ob sie einen eigenständigen Wert jenseits dessen besäßen, was man mit ihnen erreichen und bewirken konnte.
    Auf der anderen Seite des Burghofes legte der Wachsoldat wieder den Balken vor das Tor und schlurfte zum Wachhaus, wobei er sich in die Hände hauchte. Diese Bewegung erregte eine Sekunde lang Savins Aufmerksamkeit, bevor er sie als unwichtig abtat und sich wieder seinen Gedanken widmete.
    Im Kapitelhaus lag etwas verborgen. Ein Geizhals setzte keinen Wächterzauber ein, wenn das Schatzgewölbe leer war. Je kostbarer der Inhalt, desto stärker der Schutzzauber, desto feiner und komplizierter. Und dieser Zauber war sehr fein gewoben, denn er hatte Savin seit seinem fünfzehnten Lebensjahr erfolgreich daran gehindert, einen Fuß an den Ort seiner Geburt zu setzen. Savin erlaubte sich ein dünnes, bitteres Lächeln. Er gehörte zu Alderans besten Arbeiten.
    Und was war mit diesem anderen kostbaren Objekt, diesem Leahnerjungen? Er hatte sich dem Griff der Kirche entwunden und reiste mit dem Wächter nach Westen. Das konnte doch kein Zufall sein. Sollte er nach Alderans Willen zu einem neuen Fellbann werden? Sicherlich war seine Gabe so stark, dass deren Vergrößerung durch die Sternensaat ihn mächtig genug machen würde, um … zu einem Problem zu werden. Wenn Savin in Mesarild bloß mehr Zeit gehabt hätte, seine Gedanken zu ergründen! Am Ende hätte er die Wahrheit aus dem Kopf des Jungen herauspellen können wie ein gekochtes Ei aus der Schale, ob er es zugelassen hätte oder nicht.
    Doch sobald das Kapitelhaus gefallen war und die Wächter entweder tot oder in alle Himmelsrichtungen verstreut waren, blieb noch genug Zeit dafür. Sobald sich die Sternensaat in Savins Händen befand, war alles andere unwichtig.
    Savin betrachtete das Spielbrett in seinen Gedanken und sah, wie die Figuren zu einem Punkt strebten, den er als »Kapitelhaus« bezeichnet hatte. Belustigt stellte er sich Alderans Gesicht unter der Ebenholzkrone des Königs vor und das des Leahners auf der Figur des Springers, während sie ihre Züge ausführten. Er hatte schon immer das Geschick besessen, allen Veränderungen des Spiels zu folgen und das Ergebnis zehn oder gar zwanzig Züge im Voraus zu kennen. Es war mehr als die einfache Beherrschung der Regeln oder die Fähigkeit, gegen sich selbst zu spielen. Es ging darum, den Gegner zu verstehen und zu wissen, ob er die Sicherheit über alles stellte oder bereit war, für den möglichen langfristigen Erfolg kurzfristige Risiken einzugehen.
    Savins Lächeln wurde zu einem breiten Grinsen. Und es ging um das Wissen, was der Gegner niemals tun würde.
    Savin lachte leise.
    Er würde in drei Zügen siegen.

9
    Die Hunde verringerten den Abstand zu

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