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Die Wildnis

Die Wildnis

Titel: Die Wildnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Golden , Tim Lebbon
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dieser Disziplin, eine wichtige Beobachtung. Seht ihr nicht, wie gut organisiert sie sind? wollte er Reese anbrüllen.
    Doch da kam Reese schon auf ihn zu und schwang den schwarzen Knüppel wieder in einem großen Bogen. Jack duckte sich und schlug Reese in den Magen. Seine Faust tauchte in Bauchfett, aber der große Mann machte nur Uff! und taumelte atemlos zur Seite. Jack ließ nicht locker. Er schlug ihm an die Schläfe, doch Reese überraschte ihn, indem er ihn aus dem Weg klatschte. Jack stolperte und ging hart zu Boden.
    Er konnte hören, wie die Sklaventreiber Wetten über den Ausgang des Kampfes abschlossen. Sein Sturz hatte wohl die Chancen verändert.
    Jack stand auf und machte sich auf den nächsten Angriff gefasst. Doch wieder zögerte Reese. Von irgendwo unter seinem wilden Haarwuchs kam Blut hervor. Es lief ihm über die Wange und floss ihm in den genauso ungepflegten Bart. Er sah aus wie ein wilder Waldschrat aus dem Märchen, doch sein Blick zeugte von einer viel zahmeren Herkunft. Einen Moment lang fragte sich Jack, wo Reese wohl herkam und werdaheim auf ihn wartete. Dann kam der Hüne wieder auf ihn zu – vielleicht wurde ihm endlich klar, um was es hier ging –, und Jack trat beiseite.
    Der Kampf wurde gleichmäßiger und gewalttätiger. Reese hatte die Blicke der Zuschauer gesehen und wusste, dass er siegen musste, wenn er der Obermotz bleiben wollte, zu dem er sich erkoren hatte. Und Jack sah Merritts verlorenen, sehnsüchtigen Ausdruck und wusste, er musste seinen Kumpel retten. Die erste Kugel würde Jack gelten, ja, aber der Gedanke, dass Merritt sterben würde, weil Jack ihn nicht schützen konnte, war ihm unerträglich.
    Die Männer wurden immer wilder, wie ein Rudel Hunde – oder eine Meute Wölfe –, die darauf warteten, welcher der beiden Kämpfer siegen, und welcher sich dem anderen unterwerfen würde. Seine Mitgefangenen und ihre Sklaventreiber jubelten und höhnten gemeinsam. Doch dahinter stand noch etwas anderes. Ein großes gemeinsames Bewusstsein, ein Paukenschlag inmitten der zeitlosen Berge und Flüsse, als ob für die Dauer dieses Kampfes die Zeit stehengeblieben war, den Atem angehalten hatte. Plötzlich war Jack mehr als nur ein winziger Punkt in der Wildnis. Er war die Berge selbst, die tiefen Flüsse, die ihre glitzernden goldenen Schätze für diejenigen bereithielten, die den Mut hatten, danach zu suchen, und der Beobachter aus den Bergen gab ihm Kraft, eine Kraft, die aus der Angst herrührte.
    Denn der Beobachter war kein Wolf.
    Reese war stark, aber Jack war jung und schnell und hatte einen brutalen Instinkt, der dem anderen Mann fehlte – er hatte anderen schon mal weh getan, hatte sie bei Hafenschlägereien und Gassenkeilereien blutig in die Knie gezwungen. Eswar nichts, worauf er stolz war. Es war in seinem bisherigen Leben einfach eine Frage des Überlebens gewesen, und es würde ihm auch an diesem Abend helfen zu überleben.
    Das Wilde in ihm. Der Wolf. Sie traten hervor wie nie zuvor, und er dachte an die Meute, die ihn heulend umgab, und er wusste, dieser Kampf konnte nur einen Ausgang nehmen. Er schlug Reese, und als der große Mann umfiel, schlug Jack weiter auf ihn ein. Besiegt, die Hände flehentlich erhoben, doch Jack fiel weiter über ihn her, grub sich mit der Schnauze unter den stinkenden Bart des Mannes und umklammerte seinen Hals mit seinen Zähnen. Er knurrte.
    »Ja«, keuchte Reese.
    Wieder knurrte Jack und hörte die plötzliche Stille, die im Lager der Sklaventreiber herrschte.
    »Ja«, flüsterte Reese diesmal. »Ich gebe auf. Ich gebe auf.«
    Jack ließ von ihm ab, mit dem süßen Geschmack von Blut und Sieg auf der Zunge. Langsam stand er auf, und bevor Archie und drei andere sich mit Fäusten und Knüppeln über ihn hermachten, spürte er die beeindruckten, respektvollen Blicke der anderen Sklaven.

KAPITEL 8

DAS FESTMAHL
    Jack konnte nicht schlafen. Die Tracht Prügel, die er hatte einstecken müssen, war schlimm genug gewesen. Er war dankbar, dass scheinbar keine Knochen gebrochen waren. Er war geschwächt, dünner als er je gewesen war, und litt an angehendem Skorbut, da er spürte, wie locker seine Zähne schon waren. Also hätte er nach der Anstrengung dieses Tages eigentlich in den tiefsten Schlaf seines Lebens fallen müssen, nachdem er zwölf Stunden lang fast ohne Nahrung nach Gold geschürft hatte. Dann hatte er noch gegen Reese gekämpft und war schließlich von Archie und den anderen vermöbelt worden …
    Er konnte sich nicht

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