Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Wildnis

Die Wildnis

Titel: Die Wildnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Golden , Tim Lebbon
Vom Netzwerk:
fürstlich. Die Hütte bestand nur aus einem einzigen Raum, doch der war etwa zwölf Meter auf jeder Seite lang, seine Bohlen und Bretter strahlten wie frisch geschlagen und ihre Fugen waren so gerade und glatt wie von einem Meisterhandwerker verlegt.
    Der große offene Kamin war mittig in der einen Wand eingelassen, während an der Wand gegenüber ein schwerer, schwarzer Schwedenofen stand, mit einem Kaminrohr zur Decke. Hinten und vorne hatte die Hütte Türen und neben jeder – was Jack am meisten erstaunte, so weit entfernt von allem, was man Zivilisation nennen konnte – ein hohes Glasfenster, das aus vielen kleinen unregelmäßigen, mundgeblasenen Glasscheiben bestand. Durch diese beiden Fenster strömte das Sonnenlicht herein, und dahinter konnte man den Wald erkennen.
    Dicke Pelze bedeckten als Teppiche den Fußboden. Vorne am Fenster standen zwei Stühle, um das beste Licht zu bekommen, und neben der Tür war ein Regal voller Bücher. Beim Anblick dieser Bände, manche in altem Leder und manche mit goldglänzend geprägten Buchstaben, machte sein Herz einen Freudensprung.
    Der hintere Teil der Hütte war als Aufenthaltsraum vorgesehen. Neben Jack und dem Kamin stand ein Bett in der Ecke. Kopf- und Fußende waren aus einfachem, aber kunstvoll geschnitztem Holz, die Matratze mit einer geblümten französischenTagesdecke bedeckt. In der Ecke, gegenüber vom Bett am Schwedenofen, stand ein kleiner runder Tisch mit weißer Spitzentischdecke und zwei Stühlen eng daneben. Das sollte in dieser Hütte wohl das Esszimmer sein. In einem Küchenschrank standen Teller, Schüsseln und Gläser.
    Der Tisch war für eine Person gedeckt, und Essensgeruch hing in der Luft, was ihm zuvor kaum aufgefallen war. Doch jetzt beim Anblick der weißen Suppenschale auf dem Tisch, Messer, Gabel und Löffel so ordentlich neben dem Teller gedeckt, brüllte sein Magen vor Hunger. Ein Krampf traf seinen Magen wie ein Faustschlag. Einen Moment lang saß er auf dem Fußboden und hielt sich einfach nur den Bauch. Als der Krampf vorbei war, rappelte sich Jack auf, denn nun war ihm das vielleicht Merkwürdigste an diesem seltsamen Ort aufgefallen.
    Der Topf auf dem Herd.
    Er war mehr zum Rand geschoben worden, damit er warm blieb, aber nicht weiter kochte. Jack fühlte sich ein wenig wie im Märchen von Goldlöckchen und den drei Bären, die es sich in einem verlassenen Haus gemütlich gemacht hatten. Mit den Warnungen dieser Geschichte im Sinn, spazierte er vorsichtig durch den Raum. Bei jedem Schritt fielen ihm Dinge auf, für die er zuvor zu überwältigt gewesen war, um sie zu bemerken. Seine Stiefel standen neben dem Ofen. Seine Füße schmerzten und seine Socken waren dünn und abgetragen, aber jemand hatte die Stiefel zum Trocknen hingestellt. Seine Jacke hing an der Tür, als hätte er sich hier häuslich niedergelassen.
    Doch die Aussicht auf eine warme Mahlzeit verdrängte alle anderen Gedanken. Er sah den Topf an und holte einmal tief Luft, dann nahm er den Deckel ab und wurde fast überwältigtvon den Düften, die ihn vor Hunger fast schwindelig werden ließen. Irgendjemand – das Mädchen? War das ihre Hütte? Wie hatte sie ihn hierhergebracht? – hatte Eintopf gekocht. Es roch so lecker und herzhaft nach Fleisch, dass ihm das Wasser im Mund zusammenlief. Ein Holzlöffel lag auf dem Ofen, er hob ihn auf und rührte damit um, Karotten, Kartoffeln und Kohl, und dazu dunkle Fleischstücke, vermutlich Kaninchen.
    Jack überlege nicht lange, ob es wohl klug wäre, das Essen eines Unbekannten zu nehmen. Der Hunger besiegte jedes Zögern. Für wen sonst sollte dieser Topf schließlich hier stehen, für wen der Tisch gedeckt sein, wenn nicht für ihn? Misstrauen schien ihm auch fehl am Platz. Wenn sie ihn vergiften wollte, hätte sie sich kaum die Mühe gemacht, ihn vor dem Wendigo zu retten und hierherzubringen.
    Er runzelte die Stirn. War das alles wirklich passiert, was da geschehen war? Sie hatte sich und ihn unter den Pelzen versteckt, ja, aber hatte der Wendigo sie wirklich einfach übersehen? Es schien unvorstellbar. Das Ungeheuer hätte sie sehen oder zumindest riechen müssen. Dennoch war er ihnen gegenüber völlig blind gewesen.
    Die Vorstellung, das Mädchen könnte dafür verantwortlich sein, nistete sich tief in seinem Gehirn ein. Es musste irgendein Trick daran sein, vielleicht irgendein Duftstoff in den Fellen, der ihre Fährte überdeckt hatte. Welche Erklärung gab es sonst?
    Diese Gedanken kamen ihm in der kurzen

Weitere Kostenlose Bücher