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Die Wildnis

Die Wildnis

Titel: Die Wildnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Golden , Tim Lebbon
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als Lesya ihn das erste Mal geküsst hatte. Er spürte, wie intensiv es sich auf ihn konzentrierte – mit welcher Bedrohung –, und seine Nackenhaare sträubten sich. Es war ihm völlig klar, dass er hier nicht erwünscht war.
    Er starrte in die dunkeln Schatten, suchte zwischen den Bäumen nach dem Ursprung dieser Bedrohung, doch nichts war zu sehen. Frustriert wandte er sich nach Norden, bis der Wald lichter wurde, lief immer schneller und klopfte dabei mit dem Buch gegen seinen Oberschenkel. Er konnte immer noch diese Aufmerksamkeit spüren, die Wucht der Verärgerung, doch er wollte sich nicht von etwas verschrecken lassen, das er nicht sehen konnte.
    Er ging Richtung Osten. Nach einer Weile versperrten dichte Bäume ihm wieder den Weg. Er nickte, zusehends genervter, trat einen Schritt zurück und besah sich die Wurzeln der dicht verzweigten Bäume. Die Wurzeln wuchsen übereinander wie Ranken oder die Finger händchenhaltender Liebender.
    »Also gut, wenn ihr das nicht anders wollt …«
    Er lief rückwärts in einen Baum, und die Spitze eines abgebrochenen Astes stach ihm ins Kreuz. Jack fuhr herum und sah, dass der Wald hinter ihm auch dichter geworden war. Es war eigentlich unmöglich, aber dort standen jetzt Bäume, die gerade noch nicht da gewesen waren. Dicke Äste versperrten ihm den Weg.
    Jetzt nistete sich doch etwas Furcht bei ihm ein.
    Er drehte sich mehrmals im Kreis, schützte sein Gesicht, duckte den Kopf, wand sich durch eine Lücke und schob sich zwischen zwei Bäume. Die Äste schienen sich zu verhaken, doch er preschte vorwärts, schlug Haken nach links und rechts und hörte Zweige knacken. Ein Ast schoss vor, schnitt ihm in die Stirn, bis Blut kam. Äste pieksten ihm in die Seite und schnalzten gegen seine Schienbeine, doch Jack kämpfte sich verbissen weiter. Durch die Bäume erspähte er den Teil des Waldes, den er hinter sich gelassen hatte, ein ganz normaler Wald, in dem die Sonne durch Äste schien und genug Platz zwischen den Bäumen war.
    Doch die Bäume um ihn wurden immer dichter, ihre Äste dicker und kräftiger, bis er schließlich stehen bleiben musste. Ohne Axt oder Säge gab es kein Durchkommen.
    »Was soll das?«, rief er, als würde er erwarten, dass der Wald ihm Antwort gäbe. Doch als Antwort hörte er nur das Rascheln der Blätter und das Zwitschern der Vögel.
    Er wollte sich umdrehen, doch er fühlte eine Astknolle gegen seinen Rücken drücken. Sein Herz begann zu rasen. Er wand sich und kratzte sich mit jedem Zentimeter weiter auf, bis er feststellen musste, dass der Wald ihn gefangen hielt. Die Bäume standen so eng um ihn, dass sie einen Käfig bildeten, der ihm mit dicken Ästen den Weg versperrte und so eng gegenseine Arme und Beine, seine Rippen und seinen Rücken drückte, dass es kein Entkommen für ihn gab.
    Jack legte den Kopf in den Nacken und sah die Sonne durch das dunkle Blattwerk schimmern. Er erkannte, dass es doch noch einen Fluchtweg für ihn gab. Wenn er sehen wollte, in welcher Richtung die Hütte lag – oder auch, wovon die Bäume ihn abhalten wollten –, musste er klettern.
    Entschlossen schaffte er es, das rechte Bein zu heben und auf einen niedrigen Ast zu setzen. Ohne klare Sicht auf die Sonne, obwohl es Mittag war, hatte er nun jegliche Orientierung verloren. Ein Blick von ganz oben würde ihm weiterhelfen. Und wenn der Waldgott – denn er hatte keinen Zweifel, dass er es mit irgendeinem übernatürlichen Wesen zu tun hatte – ihn nicht weiter den Wald erkunden ließ, würde er sich so einen Überblick verschaffen.
    Er packte einen dicken Ast und zog sich daran hoch. Die Äste wankten und wackelten, doch Jack kletterte weiter, bahnte sich einen Weg nach oben.
    Er spürte das Blut auf seiner Haut, das aus einem dutzend kleiner Schnitte trat. Angst machte sich in seinem Magen breit, doch er ignorierte sie. Auch auf dem Chilkoot-Trail und den White-Horse-Stromschnellen hatte er Angst gehabt, doch davon hatte er sich nicht aufhalten lassen. Nur vor dem Wendigo war er davongelaufen, aber alles andere wäre da ja auch reiner Selbstmord gewesen.
    »Los, zeig mir, was du draufhast«, zischte Jack, während er kletterte.
    Der Ast unter seinem linken Fuß brach, und er stürzte durch knackende Äste, die ihn im Fallen stachen. Er knallte mit einer Wucht zu Boden, die ihm die Luft aus der Lunge schlug. SeineBrust brannte wie Feuer, und er lag eine ganze Weile auf den knorrigen Wurzeln, bis er wieder Luft bekam.
    »Du Drecksack«, keuchte er, als er

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