Die Wildrose
Familienverbindungen hier und weil ich mich öffentlich kritisch über den Kaiser geäußert hatte, wurde ich überall freundlich empfangen.«
»Sie waren über jeden Verdacht erhaben und konnten so leicht einen Spionagering aufbauen, was genau den Absichten Berlins entsprach«, warf Albie ein.
»Ja, das stimmt. Sobald ich nach London kam, begann ich damit. Ich musste Berlin mit Informationen füttern. Mit wichtigen Informationen. Ständig. Wenn ich das nicht getan hätte, wäre ich selbst unter Verdacht geraten – daher die Dokumente in den Umschlägen, die Gladys und Jennie übermittelten. Aber ich lieferte London weitaus mehr als Berlin. Niemand wusste über mich Bescheid außer Asquith. Weder Sie. Noch Burgess. Nicht einmal Churchill. Das durften sie nicht, weil es viel zu gefährlich gewesen wäre. Asquith spielte seine Rolle ganz ausgezeichnet, muss ich sagen. Er lud mich sogar zusammen mit anderen deutschen Agenten, die in ständigem Austausch mit Berlin standen – wie er wusste –, auf seinen Landsitz ein, damit diese zurückmeldeten, dass ich meine Arbeit erledigte. Erst vor zwei Tagen bestätigte mir Asquith persönlich, dass es mir zu verdanken gewesen sei, dass die Alliierten den Krieg gewonnen hätten. Obwohl ich die Ehre vermutlich mit der Spanischen Grippe teilen muss. Sie hat mehr deutsche und österreichische als alliierte Soldaten hinweggerafft.«
»Wegen Ihrer Londoner Machenschaften sind Menschen zu Tode gekommen«, sagte Seamie verärgert.
Max’ Blick wurde hart. »Ja, das stimmt«, gab er zu. »Sobald ich hier war, musste ich für die anderen deutschen Spione unbedingt glaubwürdig erscheinen. Das bedeutete grausame, sogar brutale Taten. Ich bedauere den Tod von Maud Selwyn-Jones. Auch den von Gladys Bigelow. Und ich bedauere alles Leid, das ich Jennie Finnegan zugefügt habe. Aber das war der Preis für meine Arbeit, ein sehr hoher Preis, zugegeben.«
»Jennie Finnegan war meine Frau. Meine Frau «, schrie Seamie. »Es ging Sie nichts an … Sie hatten kein Recht …«
»Ja, sie war Ihre Frau. Und all die deutschen Seeleute, die Sie auf den Grund des Mittelmeers geschickt haben, Captain Finnegan, was waren die? Ich werde es Ihnen sagen. Jeder von ihnen war der Sohn einer Mutter. Und vermutlich der Ehemann einer Frau oder Vater eines Kindes. Jennie hat gelitten, ja. Maud und Gladys sind tot – durch meine Hand. Aber wie viele mehr wurden durch mich gerettet? Wie viele wurden verschont, weil ich oder andere meinesgleichen geholfen haben, den Krieg zu verkürzen? Hunderttausende? Millionen? Opfern wir viele für einen? Oder einen für viele? Das ist eine Frage, die ich nicht beantworten kann, Captain Finnegan, und die mich immer verfolgen wird.«
In der Ferne tauchten plötzlich zwischen den Bäumen Lichter auf.
»Der Constable zweifellos. Mit Mr Walker und James. Wie es aussieht, sind sie noch ein ganzes Stück entfernt, aber trotzdem, ich muss jetzt gehen«, sagte Max. »Wenn sie hier ankommen, sagen Sie ihnen bitte, dass Madden und sein Komplize ins Cottage einbrechen und es ausrauben wollten. Sie, Captain Finnegan, hätten sie mit einer Pistole erschossen, die Sie im Haus hatten.« Er zog Maddens Waffe aus dem Gürtel und reichte sie Seamie. »Jetzt haben Sie die Gelegenheit, Captain Finnegan«, fügte er ruhig hinzu. »Ergreifen Sie sie, wenn Sie meinen, es zu müssen.«
Seamie schüttelte den Kopf. »Der Krieg ist vorbei.«
»Leben Sie wohl, Captain Finnegan«, erwiderte Max. Er streckte die Hand aus, aber Seamie ignorierte sie.
»Leben Sie wohl, Mr von Brandt. Danke, dass Sie meinen Sohn gerettet haben.« Dann wandte Seamie sich ab und ging zum Cottage zurück. Albie folgte ihm.
Willa, die immer noch zu fassungslos und zu erschöpft war, um sich zu bewegen, blieb zurück.
»Tut mir sehr leid, dass ich dich vorhin geschlagen habe. Im Cottage«, sagte Max. »Vergib mir, ich hatte keine andere Wahl. Ich musste dich zum Schweigen bringen. Wenn du noch mehr ausgeplaudert hättest, was dein Bruder und deine Tante wissen, hättest du Billy Angst eingejagt, und er hätte dich und Captain Finnegan vielleicht auf der Stelle getötet.«
»Ach, kein Sorge Max«, entgegnete Willa bitter. »Ich trag dir nichts nach. Weder das hier noch alles andere.«
Max blickte zu Boden. »Was hast du jetzt vor?«, fragte er.
»Ich weiß nicht. Endlich diese Klamotten ausziehen. Schlafen. Dann gehe ich wahrscheinlich nach Paris zurück«, antwortete sie matt.
»Warum? Damit du den Job zu Ende
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