Die Wildrose
ich ein bisschen später von meiner Strickgruppe heimkomme.«
Max lächelte. »Das ist schön. Ich freue mich, dass Sie es sich anders überlegt haben. Auf ein Getränk also. Das ist das Mindeste, was ich für Sie tun kann, nachdem ich Sie beinahe umgerannt hätte. Ich heiße übrigens Peter. Peter Stiles«, sagte er und bot ihr seinen Arm an.
Die Brille der jungen Frau war über die Nase gerutscht. Sie schob sie zurück und lächelte ihn scheu an.
»Ich habe Ihren Namen nicht verstanden«, fügte er hinzu.
»Ach! Ja, richtig. Wie dumm von mir«, erwiderte sie mit einem nervösen Lachen. »Ich heiße Gladys. Gladys Bigelow. Freut mich, Sie kennenzulernen.«
10
W o soll der Ofen hin, Chef? Da rein? Sind Sie sich sicher? Das ist doch eine Kirche«, sagte Robbie Barlow, der Lieferant.
»Eine sehr kalte Kirche«, erwiderte Seamie.
»Ist die Tür offen? Das Ding ist verdammt schwer, wissen Sie. Sobald wir ihn vom Wagen runter haben, wollen wir ihn in einem Rutsch reintragen.«
Seamie nickte. »Die ist immer offen. Der Reverend will es so.« Er sprang vom Wagen, lief die Kirchenstufen hinauf, machte die Tür auf und rief: »Hallo? Jemand da? Reverend Wilcott? Jennie?«
Als niemand antwortete, ging er hinein und versuchte es noch einmal.
»Hallo? Jemand da?«
Er hörte Schritte, und dann trat eine sehr hübsche junge Dame in elfenbeinfarbener Bluse und beigefarbenem Rock aus einem Raum an der Seite des Kirchenvorraums.
»Seamie Finnegan? Sind Sie das?«, fragte sie.
»Jennie! Sie sind da?«
»Ja, natürlich. Ich bin gerade mit den Kindern fertig und habe aufgeräumt.«
»Ich habe gehofft, dass Sie da sind.«
Mit Hoffnung hatte dies wenig zu tun. Es war Samstag, Jennie unterrichtete an diesem Tag, also hatte er gewusst, dass sie da sein würde.
Im gleichen Moment ging die Kirchentür ein zweites Mal auf. »Entschuldigen Sie, Miss, aber wo soll der Ofen denn nun hin?«, fragte Robbie, der ihn gerade mit einem anderen Mann hereinschleppte und unter dem schweren Gewicht ächzte.
»Welcher Ofen?«, fragte Jennie.
»Ich habe Ihnen einen neuen Ofen gekauft«, erklärte Seamie. »Als Ersatz für den alten. Sie haben doch gesagt, er funktioniert nicht mehr. Und die Kinder haben neulich so verfroren ausgesehen.«
»Ich kann nicht glauben, dass Sie das getan haben«, erwiderte Jennie.
»Ach, nicht der Rede wert. Ich wollte bloß helfen.«
Das stimmte. Zum größten Teil. Denn tatsächlich wollte er sie wiedersehen. Ganz dringend sogar. Seit er sich in der letzten Woche von ihr verabschiedet hatte, war sie ihm nicht mehr aus dem Kopf gegangen. Eigentlich hatte er gar nicht an sie denken wollen. Weder an die Farbe ihrer Augen noch an den Klang ihres Lachens, aber er konnte nicht anders. Es war schon ein bisschen verrückt, mit einem Lieferwagen samt einem Ofen hier aufzukreuzen, aber das war ihm egal. Hauptsache, er hatte einen Grund, sie wiederzusehen.
»Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Danke. Vielen Dank.« Jennie war sichtlich gerührt von seinem Geschenk.
»He, Miss!«, keuchte Robbie. »Heben Sie sich das Dankeschön für später auf. Wo zum Teufel soll das Ding denn hin?«
»Tut mir leid!«, erwiderte Jennie. »Hier entlang, bitte.«
Sie drehte sich um und führte die Männer in die kleine Sakristei, die als Klassenzimmer diente. Mit einem lauten Knall stellten sie den Ofen ab und rangen dann, die Hände auf die Knie gestützt, nach Luft.
»Ist der alte Ofen noch heiß?«, fragte Robbie, als er wieder zu Atem gekommen war.
»Nein. Wir konnten ihn heute gar nicht benutzen. Ich habe ihn nicht in Gang gekriegt. Ich glaube, das Abzugsrohr ist kaputt.«
»Sollen wir ihn mitnehmen?«
Seamie bejahte dies, und die beiden Männer zogen das Ofenrohr ab und trugen den alten Ofen zu ihrem Wagen.
»Ich … ich weiß nicht, was ich sagen soll«, meinte Jennie, nachdem sie fort waren. »Es ist wirklich zu gütig von Ihnen.«
Seamie machte eine wegwerfende Handbewegung, zog seine Jacke aus und krempelte die Ärmel hoch. Er öffnete den Werkzeugkoffer, den er aus Joes Haus mitgebracht hatte, und machte sich daran, den neuen Ofen anzuschließen. An Bord der Discovery hatte er so oft an Primus-Öfen herumgebastelt, dass er hoffte, hier keine Probleme zu haben. Eine halbe Stunde später war es geschafft.
»Fertig!«, sagte er und kroch hinter dem Ofen hervor. »Jetzt werden Sie’s hier drinnen so warm haben wie in einer Backstube.«
Jennie sah ihn und brach in Lachen aus.
»Was ist?«, fragte er und
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