Die Wildrose
das?«, fragte Josie.
»Du kannst nach Binsey gehen.«
»Wo zum Teufel ist das?«
»In Oxfordshire. Nicht zu weit weg, aber weit genug. Ich habe ein Cottage dort. Es hat meiner Mutter gehört. Ich fahre kaum mehr hin. Aber du könntest dort so lange wie nötig bleiben. Es ist nicht weit vom Dorf entfernt. Du kannst dort alles besorgen, was du brauchst, das Baby bekommen und, wenn du wieder bei Kräften bist, nach Paris gehen. Ich könnte dir etwas Geld für die Schiffspassage geben.«
»Wirklich? Ich zahl es Ihnen zurück. Jeden verdammten Penny. Das schwör ich.«
»Das weiß ich, Josie. Deshalb mach ich mir keine Sorgen. Aber wie ich dich hinbringen soll. Und zwar schnell. Lass mich mal überlegen.« Sie sah auf die Uhr. »Hm. Es ist ja noch früh. Noch nicht mal zehn.« Sie biss sich auf die Lippe. »Wir könnten es schaffen, glaube ich. Eigentlich bin ich mir ganz sicher, dass wir es schaffen könnten.«
»Was?«
»Nach Binsey fahren.«
»Heute noch?«
»Ja, gleich. Du musst dich schnell umziehen. Ich packe inzwischen ein paar Sachen für dich ein. Wenn wir um elf in Paddington sind und um zwölf den Zug erwischen, könnten wir spätestens um zwei beim Cottage sein. Es ist nicht weit vom Bahnhof. Ich könnte dir dort alles zeigen und dann gleich wieder zurückfahren.« Sie schwieg einen Moment und dachte dann wieder laut nach. »Mein Vater würde zwar vor mir heimkommen und sich wundern, wo ich bin. Ich muss ihm eine Nachricht schreiben, dass ich für die Hochzeit noch was erledigen muss. Auf dem Heimweg besorg ich mir dann schnell ein paar Tischkarten. Schau im Blumenladen vorbei. Dann ist es nicht ganz gelogen.«
»Was für eine Hochzeit? Wer heiratet denn?«
»Oh … ähm … ich«, antwortete Jennie.
»Das sind ja tolle Neuigkeiten! Wann denn?«
»Am Sonntag«, sagte Jennie, in der Hoffnung, das Thema wäre damit beendet. Was nicht zutraf.
»Diesen Sonntag«, wiederholte Josie. Und lächelte verschmitzt. »Das ist ja ziemlich plötzlich. Ich hab noch nicht mal gewusst, dass Sie verlobt sind.«
Jennie wurde rot. »Ja, nun, das stimmt, aber …«, stammelte sie, weil ihr keine passende Lüge einfiel.
Josie sah sie eindringlich an. »O Jennie, Sie haben doch nicht etwa? Sie doch nicht!«
»Na ja … ähm … doch. Ich fürchte schon.«
Josie brach in kreischendes Gelächter aus. »Sitzen hier, als könnten Sie kein Wässerchen trüben, dabei haben Sie auch einen Braten in der Röhre. Genau wie ich.«
»Josie, wir sollten uns lieber beeilen, wenn wir den Zug erwischen wollen.«
Aber Josie hörte nicht auf sie.
»Ist er nett?«, fragte sie.
»Sehr nett.«
»Hübsch? Stark?«
»Ja, beides.«
»Küsst er gut?«
»Josie Meadows«, sagte Jennie tadelnd. Dann lachte sie. »Ja, das tut er.«
»Gut. Ich bin froh, dass er nett ist. Sie verdienen einen netten Mann, Miss. Es ist schön, wenn sie nett sind. Im Bett, mein ich. Wenn sie gewaschen und rasiert sind und Blumen und Champagner mitgebracht haben. Wenn sie nette Dinge sagen und sich Zeit lassen. Mein Gott, ich hab gern einen Mann im Bett. Macht mich manchmal halb verrückt, die Lust nach ihnen.« Flüsternd fügte sie hinzu: »Geht’s Ihnen auch so?«
Jennie wollte dies gerade verneinen, ihr sagen, sie solle sich beeilen, weil sie den Zug erreichen müssten. Aber dann fiel ihr der Nachmittag am Cam-Fluss ein. Wie es sich angefühlt hatte, in Seamies Armen zu liegen. Wie sehr sie ihn liebte und wie diese Liebe sie Dinge tun und erhoffen ließ, die sie nie für möglich gehalten hätte.
Also verneinte sie Josies Frage nicht, sondern lächelte sie an und sagte mit einem wehmütigen Unterton in der Stimme: »Ja, Josie. So geht’s mir auch.«
22
W ir haben nicht genügend Champagner. Er wird uns ausgehen. Ganz sicher. Ich hätte mehr bestellen sollen«, flüsterte Fiona besorgt.
»Bist du verrückt?«, antwortete Joe ebenfalls flüsternd. »Es ist genügend Champagner im Haus, um ganz London zu ertränken.«
»Und die Eiscreme, Joe. Ich hätte vier verschiedene Sorten bestellen sollen. Nicht drei. Vier. Wie dumm von mir!«
Joe nahm ihre Hand. »Hör jetzt auf. Es ist genug von allem da. Das Essen wird wunderbar. Das Haus ist schön. Der Tag ist schön.« Er küsste sie auf die Wange. »Und vor allem du bist wunderschön.«
Fiona erwiderte seinen Kuss. Dann runzelte sie erneut die Stirn. »Du glaubst doch, dass er auftaucht?«, fragte sie. »Er wird doch nicht in letzter Minute kneifen?«
Joe lachte. »Ich hab ihn gerade
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