Die Wölfe vom Rock Creek - Alaska Wilderness ; 2
verheiratet.«
»Du kommst mir auch langsam so vor.«
»Ich will nur einen guten Eindruck machen, Josh. Sobald das halbe Jahr rum ist und ich die Dauerstelle habe, läuft es besser. Aber die Beurteilung ist wichtig und ich kann alles brauchen, nur kein Gefühlschaos.« Sie lächelte versöhnlich. »Wir können uns ja an meinem nächsten freien Tag in Fairbanks treffen und zum Italiener gehen. Ich kann schließlich nicht dauernd Cheeseburger essen. Natürlich nur, wenn du keine Schicht hast.«
»Das kann ich einrichten. Und wann ist dein nächster freier Tag?«
»In zwei Wochen. Am Samstag muss ich zu einer Veranstaltung.«
»Zu ›Save the Wolves‹ in Fairbanks? Da müssen wir auch hin … die Halle sichern.«
»Na, das kann ja heiter werden.« Sie sah, dass Trooper Corwin von der Toilette wiederkam und zog rasch ihre Hand zurück. »Alles okay, Josh«, flüsterte sie, um Josh noch mal zu beruhigen.
»Mach dir keine Sorgen. Alles nur ein dummes Missverständnis.«
»Ich weiß, Julie. Ich weiß … «
11
Den Nachmittag verbrachte Julie im Murie Center. Während Carol sich um die Huskys kümmerte, schrieb sie an ihrem Artikel und merkte schon bald, dass es gar nicht so einfach war, viele Informationen in einen unterhaltsamen Rahmen zu packen. Entweder überfrachtete sie den Artikel mit Infos oder sie wurde zu locker. Es fiel ihr schwer, einen sachlichen und doch lesbaren Stil zu finden. Sie würde wohl noch einige Tage für den Text brauchen.
John kehrte nach der Mittagspause nicht mehr zurück, traf einen befreundeten Biologen, wie sie von dem Rangerkollegen in der Bibliothek hörte. Sie war erleichtert, ihm nicht gleich wieder unter die Augen treten zu müssen. Er hatte wohl kapiert, dass sie sich im Augenblick nicht auf eine Beziehung einlassen wollte, und hielt sich von ihr fern. Weder schickte er eine Mail noch rief er sie an. Auch Josh verhielt sich still, hatte wahrscheinlich genauso wenig Zeit wie sie. Sie war froh, dass er sich endlich um seine Karriere kümmerte und sich an der Law Enforcement Academy anmelden wollte. Und noch besser fand sie die Idee, in seinem Praktikum mit einem State Trooper Streife zu fahren. Trooper Corwin hatte recht, in der Praxis lernte man am besten.
Natürlich hatte sie in dem Hamburger-Lokal ein bisschen geschwindelt. Ihre Gefühle für John waren keineswegs nur kollegial. Immer wenn sie ihn sah, spürte sie ein seltsames Kribbeln im Magen und musste ihren ganzen Willen aufbringen, um nicht schwach zu werden. Er gehörte zu den Männern, die eine Frau mit einem bloßen Lächeln verzaubern konnten. An einem anderen Ort, viele Meilen vom Denali National Park und Josh Alexander entfernt, wäre sie ihm blind gefolgt, hätte sie sich seufzend in seine Arme geschmiegt und von ihm verführen lassen. Was danach gekommen wäre, wusste sie nicht. Er war nicht der Typ, den man heiratete und mit dem man Kinder bekam.
Josh war anders, etwas jünger und sprunghafter und von dem Wunsch getrieben, sich stets im besten Licht zu zeigen. Er wollte immer der Größte und Beste sein und benahm sich manchmal wie ein nervöser Teenager. Gerade deswegen kam seine Entscheidung, sich auf seinen Beruf zu besinnen, so überraschend und plötzlich. Seit sie einander zum ersten Mal begegnet waren, schien er sich verändert zu haben, war erwachsener und reifer geworden. Er war jetzt ein Mann, der Verantwortung übernahm. Immer noch eitel und eifersüchtig und manchmal auch ein wenig verrückt, aber auch jemand, in den sie sich vielleicht verlieben konnte. Doch wenn er sie heute gefragt hätte, ob sie für immer bei ihm bleiben wollte, hätte sie wahrscheinlich gezögert und geantwortet: »Ich brauche noch etwas Zeit, Josh.« Noch so ein Satz, wie er in jedem zweiten Liebesfilm vorkam, aber eben auch sehr wahr.
Froh darüber, etwas Abstand von John und Josh gewonnen zu haben, fuhr sie nach Dienstschluss zum Krankenhaus in Healy. Sie hatte versprochen, den alten Harry Dunn zu besuchen, und war schon einen Tag zu spät dran. Während der Mittagspause hatte sie eine Tafel Schokolade für ihn gekauft, in der sicheren Annahme, dass er für Blumen wenig übrig hatte. Und damit lag sie wohl richtig, denn als sie sein Krankenzimmer betrat und ihm die Schokolade gab, lächelte er zumindest für einen Augenblick. »Tut mir leid, dass ich erst heute komme, aber gestern war bei uns einiges los. Ein Wolf wurde erschossen.«
Harry Dunn wollte sich aufsetzen, sank aber gleich wieder in sein Kissen zurück. Er
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