Die Wohlgesinnten
Treibhausblumen trugen, wie er dem Reichsführer einen deutschen Gruß entbot, der die Nähte seiner Uniform fast zum Platzen brachte, und ein paar lebhafte Worte mit ihm wechselte, bevor sie in einer riesigen Limousine verschwanden. Uns wurden Zimmer in einem Hotel am Fuß des Wawel angewiesen; ich badete, rasierte mich sorgfältig und gab eine meiner Uniformen in die Wäscherei. Dann schlenderte ich bei Sonnenschein durch die schönen alten Straßen Krakaus zur Dienststelle des HSSPF, von wo aus ich ein Fernschreiben nach Berlin schickte, um mich nach dem neuesten Stand meines Projektes zu erkundigen. Später nahm ich als Mitglied der Delegation des Reichsführers am offiziellen Mittagessen teil; meine Tischgenossen waren mehrere SS- und Wehrmachtsoffiziere sowie einige kleinere Beamte des Generalgouvernements; am Ehrentisch saß Bierkamp neben dem Reichsführer und dem Generalgouverneur, doch ich hatte keine Gelegenheit, ihn zu begrüßen. Das Gespräch drehte sich vor allem um Lublin, Franks Leute bestätigten uns die im GG kolportierten Gerüchte, nach denen Globocnik wegen seiner gigantischen Unterschlagungen geschasst worden sei: Einer Version zufolge hatte der Reichsführer ihn sogar verhaften und vor Gericht stellen wollen, um ein Exempel zu statuieren, doch Globocnik hatte wohlweislich eine große Zahl kompromittierenderDokumente gesammelt, mit deren Hilfe er sich nun einen fast ehrenhaften Abgang an die heimischen Gestade verschafft hatte. Nach dem Schlemmen kamen die Reden; die wartete ich aber nicht ab, sondern kehrte in die Stadt zurück, um Brandt Bericht zu erstatten, der sich beim HSSPF eingerichtet hatte. Aber es gab nicht viel zu berichten: Abgesehen vom D III, das sofort Ja gesagt hatte, erwarteten wir noch immer die Stellungnahmen der anderen Ämter und des RSHA. Brandt beauftragte mich, die Dinge gleich nach meiner Rückkehr zu beschleunigen; die Planung sollte Mitte des Monats abgeschlossen sein.
Beim abendlichen Empfang hatte Frank an nichts gespart. Schräg über den großen Hof des Wawel stand eine Ehrenwache mit blitzender Fangschnur und blankem Degen Spalier; auf der Treppe alle drei Stufen weitere Soldaten mit präsentiertem Gewehr; am Eingang des Ballsaals begrüßte Frank selbst, in Uniform und von seiner Frau flankiert, einer Matrone, deren weißes Fleisch aus einem monströsen grünen Samtgewand quoll, die geladenen Gäste. Der Wawel erglänzte in seiner ganzen Lichterpracht: Von der Stadt aus sah man ihn hoch oben auf seinem Felsen strahlen; elektrische Lichterketten schmückten die hohen Säulenreihen rund um den Hof, hinter dem Ehrenspalier standen Soldaten mit Fackeln in den Händen; trat man aus dem Ballsaal heraus, um sich auf den Loggien zu ergehen, schien der Hof in flammende Kreise gefasst zu sein, ein Lichterbrunnen, auf dessen Grund die parallel aufgereihten Fackeln leise fauchten; auf der anderen Seite des Schlosses, von dem riesigen Balkon aus, der an seiner Seite hing, erstreckte sich, zu Füßen der Gäste, die Stadt, schwarz und schweigend. Auf einem Podium hinten im Hauptsaal spielte ein Orchester Wiener Walzer; die Männer, die im GG Dienst taten, hatten ihre Frauen mitgebracht, einige Paare tanzten, die anderen tranken, lachten, suchten sich auf den überladenen Tischen Horsd’œuvres heraus oderstudierten, wie ich, die Menge. Von einigen Kameraden der Delegation des Reichsführers abgesehen, kannte ich kaum jemanden. Ich betrachtete die Kassettendecke aus Edelhölzern in allen Farben, in jeder Kassette das bemalte Relief eines Kopfes, bärtige Soldaten, Bürger mit Hüten, federgeschmückte Höflinge, kokette Frauen, und alle starrten sie unbewegt auf uns, diese sonderbaren Eindringlinge, herab. Jenseits der Haupttreppe hatte Frank weitere Säle öffnen lassen, jeder mit einem Buffet, Sesseln, Sofas für Gäste, die Atem schöpfen wollten oder Ruhe suchten. Große schöne Teppiche unterbrachen die harmonischen schwarzweißen Fluchten der rautenförmigen Fliesen und dämpften die Schritte, die ansonsten auf dem Marmor widerhallten. Zwei behelmte Wachsoldaten mit blankem Degen, den sie wie die englische Gardekavallerie vor der Nase aufgereckt hielten, standen an beiden Seiten jeder Tür, die von einem Saal in den anderen führte. Mit einem Glas Wein in der Hand irrte ich in den Räumen umher und bewunderte die Friese, die Decken, die Gemälde; leider hatten die Polen Anfang des Krieges die berühmten flämischen Gobelins von Sigismund August weggeschafft: es hieß,
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