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Die Wolfsjägerin: Roman (German Edition)

Die Wolfsjägerin: Roman (German Edition)

Titel: Die Wolfsjägerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarwat Chadda
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nicht wie Menschen aus, eher wie missgestaltete Wachsfiguren, gescheiterte, aufgegebene Versuche, die menschliche Gestalt abzubilden. Dann sah Billi die Bisse. An den Armen. An den Schenkeln und Hälsen. Ganz Stücke waren dort herausgebissen, wo die Ghule in Raserei geraten waren und das Fleisch zerfetzt hatten.
    »Keine Fingerabdrücke, keine Gesichtszüge. Keine Möglichkeit herauszufinden, wer sie waren«, sagte die Frau. »Jeden Monat liefert Koschtschei den Vampiren einen frischen Container. Sie bezahlen ihn gut, und er hält sie fett und von den Straßen fern. Ein paar beschließen, dass sie lieber jagen als bezahlen wollen. Die merzt Koschtschei dann aus.«
    »Koschtschei hat das hier arrangiert?«, fragte Billi. Sogar für seine Verhältnisse wirkte das mehr als unmenschlich.
    »Ja. Deshalb jagen die Vampire nicht mehr auf den Straßen. Sie haben es nicht mehr nötig. Koschtschei liefert ihnen alles frische Blut, das sie sich nur wünschen können. Sie bezahlen ihn gut. Und stellt euch nur vor, was die Vampire ihm für ein Frühlingskind geboten haben!«
    »Nur für Geld? All das hier – nur für Geld?« Billi hatte geglaubt, dass die Bogatyri trotz ihrer Brutalität für dieselbe Sache wie die Templer kämpften. Aber sie wusste, dass Ghule – Vampire – sich von der Seele ihres Opfers nährten. Deshalb konnten sie mit Tierblut oder Blutbeuteln nicht überleben. Es waren die letzten paar Tropfen Blut – die, die den letzten Herzschlag und mit ihm die Seele trugen –, die den Ghulen als Stärkung dienten. Und die Seele eines Frühlingskinds, eines Avatars, musste die gehaltvollste von allen sein.
    Die Frau zeigte auf den Container. »Ihr nennt uns böse, obwohl wir nur verteidigen, was uns gehört. Ihr nennt das Opfer des Frühlingskinds böse, obwohl es die Welt erneuern wird.« Die Frau winkte ihre drei Begleiter beiseite. »Ich habe gesehen, was böse ist: die Menschheit. Ihr tut das hier für Papier.« Sie spuckte auf den Boden. »Vielleicht habt ihr recht, und Baba Jaga bringt wirklich den Fimbulwinter. Aber sie wird uns davor retten. Meine Göttin ist alt und weise, und wenn sie glaubt, dass die Welt gereinigt und erneuert werden soll, stelle ich ihre Weisheit nicht infrage. Mir kommt es nur darauf an, dass die Menschheit vernichtet wird.«
    »Nein. Nicht alle von uns sind so.« Billi packte die Frau am Handgelenk. »Du bist zu uns gekommen, um mir dafür zu danken, dass ich dich und das Mädchen gerettet habe, aber das habe ich nicht getan. Weder euch noch irgendjemanden sonst, wenn Baba Jaga ihren Willen bekommt. Wir werden alle sterben. Sag mir, wo Wassilissa ist, bitte!«
    Zweifel huschten kurz durch die Augen der Paisleyfrau. Sie konnte sehen, dass Billi an das glaubte, was sie ihr sagte.
    »Bitte«, flehte Billi. »Nur, weil Koschtschei ein Ungeheuer ist, heißt das noch nicht, dass wir alle welche sind. Das weißt du, sonst wärst du nicht hier. Sag mir, wohin sie Wassilissa gebracht haben.«
    »Es tut mir leid. Ich kann dem Willen der Göttin nicht trotzen.« Sie wartete darauf, dass Billi sie losließ.
    »Du begehst einen Fehler.« Billi ließ die Hand sinken. Sie wandte sich ab und sah Iwan an. Er stand starr wie eine Statue da, den Blick auf den Inhalt des rostigen Containers gerichtet.
    »Lass uns gehen, Iwan.« Der Geruch verwesenden Fleisches haftete an ihr und benebelte ihr das Gehirn.
    »Sieh dir nur an, was er getan hat, Billi.«
    »Wir kümmern uns später um ihn«, versprach sie. So etwas Entsetzliches hatte sie noch nie gesehen. Die Unholde hatten das Töten besorgt, aber es hatte der menschlichen Fähigkeit zu kalter, herzloser Logik bedurft, um es geschehen zu lassen, Monat für Monat.
    Iwan schüttelte den Kopf. »Nein. Ich kümmere mich um ihn.« In seiner Stimme lag eine Entschlossenheit, die Billi das Blut in den Adern gefrieren ließ. »Ich werde Koschtschei töten.«

26
    »Ich rufe die anderen an. Wir gehen.« Billi begann, die Nummer ihres Vaters zu wählen. Die Templer mussten hier weg, heute Nacht noch, und sich mit Arthur treffen. Wassilissas Großmutter war jetzt die einzige Spur, die sie hatten. Sie durften den Bogatyri unter keinen Umständen mehr vertrauen. Sobald Koschtschei Wassilissa hatte, brauchte er die Templer nicht länger. Billi machte sich keine Illusionen darüber, was dann geschehen würde: Er würde sie ohne zu zögern eliminieren lassen.
    Iwan legte seine Hand über ihre. »Koschtschei überwacht eure Telefone.« Er nahm ihr das Handy ab und

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