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Die Wolfsjägerin: Roman (German Edition)

Die Wolfsjägerin: Roman (German Edition)

Titel: Die Wolfsjägerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarwat Chadda
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und schloss die Tür hinter ihr. »Du musst dir das ansehen.«
    »Wir haben keine Zeit.« Billi versuchte, sich zu sträuben, aber die alte Frau ließ sie einfach nicht los.
    Die Bücher der Bibliothek der Bogatyri füllten das gesamte Stockwerk aus. Ein langer Esstisch voller alter Bücher und Schriftrollen stand gegenüber einer Reihe von Fenstern. Lance hatte recht gehabt: Elaine war in einem Forschungshimmel. Eine Matratze und eine Decke lagen auf dem gebohnerten Holzboden. Also schlief Elaine hier! Billi warf einen Blick auf die endlosen Schränke und Reihen vollgestopfter Bücherregale; dann blieb ihr Blick an einem großen Porträt über dem Kamin hängen und an einem Gesicht, das sie wiedererkannte.
    Das könnte Iwan sein .
    Zar Nikolaus II. sah mit befehlsgewohnter Gleichgültigkeit auf sie herab. Er stand hinter einem Stuhl, auf dem seine Frau, die Zarin, saß. Neben ihm standen drei junge Frauen. Billi musste nicht raten, welche davon Anastasia war. Iwan hatte mehr als nur ihre Schönheit geerbt. Er stand sogar auf die gleiche Weise da wie sie, aufrecht, entspannt, königlich.
    Elaine grinste. »Ich weiß jetzt, was mit Baba Jaga geschehen ist.« Sie schlug sich an den Kopf. »Es ist wirklich offensichtlich! Sie ist eine Elementalistin. Was auch immer die Erde trifft, trifft auch sie. Und etwas hat in der Tat die Erde getroffen, vor hundert Jahren.« Elaine schlug sich mit der Faust in die Handfläche. »Direkt hier, in Russland.«
    »Was, Elaine?«
    Elaine begann, die verstreuten Bücher durchzublättern, schlug sie auf und zu, während sie sich zu finden bemühte, was sie suchte. »Ich zeig’s dir gleich, ich zeig’s dir …«
    Billi seufzte ungeduldig und lehnte sich gegen den Tisch. Mit verschränkten Armen nahm sie aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahr. Ein Schatten war im Spalt zwischen dem unteren Ende der Tür und dem Boden zu sehen. Sie hörte einen Mann tief Luft holen; darauf folgte das Klicken einer Abzugssicherung. Billi packte Elaine und machte mit ihr einen Hechtsprung hinter das Sofa, während die Tür aufflog und Schüsse durch die Dunkelheit hallten.

27
    Billi warf die Arme über den Kopf, während Glasscherben aus der langen Fensterreihe neben ihr wie Schrapnelle aus Kristall um sie herumtosten. Das Sofa erbebte, als Kugeln dumpf in das feste Holz drangen. Der Wind riss heftig an den langen Vorhängen, und Billi spürte, wie die schneeschwere Kälte sie übermannte. Binnen Sekunden war die Hölle losgebrochen.
    Ihr tönten die Ohren vom Echo der Schüsse, das zwischen den schweren Marmorwänden widerhallte. Die Luft war geschwängert vom beißenden, metallischen Geruch des Pulvers.
    Wie gelähmt klammerte sich Elaine mit fest zugekniffenen Augen an Billi. Sie zitterte so heftig, dass Billi die Arme um sie schlingen musste, obwohl sie selbst nichts tun konnte, als zu beten.
    Die Echos hielten länger an als die Schüsse. Schnee wehte durch die nun zerstörte Fensterfront herein, und die Stadt dahinter funkelte.
    »Hallo? Lebt ihr noch?«, höhnte eine laute Stimme, tief und amüsiert. Koschtschei.
    »Natürlich!«, rief Billi und klang tapferer, als sie sich fühlte. »Hast du etwa auf uns geschossen? Hab ich gar nicht mitbekommen.«
    Zwei Bogatyri streckten ihre Pistolen über das Sofa. Einer zerrte Elaine an den Haaren aus der Deckung, der andere griff nach Billi. Sie schlug seine Hände beiseite und stand auf.
    Billi wischte sich lässig die Splitter vom Mantel. Sie durfte Koschtschei nicht sehen lassen, wie viel Angst sie hatte. Die Bogatyri umzingelten sie. Der Mann ließ Elaine los, und sie stellte sich neben Billi und starrte die Verwüstung an.
    Koschtschei kam in die Bibliothek spaziert und wischte sich die Hände an einem Tuch ab. Sein Kragen war gelöst, sein Hemd schweißbefleckt. Rote Tröpfchen verunzierten seine weißen Manschetten. Er presste sich den Lappen auf den Hinterkopf und fuhr sich damit über die Glatze. Dann faltete er das Tuch ordentlich zusammen und schob es sich in die Hemdtasche.
    Mittlerweile befanden sich zehn Bogatyri in der Bibliothek. Sie trugen alle Alltagskleidung, hatten aber Schusswaffen bei sich. Zwei hielten Iwan zwischen sich. Er wehrte sich, aber die Männer hatten ihm die Arme auf den Rücken gedreht.
    Wo steckten Lance und Gwaine?
    Koschtschei starrte böse zum Porträt der Zarenfamilie empor und streckte die Hand aus. Einer seiner Männer reichte ihm eine Pistole.
    Koschtschei schoss Zar Nikolaus zwischen die Augen. Das Loch in der

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