Die Zaehmung
morgen habe ich einen Ball vorbereitet und . . .«
Rogan ordnete hastig seine Kleider. »Ich habe keine Zeit zum Tanzen und schon gar nicht für Frauen, die mir widersprechen. Wenn du so deine Ehe beginnen willst, kannst du gleich hier bei deinem Vater bleiben, und ich werde nur deine Mitgift mitnehmen. Meine Männer und ich werden in drei Stunden die Burg wieder verlassen. Sei pünktlich zur Stelle oder laß es sein — mir ist das egal.« Er drehte sich um, verließ das Zimmer und schloß die Tür ziemlich heftig hinter sich.
Liana war so verblüfft, daß sie sitzen blieb, wo sie war, und sich nicht rührte. Er würde sie hier bei ihrem Vater zurücklassen!
Dann hörte sie ein leises Klopfen an der Tür, und Joice trat ins Zimmer. »Mylady?« sagte sie.
Liana sah zu ihrer Magd hoch, und ihre Verwirrung spiegelte sich in ihren Augen. »Er wird in drei Stunden abreisen und sagt, ich könnte ihn begleiten oder nicht. Es scheint ihm egal zu sein, ob ich mitkomme oder hierbleibe.«
Joice setzte sich aufs Bett und nahm Lians Hand. »Er glaubte, er brauche keine Ehefrau. Alle Männer glauben das. Es ist Eure Aufgabe, ihm zu beweisen, daß er durchaus eine Frau an seiner Seite benötigt.«
Liana bewegte sich von ihrer Magd fort; aber als sie die Beine anzog, schmerzte das. »Er hat mir wehgetan.«
»Das ist immer so beim ersten Mal.«
Liana stand vom Bett auf, und der Zorn ließ das Blut schneller durch ihren Körper kreisen. »So schnöde bin ich noch nie in meinem Leben behandelt worden. Er hatte nicht einmal so viel Anstand, zu seiner eigenen Hochzeitsfeier zu kommen. Ich mußte allein am Tisch sitzen und mir die Blicke und das mitleidige Lächeln der Gäste gefallen lassen. Und dann das!« Sie blickte auf ihre Röcke hinunter. »Ich hätte ebensogut vergewaltigt werden können. Ich werde ihm zeigen, mit wem er es zu tun hat!« Sie hatte ihre Hand bereits auf dem Türknauf, als Joice sie mit den Worten zurückhielt:
»Und er wird Euch mit dem gleichen Haß anblicken, mit dem er Lady Helen angesehen hat.«
Liana kam zum Bett zurück.
»Ihr habt doch gesehen, wie sehr er sie verabscheut«, fuhr Joice fort und fühlte sich plötzlich sehr mächtig. Ihr junger Schützling mochte schön sein und reich; aber sie hörte auf Joice und befolgte den Rat ihrer Magd. »Glaubt mir — ich weiß, was Männer wie Lord Rogan sich wünschen. Er wird Euch genauso hassen wie Eure Stiefmutter, wenn Ihr Euch ihm widersetzt.«
Liana rieb die Finger ihrer rechten Hand. Sie konnte noch immer seine Haare auf ihrer Haut spüren und erin-nerte sich daran, daß sie — wenn auch nur einen Moment lang — Zärtlichkeit in seinen Augen gesehen hatte. Sie wollte sich das nicht verderben. »Was mache ich nur?« fragte sie flüsternd.
»Ihm gehorchen«, sagte Joice entschieden. »Seid in drei Stunden reisefertig. Lady Helen wird zweifellos Protest erheben, daß Ihr abreisen sollt; aber stellt Euch auf die Seite Eures Gatten. Ich habe Euch schon gesagt, daß Männer von ihren Ehefrauen Loyalität verlangen.«
»Blinde Ergebenheit?« fragte Liana. »Selbst in diesem Fall, wo er im Unrecht ist?«
»Besonders dann, wenn er im Unrecht ist.«
Liana hörte sich das zwar alles an, aber begreifen konnte sie es dennoch nicht.
Als Joice sah, daß ihre junge Herrin noch immer verwirrt war, fuhr sie fort: »Schluckt Euren Ärger hinunter. Alle verheirateten Frauen müssen ihren Ärger hinunterwürgen und ihn für sich behalten. Ihr werdet lernen, nicht daran zu ersticken, und eines Tages wird das sogar zu einer Lebensgewohnheit werden.«
Liana wollte etwas darauf erwidern, doch Joice kam ihr mit den Worten zuvor:
»Macht Euch jetzt reisefertig, oder er wird Euch verlassen.«
Mit einem Gefühl äußerster Konfusion eilte Liana aus dem Zimmer. Sie würde alles unternehmen, was in ihrer Macht stand, um diesem Mann eine gute Frau zu sein. Und wenn das bedeutete, daß sie ihren Zorn unterdrücken mußte, dann würde sie ihn eben hinunterwürgen. Sie würde ihm beweisen, daß sie die loyalste Frau der Welt sein konnte.
Als Lord Rogan mit einem finsteren Zug in seinem hübschen Gesicht die Stufen hinunterlief, war die erste Person, die ihm am Fuß der Treppe begegnete, Lady Helen. »Die Ehe ist vollzogen«, sagte er zu ihr. »Es wird keine Annullierung geben. Wenn noch etwas aufgeladen werden soll, erledigt das jetzt, denn wir werden in drei Stunden die Burg verlassen.« Er wollte an ihr vorbei, doch Lady Helen verstellte ihm den Weg.
»Ihr wollt
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