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Die Zarin (German Edition)

Die Zarin (German Edition)

Titel: Die Zarin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Alpsten
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bot, waren Dörfer so arm wie meines, deren kleine isby sich dunkel gegen die tiefverschneite Ebene absetzten. Die Sonne stand an diesem Tag nur wenige Stunden lang als eine stumpfe, kupferne Scheibe am Himmel.
     
    Wir erreichten das Dorf am Abend des folgenden Tages. Die isby lagen still und schemenhaft unter dem Mondlicht in den verschneiten Feldern: Sie umfaßten ihre schwarzen Umrisse wie Rahmen aus Silber. Als wir am Kloster vorbeifuhren, duckte ich mich unwillkürlich zwischen den Fässern. Die Mönche würden nur dumme Fragen stellen, wenn sie mich hier sähen. Nun, dafür sollte sich später bestimmt eine Lösung finden. Die isby schienen unter dem Gewicht des Schnees auf ihren Dächern fast zusammenzubrechen, und von den Zweigen der Büsche am Wegrand hing der Frost in langen Tropfen. Es war, so sagte mein Fuhrmann, einer der kältesten Winter seit langem: Den Leuten gefror der Rotz in Glocken vor der Nase, die Grenzposten froren auf ihren Schlitten fest, und ein Bauer, der ein Rind am Strick geführt hatte, war mitten in seinem Schritt erfroren. Ich aber spürte schon jetzt den warmen, flachen Ofen in unserer Hütte und rieb mir die Hände. So Gott wollte, sollte ich dort in wenigen Stunden bei meinen Lieben schlafen, genauso wie früher. Ob es frische Fladen gab? Und dicke Hafersuppe? Hm – ich wollte meinen Fladen tief in meine Schale mit kwas tauchen. So stieg einem das Getränk schneller in den Kopf! Waren sie noch wach? Wie spät konnte es sein? In dieser dunklen Jahreszeit konnte man das so schlecht einschätzen! Ich war unfähig, zu einem einzigen klaren Gedanken zu kommen.
    Einige Augenblicke später hob der Kutscher das schwere Tuch, das mich im Inneren des Wagens leidlich vor der Kälte geschützt hatte. »Wir sind da. Wo soll ich dich absetzen?« fragte er mürrisch. Ich war ihm nicht, wie erhofft, eine heitere und gesprächige Begleiterin gewesen. Ich stützte mich neben ihm auf den Kutschbock und zeigte auf das Eck, an dem die Straße sich gabelte. Direkt daneben war unsere isba !
    »Dort! Dort bin ich zu Hause! Halt’ dort an, das genügt mir«, sagte ich, aufgeregt wie ein Kind.
    Er spuckte aus. »Eine elende Gegend ist das hier! Ich bin froh, wenn ich hier morgen am Mittag wieder wegkomme! Wenn du es dir anders überlegst, du weißt, wo du mich findest!«
    Statt einer Antwort griff ich mir mein Bündel aus seinem Wagen. Als ich vom Kutschbock sprang, fiel ich fast hin: Die Straße war mit Eis bedeckt und spiegelglatt. Selbst die Pferde schlitterten unsicher auf ihren Hufen, und ihre Eisen klapperten hohl auf der glatten Oberfläche, als der Karren wieder anzog. Ich rutschte vorsichtig zu unserer isba . Meine wenigen Habseligkeiten hielt ich fest gegen meine Brust gedrückt. Aus dem flachen Schlot stieg Rauch. Gut!
    Ich wartete einen Augenblick, bis mein heftig gehender Atem sich beruhigt hatte. Mein Herz klopfte mir bis zum Hals. Wer hätte gedacht, daß Heimkehren so schwer sein kann? Was sollte ich sagen und was erklären? Ach, wen scherte das schon! Als ich den Arm hob, um an die Tür zu klopfen, glaubte ich schon, Annas süßes Gewicht in meinem Arm zu spüren. Sie würde mich anspringen wie ein junger Hund! Ich war daheim! Endlich daheim!
    Ich klopfte an die Tür. Einen Augenblick blieb alles still. Ich klopfte noch einmal, diesmal etwas stärker. Wenn Vater schnarchte, dann hörte man so leicht kein anderes Geräusch in der isba ! Vielleicht hatten sie sich schon alle auf dem Ofen dicht aneinandergedrängt, um so mehr Wärme für den Schlaf zu haben.
    Ich klopfte ein drittes Mal. Endlich vernahm ich schlurfende Schritte im Inneren der isba !
    »Wer ist da?« fragte ein muffige Stimme auf russisch.
    Ich konnte sie nicht sofort erkennen, aber es mußte Vater sein! Hatte er eine Erkältung?
    »Ich bin es, Martha! Mach auf, es ist so kalt!«
    Ich klopfte jetzt mit der Faust gegen das grobe Holz der Tür.
    »Martha?« wiederholte die Stimme ungläubig.
    »Ja, ja – ich bin es!« Ich weinte und lachte gleichzeitig. »Mach auf, Vater!«
    Die Tür öffnete sich, und ich sah in ein Gesicht. Ein muffiges, verschlafenes und vor allen Dingen ein fremdes Gesicht. Der Mann in unserer isba musterte mich von oben bis unten. Er trug ein langes, verflecktes Nachthemd aus warmer Wolle, das schon viele Male geflickt worden war. Um seinen Kopf hatte er einen Schal aus Filz gebunden. Seine Füße steckten in dicken, grobgestrickten Socken und in seinem Gesicht hatte er von der Kälte mehrere eitrige

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