Die Zauberschatten - Goryydon #2 (German Edition)
Verstand tränkte, ließ sie frösteln.
Sein Magen krampfte sich zusammen.
»Verstehst du denn nicht? Wir haben keine andere Wahl. Wir müssen wissen, wie wir Kalira befreien und wie wir die Höllenwesen vertreiben können. Und vor allem müssen wir herausfinden, ob Kloob hinter allem steckt.«
»Ich werde nicht dein Leben riskieren, um vielleicht etwas herauszufinden!«
Aran packte sie an der Schulter. »Das Leben vieler ist wichtiger als das eines Einzelnen.«
Sie wehrte seinen Griff wütend ab. »Wenn du dieser Einzelne bist, nicht«, fauchte sie und rannte aus dem Zimmer.
*
Juliane lief ziellos und verwirrt die dunklen Gänge auf und ab, bis sie schließlich vor Moiras Privatgemächern stand. Ein Diener kam vorbei und musterte sie neugierig. Sie nickte ihm zu. Weil sie sich vor dem Mann nicht die Blöße geben wollte, umzudrehen, streckte sie ihre Hand nach der Tür aus. Ihre Finger glitten über das glatt geschliffene und geölte Holz, fuhren die Schnitzereien entlang und wanderten zur Seite. Zögernd griff sie nach der Klinke, drückte sie dann entschlossen hinunter und betrat das Gemach.
Kräuterduft schlug ihr entgegen. Sie schloss die Tür und verharrte einen Moment. Es schien, als wäre Moira anwesend. Als stände sie direkt hinter ihr, legte ihr die Hand auf die Schulter. Wärme und Zuversicht flossen durch Julianes Körper.
»Moira«, flüsterte sie. Tränen stiegen ihr in die Augen. Sie berührte die Stelle ihrer Schulter, wo sie den Griff zu spüren glaubte. Juliane schluckte und blinzelte die Tränen erfolgreich fort. Sie drehte sich um. Natürlich war sie allein in dem Raum.
Durch das hohe Turmfenster fiel das Sonnenlicht. Dunkle Möbel statteten den Raum aus. Der Schreibtisch stand unter dem Fenster. Der Stuhl wirkte, als habe man ihn beiseitegeschoben. Als habe Moira eben noch darauf gesessen, um kurz im Nebenraum zu verschwinden. An der Wand links von Juliane gab es einen großen, dreitürigen Schrank. Daneben, beinahe unsichtbar entdeckte sie eine Truhe. An der gegenüberliegenden Wand erkannte sie eine Kommode und zwei Lehnstühle.
Moiras Gegenwart schien im ganzen Raum spürbar.
Tränen stiegen in ihr hoch. Sie biss sich auf die Innenseite ihrer Wange. Wenn sie nur wüsste, was zu tun war.
Juliane ging zum Schrank. Die Türangeln quietschten beim Öffnen. Die Fächer waren vollgestopft mit unterschiedlichen Gerätschaften, die zur Ausstattung einer Zauberin gehörten. Eine Silberschale mit Klöppel, ein Kelch, ein Dolch, eine Holzschale mit verschiedenen Dingen, die wie Zähne und kleinen Knochen aussahen, zahlreiche Stoff- und Lederbeutel, denen ein intensives Aroma entströmte. Juliane öffnete eines der Säckchen und fand Kräuter.
Sie schloss die Türen und wandte sich der dritten zu. Dahinter entdeckte sie Bücher. Einige waren in goryydonischer Hochsprache verfasst, die der Schrift, die sie beherrschte, ähnelte. Es handelte sich um magische Machwerke. In den Bänden in fremder Schrift vermutete sie ebenfalls Zaubererlektüre.
Sie durchsuchte den Raum planlos, bis sie sich den Schreibtisch vornahm. Sie wusste nicht, was sie zu finden hoffte und warum sie in Moiras Sachen stöberte. Doch einmal begonnen, wollte sie nicht aufgeben.
Als Erstes fiel ihr Blick auf ein in schwarzes Leder eingebundenes Buch. In Goldlettern prangten für Juliane unverständliche Worte auf dem Einband.
Sie öffnete das Buch und blätterte darin. Blatt um Blatt füllten fremdartige Schriftzeichen das Pergament. Sie wollte es beiseitelegen, da bemerkte sie vertraute Buchstaben. Sie hielt den Atem an und schlug die entsprechende Seite auf. Erinnere dich .
Nur diese beiden Worte standen da. Sie räusperte sich, stieß die Luft aus und räumte das Buch weg. Moiras Beiname san Sar, bedeutete in einer uralten Sprache sansarhiey, den Feen gehörend.
Heftiger Schwindel erfasste Juliane. Einen Augenblick lang glaubte sie, das Bewusstsein zu verlieren. Ihre Gedanken rasten. Da war etwas. Etwas sehr Wichtiges, das sie sich ins Gedächtnis rufen sollte.
Sie ließ sich auf den Stuhl fallen und versuchte, sich zu beruhigen. Immer noch drehte sich alles vor ihren Augen. In ihrem Kopf erschallte höhnisches Männerlachen. Sie hielt sich erfolglos die Ohren zu. Das Geräusch verklang. Der Schwindel legte sich.
Juliane blickte zum Nebenraum. Diesen Raum hatten weder sie noch Aran betreten. Sie erhob sich und ging in Moiras Schlafraum. Die Tür knarrte leise. Moiras Geruch hing noch in der Luft. Der Boden
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