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Die Zeit: auf Gegenkurs

Die Zeit: auf Gegenkurs

Titel: Die Zeit: auf Gegenkurs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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Uditen recht. Wir müssen langsam vorgehen, Schritt für Schritt; wir – und vor allem Sie – müssen Geduld haben. Sonst wird man Sie töten, wie den Polizeibeamten. Wir müssen …« – er gestikulierte – »… indirekt vorgehen. Sogar – taktvoll. Sie verstehen?« Er musterte Sebastians Gesicht.
    »Heute nacht«, bekräftigte Sebastian. »Ich gehe jetzt.« »Sie gehen, aber Sie werden nicht mehr zurückkommen.« Sebastian legte die fertige Zigarre zur Seite und sagte: »Guten Tag.
    Wir sehen uns später; ich gehe jetzt.«
    »Versuchen Sie nicht, in die Bibliothek einzudringen! Versuchen Sie nicht …« Giacomettis Worte wurden vom Lärm des Fernsehers verschluckt, und dann schloß Sebastian die Wohnungstür hinter sich; er war draußen, im Treppenhaus, und genoß die Stille.

    Er streifte durch die dunklen Straßen, stundenlang, wie ihm schien, die Hände tief in den Hosentaschen vergraben, an Geschäften vorbei, an Häusern vorbei, die mit fortschreitender Stunde immer dunkler wurden, bis er schließlich vor einem Wohnblock stand, in dem kein Licht mehr brannte. Niemand kam ihm auf dem Bürgersteig entgegen; er war ganz allein. Plötzlich sah er sich drei Udi-Anhängern gegenüber, zwei
    Männern und einer jungen Frau. Jeder trug das Sum-tu Abzeichen; das Mädchen hatte ihres an der Spitze ihrer rechten Brust befestigt, so daß es wie eine vergrößerte, blitzende Metallwarze aussah.
    Sie grüßten ihn fröhlich. »Valé, amicus«, riefen sie. »Was halten Sie von der Rede Seiner Heiligkeit?«
    »Wundervoll«, sagte Sebastian. Er versuchte, sich an den Inhalt zu erinnern: nur ein Satz fiel ihm ein. »Die Stelle über das Ohr des römischen Legionärs fand ich besonders gut«, erklärte er. »Das hat mich richtig gepackt.«
    »Wir haben etwas Seelen-Sogum«, informierte ihn der größere der beiden Uditen. »Wollen Sie sich uns anschließen? Auch wenn Sie nicht zur Bruderschaft gehören, können Sie mit uns feiern.«
    Er konnte ein solches Angebot nicht ablehnen. »Gern«, nickte er. Es war Jahre her, daß er Seelen-Sogum genommen hatte; die Wirkung ähnelte der von alkoholischen Getränken, die früher in Spirituosenläden und Kneipen verkauft worden waren – er fühlte sich um Jahre zurückversetzt, in die Zeit vor der Hobart-Phase.
    Schließlich hatten sich alle in einen geparkten Schwebewagen gezwängt und ließen die Flasche mit dem langen Schlauch kreisen. Die Stimmung hob sich.
    »Was treiben Sie so spät auf der Straße?« fragte das Udimädchen. »Suchen Sie eine Frau?«
    »Ja«, sagte Sebastian. Das Seelen-Sogum hatte ihm die Zunge gelöst; er hatte das Gefühl, unter Freunden zu sein. Und wahrscheinlich war er es auch.
    »Nun, wenn es das ist, was Sie wollen, können wir …«
    »Nein«, fiel ihr Sebastian ins Wort. »Es ist nicht so, wie Sie denken. Ich suche nach meiner Frau. Und ich weiß, wo sie ist, aber ich kann sie nicht herausholen.«
    »Wir holen sie heraus«, rief der kleinere der beiden Männer fröhlich. »Wo ist sie?«
    »In der Stadtbibliothek«, erwiderte Sebastian.
    »Essen«, riefen alle drei Uditen begeistert, »also los.« Einer von ihnen, der am Steuer, ließ den Wagen an.
    »Sie ist jetzt geschlossen«, sagte Sebastian.
    Das dämpfte – vorübergehend – ihre Begeisterung. Die drei diskutierten, und schließlich machte ihm ihr Sprecher einen Vorschlag. »Die Bibliothek hat einen Nachteinwurf für Bücher, die ihr Löschdatum überschritten haben. Der Schließmechanismus gehört zu der Sorte, die keine Fragen stellen. Können Sie sich nicht durch die Öffnung zwängen?«
    »Zu schmal«, wehrte Sebastian ab.
    Auch das dämpfte ihre neu aufkeimende Begeisterung. »Dann müssen Sie bis morgen warten«, meinte das Mädchen. »Sofern Sie nicht die Polizei rufen wollen. Aber Essen – ich glaube, an die Bibliothek wagt sie sich nicht heran. Leben und leben lassen ist ihre Devise.«
    »Davon abgesehen«, sagte Sebastian, »daß die Bibliothek heute einen Beamten der Polizei von Los Angeles umgebracht hat.« Aber er konnte nicht beweisen, daß es die Bibliothek gewesen war; er hatte bereits im Fernsehen gehört, daß man »religiöse Fanatiker« dafür verantwortlich machte.
    »Vielleicht könnten Sie Ray Roberts bitten, Ihre Frau in seine Gebete einzuschließen«, schlug das Udimädchen schließlich vor. Hoffnungsvoll.
    »Ich bin noch immer dafür«, sagte der größere der beiden Männer, »daß wir vier irgendwo hingehen und eine Orgie veranstalten.«
    Er dankte ihnen, verließ

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