Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)
gesund«, sagte sie unsicher, »und dann …«
Frau Brandmann lachte schallend. »Herzchen, du bist doch gar nicht krank!«, erklärte sie fröhlich. »Auch wenn du dich manchmal schlecht fühlst. Glaub mir, du bist so gesund, wie es ein braves Eheweib nur sein kann. Du bist gesegneten Leibes, Ida! Du erwartest endlich ein Kind! Schon dich in der nächsten Zeit ein bisschen.« Damit lief sie strahlend weiter den Hügel zur Missionsstation hoch.
»Kann das denn sein?«, fragte Ida erschrocken, als ihre Schwiegermutter außer Hörweite war.
»Natürlich kann das sein!«, gab Cat unwirsch zurück.
Sie hatte bemerkt, dass Ida kreidebleich geworden war. Die junge Frau wäre sicher ins Schwanken geraten, hätte sie nicht ohnehin schon auf einem Fels vor der Station gesessen. Aber Cat konnte sich jetzt mit den Nöten der Freundin nicht befassen, dafür kämpfte sie zu sehr mit ihrem eigenen Entsetzen. Idas Schwangerschaft war immer nur eine Frage der Zeit gewesen. Doch wie war das bei ihr selbst? Es war nicht zu leugnen, dass sie die gleichen Symptome zeigte wie die Freundin, vielleicht war sie gerade deshalb nicht darauf gekommen, wofür sie sprachen.
Cat fühlte Panik in sich aufsteigen und zermarterte sich das Gehirn. Wann hatte sie zum letzten Mal geblutet? In den Tagen nach der Vergewaltigung, da war sie sich sicher. Doch das hatte sie auf die dabei erlittenen Verletzungen, nicht auf ihre Monatsblutung zurückgeführt. Und danach? Cat hatte bei all der Arbeit und Aufregung keine Zeit gehabt, über irgendetwas nachzudenken. Jetzt wurde ihr klar, dass weder sie noch Ida geblutet hatten. Und davor? Cat hatte das Gefühl, den Boden unter den Füßen zu verlieren. Sie hatte ihre Periode immer regelmäßig gehabt, und das letzte Mal etwa zwei Wochen vor der verhängnisvollen Flut.
Cat ließ sich neben Ida auf den Felsen fallen. Sie hoffte nur, dass der Pastor sich Zeit ließ mit dem Beginn des Bibelkreises. So aufgewühlt, wie sie war, konnte sie den anderen Frauen nicht vor Augen treten.
»Ich will nicht schwanger sein«, flüsterte Ida. »Nicht von Ottfried, nicht hier … o mein Gott, was soll nur werden?«
Cat stieß scharf die Luft aus. »Du hättest dir das früher überlegen müssen!«, fuhr sie die Freundin an. »Immerhin hat man dich gefragt. Du musstest nicht seine Frau werden. Aber mich … Er hat uns beide geschwängert, Ida! Wie es aussieht, erwartet jede von uns ein Kind von ihm!«
Ida und Cat standen den Gebetskreis irgendwie durch – und Erstere auch die freundlich-neugierigen Blicke der Frauen während der Bibelstunde und anschließend ihre Gratulation. Frau Brandmann hatte selbstverständlich nicht gezögert, gleich das ganze Dorf von der Schwangerschaft ihrer Schwiegertochter zu informieren. Immerhin deuteten die Frauen Idas abwechselndes Erblassen und Erröten als Zeichen von Scham und Schüchternheit, aber ihr zweifelndes »Ich bin mir doch noch gar nicht sicher …« lachten sie weg.
»Du bist schon über ein Jahr verheiratet, Ida!«, meinte Elfriede Busche. »Da musste es ja endlich klappen! Und wie rücksichtsvoll von Ottfried, dich in diesen ersten Wochen in Ruhe zu lassen, da du dich so schlecht fühlst! Mein Robert kannte da nichts … und es schadet dem Kindchen ja zum Glück auch nicht. Jetzt wird dein Mann doch wieder zu dir ziehen, nicht wahr? Und dir geht es auch bald besser. Das sind diese ersten drei Monate. Sag mir, wenn ich etwas helfen kann! Im Garten oder so …«
Die Frauen von Sankt Paulidorf hatten stoisch begonnen, ihre Gärten zum vierten Mal wieder herzurichten. Dass Ida und Cat dazu keine Anstalten machten, hatte schon für Gerede gesorgt.
»Ach, das ist wunderbar!«, freute sich Frau Brandmann und hörte gar nicht mehr auf, Dankgebete zu murmeln. »Das erste Enkelkind! Hier im neuen Dorf! Weiß es denn Ottfried schon, liebe Ida?«
»Er wird es ganz sicher heute noch erfahren«, sagte Cat mutlos, als die beiden Frauen endlich wieder allein waren.
Den ganzen Weg hinunter zum Fluss hatte Elfriede Busche sie begleitet und dabei pausenlos vor sich hin geplappert. Wie schön es sei, dass ihr kleiner Sohn nun einen Spielgefährten bekommen würde, wie herrlich die Kinder hier aufwachsen könnten – und wie unbändig Ida sich freuen müsse, dass Gott ihren Leib endlich gesegnet habe. Zum Glück war ihr gar nicht aufgefallen, wie hartnäckig Ida und Cat dazu geschwiegen hatten.
»So was spricht sich im Dorf doch blitzschnell herum. Und eigentlich müsstest du es ihm
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