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Die Zeit des Schweigens ist vorbei (German Edition)

Die Zeit des Schweigens ist vorbei (German Edition)

Titel: Die Zeit des Schweigens ist vorbei (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mandy Kopp
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aus. Jaja, die Scheiße aus dem Gesicht waschen. Hat ja recht, das Arschloch. Geht doch nicht, dass einen andere so sehen. Alles rot und geschwollen. Musst dich schick machen, bevor die Kunden kommen. Peinlich, wenn sie dich so sehen. Macht einen irgendwie klein.
    Ich blute aus dem linken Ohr. Stell dich nicht so an. Wisch und weg, nichts passiert.
    Ohne darüber nachzudenken, greife ich zu dem Schwamm, der auf dem Waschbecken liegt. Naturschwamm. Den sollten wir immer nutzen, wenn wir unsere Tage hatten. Damit wir auch in dieser Zeit unsere Arbeit machen konnten. Ich fuhr mit dem Schwamm über meine Beine, über mein Gesicht. Danach schminkte ich mich sorgfältig. Niemand sollte die Verletzungen sehen, niemand.
    Als ich aus dem Bad kam, sagte Kugler mir ruhiger Stimme aus dem Wohnzimmer: »Komm mal her.« Er klopfte einladend auf seine Oberschenkel und lächelte mich an, als wäre nichts gewesen. Ich ging zu ihm und setzte mich auf seinen Schoß. Da bin ich wieder, deine süße Maus. Es kostete mich unendliche Mühe, mir nicht anmerken zu lassen, dass mir jeder Schritt weh tat.
    »Du verstehst das doch …«, fing er an. »Ich wollte das ja nicht, also dir weh tun. Du hast mein Vertrauen missbraucht. Das siehst du doch ein.«
    Ich nickte.
    »Und solche Typen wie Thorsten … Die sind nicht gut für dich. Vor denen will ich dich nur schützen.«
    Ich fing an zu heulen.
    »Hey, Kleines, ich hätte dir das gerne erspart, aber so läuft das nun mal. Der Typ hat dir einen erzählt von großer Liebe und bla, und was macht er? Schickt dich zurück zu Papa Kugler. Ich mein, das hat er wenigstens gut gemacht. Aber den Rest? Umbringen wollteste dich! Und du hättest alles für den getan, oder?«
    Dass er ohne mich nicht leben kann, hat er gesagt. Dass ich seine große Liebe bin, hat er gesagt. Dass er Fotos machen will von mir und Lea, einfach weil wir so toll sind. Nur für mich, echt jetzt. Dass er mit ihr ins Bett gegangen ist, nur um mir hinterher erzählen zu können, dass ich viel besser sei. Nur ’n Test, und um mich eifersüchtig zu machen. Weil er sich gefragt habe, ob ich ihn wirklich liebte. Und dass ich doch diejenige gewesen sei, die ihn hintergangen habe, nicht er. Weil sonst hätte ich ihm ja sagen können, dass ich die Pille noch nicht nehme. Wo ist das Problem? Ey, du bist das Problem. Schwanger, oder was? Das auch noch! Kannste nicht aufpassen? Hast mich angelogen. Ich lass mich nicht anlügen. Ich hab’s dir gesagt! Wenn du nicht aufpasst, lernst du Treppensteigen! Er öffnete die Wohnungstür und schubste mich die Stufen hinunter. Wenn ich auf dem Absatz liegen blieb, kam er hinterher und trat mich weiter. Vergessen, vergeben, scheißegal. Ich wollte ihn lieben, in der Hoffnung, dass mich jemand liebte.
    Kugler tröstete mich und war sehr verständnisvoll. »Ich weiß genau, was du jetzt durchmachst. Solche Typen, die bringen es einfach nicht. Sei froh, dass du bei mir bist, ich schütz dich vor solchen Idioten.«
    Ich weiß nicht, was er mir noch alles erzählte an diesem Abend. Das Nächste, woran ich mich bewusst erinnere, ist, dass er sagte: »Wir sollten zu ihm fahren, dann kannst du ihm mal richtig die Meinung geigen. Ich weiß, was du durchmachst, ich bin bei dir, ich helfe dir!«
    Kugler führte mich am Arm aus der Wohnung, wir gingen nebeneinander die Treppe hinunter und bestiegen den Mercedes. Ich saß vorne auf dem Beifahrersitz. Wie Mutti. Als wir im Flex ankamen, würdigte mich Thorsten keines Blickes. Kugler legte immer wieder den Arm um mich und packte mir an die Brust. Das ist meine. Du hast hier nichts zu melden. Die beiden unterhielten sich, ich stand einfach nur daneben. »Klar, wenn noch mal was ist, sag mir Bescheid.« Schulterklopfen, man war sich einig.
    Kugler erteilte mir offiziell das Wort: »Die will auch noch was sagen …«
    Ich brachte keinen Ton heraus. Seine Hand an meiner Brust, glotzende Leute um uns herum. Ich bin ein Objekt. Wertlos, nutzlos.
    »Was ist denn los mit dir? Wolltest du Thorsten nicht noch etwas sagen?«
    Nein, will ich nicht, hab mich wohl getäuscht.
    Was hätte ich auch sagen sollen?
    Als wir auf dem Rückweg in die Merseburger Straße waren, schossen mir tausend Gedanken durch den Kopf. Jedes Gefühl der Verbundenheit zu meinem alten Leben war weg. Thorsten war so etwas wie das letzte Verbindungsglied gewesen, dass es noch so etwas wie Normalität für mich geben konnte. Auch wenn im Rückblick allein unsere »Beziehung« schon alles andere als

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