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Die Zeit-Odyssee

Die Zeit-Odyssee

Titel: Die Zeit-Odyssee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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von Dschingis Khan
gebildet hatten, stellte man auf breite Wagen, die von
Ochsengespannen gezogen wurden. Selbst die Sojuskapsel musste
mitgenommen werden. Sie war auf Dschingis Khans Befehl aus dem
Dorf Skakatais herbeigeschafft worden. Kolja bemerkte, dass man,
um sie zu heben, eine Belagerungsmaschine umgebaut hatte. Wie sie
so festgezurrt mit Seilen aus Pferdehaar auf einem massiven
Karren hockte, wirkte sie fast selbst wie eine metallene
Jurte.
    Kolja schätzte, dass Dschingis Khan auf seinem Marsch
nach Babylon etwa zwanzigtausend Krieger anführen würde
– zu einem großen Teil Reiter, begleitet jeweils von
mindestens einem Diener und zwei oder drei Reservepferden.
Dschingis teilte seine Streitkräfte in drei Divisionen: die
Armeen des linken Flügels, des rechten und jene der Mitte.
Die Mitte, die vom großen Khan selbst kommandiert wurde,
umfasste die kaiserliche Elitegarde, zu der Dschingis’
eigene tausend Mann starke Leibwache gehörte. Sable und
Kolja sollten mit der Mitte, im Gefolge von Yeh-lü,
ziehen.
    Ein Teil der Streitkräfte sollte zurückbleiben, um
die Mongolei zu beschützen und die Aufgabe
fortzuführen, all das wieder zusammenzufügen, was aus
dem Imperium geworden war. Diese Truppen würden unter dem
Befehl eines der Söhne Dschingis Khans, Tolui, stehen. Das
Fehlen Toluis würde Dschingis nicht wesentlich
schwächen, denn er hatte immer noch einen anderen Sohn,
Ögödei, bei sich, sowie seinen Kanzler Yeh-lü und
seinen General Subedei. Wenn man in Betracht zog, dass
Ögödei nach der bisher geltenden Geschichte Dschingis
Khan nachfolgte, und dass Subedei vermutlich Dschingis’
fähigster General war – jener Mann, der nach dem Tod
des Khans die Invasion Europas planen und befehligen sollte
–, stellte es wahrhaftig ein gewaltiges Team dar.
    Kolja konnte den Moment miterleben, in dem Dschingis sich von
seinem Sohn verabschiedete. Er zog mit beiden Händen Toluis
Gesicht ganz dicht an das seine heran, holte tief Luft und
berührte die Wange seines Sohnes mit den Lippen. Sable tat
es mit der verächtlichen Bezeichnung »eisenzeitlicher
Luftkuss« ab, doch Kolja fand es seltsam rührend.
    Schließlich wurde Dschingis Khans Banner erhoben, und
unter dem Lärm von Trompeten, Trommeln und Gebrüll
setzte sich das Heer in Bewegung, gefolgt von einem langen Tross.
Die drei Divisionen, angeführt von Dschingis,
Ögödei und Subedei, sollten selbstständig und
möglicherweise sogar hunderte von Kilometern voneinander
getrennt marschieren, doch sie würden durch schnelle Reiter,
Trompetensignale und Rauchzeichen in täglicher Verbindung
stehen.
    Und so teilte sich die riesige Wolke aus aufgewirbeltem Staub
über der mongolischen Steppe, und am zweiten Tag hatten die
Marschkolonnen einander aus den Augen verloren.
     
    Kommend aus jener Gegend, in der Dschingis Khan geboren war,
zogen sie Richtung Westen und folgten einem Nebenfluss des Onon
durch üppiges Grasland. Kolja saß zusammen mit Sable,
Basil und anderen bedrückt wirkenden fremdländischen
Kaufleuten sowie einigen Personen aus Yeh-lüs Stab auf einem
Wagen. Nach den ersten beiden Tagen kamen sie in düstere,
irgendwie unheimlich aussehende Wälder, unterbrochen von
sumpfigen Tälern, die zumeist schwierig zu durchqueren
waren. Der Himmel blieb bleigrau, und der Regen fiel in
Strömen. In dieser abweisenden, trübsinnigen Gegend
fühlte Kolja sich zutiefst deprimiert. Er warnte Yeh-lü
vor dem sauren Regen, und der Verwalter sorgte für den
Befehl, dass die Soldaten beim Reiten den Kopf bedeckt und die
Krägen ihrer Mäntel aufgestellt halten sollten.
    Die Truppen des Khans waren nicht sauberer als die
übrigen Mongolen, aber sie waren bedacht auf ihr
Erscheinungsbild. Sie ritten auf Sätteln, die vorne und
hinten hochgezogen waren, und legten Wert auf feste
Steigbügel. Sie trugen kegelförmige Hüte, die mit
den Fellen von Fuchs, Wolf oder sogar Luchs gesäumt waren,
und lange, weite Mäntel, die sich von Kopf bis Fuß
schließen ließen. Die Mongolen trugen diese Art von
Kleidung seit undenklichen Zeiten, doch nun war es ein reiches
Volk, und die Mäntel von einigen der Offiziere waren mit
Seiden- oder Goldfäden bestickt, und die seidene
Leibwäsche darunter stammte aus China. Doch selbst die
Generäle des Khans wischten sich den Mund am Ärmel ab
und die Hände an den Hosen.
    Der Feldzug der Mongolen ging glatt und routiniert vor sich
– kein Wunder, war ihr

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