Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Zeit-Odyssee

Die Zeit-Odyssee

Titel: Die Zeit-Odyssee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
Vom Netzwerk:
Rotjacken.
    Alexander jedoch war ein erfahrener Krieger, und während
er auf Frieden hoffte, bereitete er sich auf den Kampf vor. In
Babylon wurden Bisesa, Abdikadir und Casey, zusammen mit
Hauptmann Grove und einer Anzahl seiner Offiziere, zu einem
Kriegsrat zusammengerufen.
     
    So wie das Tor der Ischtar stand auch der Königspalast
von Babylon auf einer erhöhten Terrasse etwa fünfzehn
Meter über dem breiten Uferstreifen des Euphrat, und so
ragte er hoch über der Stadt und ihrer Umgebung auf.
    Der Palast raubte einem den Atem; aus Bisesas moderner Sicht
war er eine obszöne Zurschaustellung von Reichtum, Macht und
Unterdrückung. Wenn man sich auf das Zentrum des Komplexes
zubewegte, kam man durch Gärten, die tatsächlich auf den Dächern anderer Häuser angelegt waren.
Die Bäume darin sahen einigermaßen gesund aus, doch
das Gras war etwas gelblich, und die Blumen wirkten welk. Seit
der Diskontinuität waren die Gärten vernachlässigt
worden, aber der Palast war ein Symbol der Stadt und Alexanders
neuer Herrschaft, und dort herrschte rege Aktivität von
Dienern, die mit Gefäßen voll Speisen und frischem
Wasser in alle Richtungen rannten. Es waren keine Sklaven, erfuhr
Bisesa, sondern eine Auswahl früherer babylonischer
Würdenträger, die nach und nach aus dem Umland, wohin
sie sich geflüchtet hatten, zurückgeschlichen kamen. In
den Nachwehen der Diskontinuität hatten sie sich als
Feiglinge erwiesen, und nun wurden ihnen auf Alexanders
Geheiß die niedrigsten Arbeiten übertragen.
    Im Herzen des Palastkomplexes befand sich der Thronsaal des
Königs. Dieser Raum allein maß etwa fünfzig
Schritt in der Länge, und jede Wand war vom Boden bis zur
Decke mit verschiedenfarbigen glasierten Fliesen bedeckt, auf
denen Löwen, Drachen und stilisierte Lebensbäume zu
sehen waren. Das Grüppchen Neuzeitmenschen trat ein; ihre
Schritte hallten auf den Bodenkacheln, und sie alle waren
bestrebt, sich von der Großartigkeit dieser imposanten
Umgebung nicht völlig überwältigen zu lassen.
    In der Mitte des Raumes war ein Tisch aufgestellt, auf dem
sich ein riesiges Gipsmodell der Stadt, ihrer Mauern und des sie
umgebenden Landes befand. Es hatte einen Durchmesser von etwa
fünf Metern und enthielt jedes Detail in Originalfarbe, bis
hinunter zu den menschlichen Figuren in den Straßen und den
Ziegen auf den Feldern. Das richtige Wasser der
Spielzeugkanäle glitzerte im Licht.
    Bisesa und die Männer ließen sich auf den ihnen
zugewiesenen Sofas vor dem Tisch nieder, und Diener brachten
Getränke. Bisesa sagte: »Das war meine Idee. Ich fand,
ein Modell könnte anschaulicher wirken als eine Landkarte.
Ich hatte keine Ahnung, dass sie etwas in dieser
Größenordnung auf die Beine stellen würden
– und noch dazu in so kurzer Zeit!«
    »Was uns zeigt«, bemerkte Hauptmann Groves
nüchtern, »was man zu Stande bringen kann, wenn
menschlicher Geist und menschliche Muskelkraft in unbegrenzter
Menge zur Verfügung stehen.«
    Eumenes und seine Ratgeber betraten den Saal und nahmen ihre
Plätze ein. Was Bisesa ihm in allerhöchstem Maße
anrechnete, war sein fehlender Sinn für zeitraubendes
Protokoll; dafür war er einfach zu intelligent. Doch als
Mitglied von Alexanders Hofstaat konnte er nicht umhin, ein
gewisses Ausmaß an hohlen Gesten und Kriecherei zuzulassen,
und seine Ratgeber umflatterten ihn aufgeregt, während er
würdevoll auf seinem Sofa Platz nahm. Zu diesen Ratgebern
gehörte nunmehr auch de Morgan, der dazu übergegangen
war, sich in prächtige persische Gewänder zu
hüllen, wie auch andere Männer aus Alexanders Hofstaat.
Doch heute war sein Gesicht aufgedunsen und gerötet, und
unter seinen Augen lagen tiefe Schatten.
    »Cecil, mein Alter«, bemerkte Casey rüde,
»du siehst aus wie Scheiße, daran kann auch dein
schickes Cocktailkleid nichts ändern.«
    De Morgan grunzte missgelaunt. »Wenn Alexander und seine
Mazedonier ihre Orgien feiern, dann wirken die britischen Tommies
in den Bordellen von Lahore dagegen wie Schuljungen. Der
König schläft dann seinen Rausch aus, manchmal den
ganzen lieben Tag lang. Aber abends, wenn alles wieder
anfängt, ist er stets hellwach…« De Morgan
akzeptierte einen Becher Wein von einem Diener. »Und dieser
mazedonische Wein schmeckt wie Ziegenpisse. Nun ja, dem
geschenkten Gaul…« Er nahm einen langen Schluck und
schüttelte sich verhalten.
    Eumenes rief die Versammlung zur Ordnung.
    Hauptmann

Weitere Kostenlose Bücher