Die Zeit-Odyssee
herabbaumelnden
Lederdinger einfach mit ihren Schwertern entzwei.
Es brauchte einen tapferen Sowar, der auf eines der
stämmigen mazedonischen Pferde kletterte und unerfahren,
aber eindrucksvoll vorzeigte, wie erfolgreich er in der Lage war,
selbst ein ihm völlig unbekanntes Pferd zu beherrschen.
Danach – und mithilfe einigen Drucks von Seiten des
Königs – konnte das Training ernsthaft beginnen.
Doch auch ohne Steigbügel war die Reitkunst der
Mazedonier erstaunlich; der Reiter hielt sich an der Mähne
des Pferdes fest und dirigierte es ausschließlich mit den
Knien. Sogar auf diese Weise konnten die »Gefährten zu
Pferde« scharfe Schwenks vollführen und mit dem
Schwert kämpfen – eine Wendigkeit und
Anpassungsfähigkeit, die sie zur scharfen Klinge von
Alexanders Streitkräften machte. Und nun, mit den
Steigbügeln, war ihre Beweglichkeit enorm gesteigert; sie
konnten Stöße abfangen, indem sie sich mit den
Füßen in die Steigbügel stemmten, und auch
schwere Lanzen benutzen.
»Sie sind einfach fabelhaft«, sagte Abdikadir, als
er den Schwenk einer Keilformation von hundert Berittenen
beobachtete, die wie ein Mann über die Felder von Babylon
dahinjagten. »Es tut mir fast schon Leid, dass ich ihnen
die Steigbügel gegeben habe; ein, zwei Generationen, und
diese Art von Reitkunst wird vergessen sein.«
»Aber Pferde werden wir nach wie vor brauchen«,
murrte Casey. »Da kommt man doch ins Grübeln –
Pferde werden auch weiterhin das wichtigste Fortbewegungsmittel
für die nächsten dreiundzwanzig Jahrhunderte Krieg sein
– bis zum Ersten Weltkrieg, es ist nicht zu
fassen!«
»Vielleicht wird es hier anders sein«, sinnierte
Bisesa.
»Richtig, wir sind ja nicht mehr derselbe
übergeschnappte Haufen zankender, verhätschelter
Primaten, der wir vor der Diskontinuität waren! Und der
Umstand, dass wir fünf Minuten nach unserer Ankunft hier in
einen Krieg mit den Mongolen verwickelt sind, ist nichts als
dummer Zufall.« Er lachte auf und ging weg.
Grove richtete es ein, dass die Mazedonier erste Erfahrungen
mit dem Lärm von Schusswaffen machen konnten. In Gruppen von
etwa tausend Mann verfolgten sie, wie Grove oder Casey ein wenig
vom kostbaren Vorrat ihrer modernen Munition opferten –
eine Granate oder ein paar Schuss aus einer Martini oder
Kalaschnikow auf eine festgebundene Ziege. Bisesa hatte darauf
bestanden, dass diese Art von Vorbereitung unumgänglich war:
Sollten die Männer sich doch jetzt in die Hosen pinkeln,
Hauptsache, sie behielten die Nerven, wenn es gegen die Mongolen
ging – für den Fall, dass Sable ähnliche
Überraschungen im Ärmel ihres Raumanzugs versteckt
hielt!
Die Mazedonier hatten keine Schwierigkeiten, den Zweck von
Schusswaffen zu begreifen – das Töten aus einiger
Entfernung war ihnen durchaus vertraut, sie verwendeten dazu
Pfeil und Bogen. Aber als sie das erste Mal eine relativ harmlose
Blendgranate hochgehen sahen, stießen sie gellende Schreie
aus und rannten davon, ungeachtet der vorangegangenen flammenden
Reden ihrer Offiziere. Es wäre zum Lachen gewesen –
hätte es nicht Anlass zu einiger Besorgnis gegeben.
Mit Groves Unterstützung bestand Abdikadir darauf, dass
Bisesa nicht direkt an den Kampfhandlungen teilnehmen sollte;
eine Frau würde ganz besonders verwundbar sein – und
Grove benutzte tatsächlich die ehrwürdige Redensart
»ein Schicksal, schlimmer als der Tod«.
Also stürzte Bisesa sich mit ganzer Kraft auf ein anderes
Projekt: die Einrichtung eines Lazaretts.
Sie beschlagnahmte eines der kleinen Stadthäuser und
bestimmte Philipp, Alexanders Leibarzt, und den Stabsarzt der
Briten zu ihren Assistenten. Es herrschte bereits ein
drückender Mangel an medizinischen Vorräten, doch
Bisesa wollte das, was ihr an Material fehlte, so weit wie
möglich durch modernes Know-how wettmachen. Sie
experimentierte mit Wein als Antiseptikum und bestimmte gewisse
Punkte auf dem voraussichtlichen Schlachtfeld zu Aufnahmestellen
für die Verletzten; dann bildete sie Alexanders
bäuerlichkräftige, langbeinige Kundschafter paarweise
als Krankenträger aus. Sie versuchte, spezielle
Behandlungskästchen zusammenzustellen – einfache
Pakete mit medizinischer Ausrüstung für die
Grundversorgung der häufigsten Verwundungen, mit denen man
es zu tun haben würde – selbst Schusswunden. Dies war
eine britische Neueinführung während des
Falklandkrieges gewesen: So hatte man nach einer
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