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Die Zeit-Odyssee

Die Zeit-Odyssee

Titel: Die Zeit-Odyssee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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Erbrochenem, der
ihn umgab, und nahm ihn an den Schultern. »Ruddy, Mut auf
dem Schlachtfeld ist eine Sache, aber es gehört noch mehr
Mut dazu, seine inneren Dämonen zu überwinden, so wie
Sie es getan haben.«
    »Das werde ich mir so lange vorsagen, bis ich es
glaube«, antwortete er, aber seine Blässe begann zu
weichen.
    Obwohl Ruddy nun fähig war, den Anblick von Blut, Leiden
und Tod zu ertragen, war er immer noch bis ins Innerste ergriffen
von diesen Vorgängen – selbst vom Tod einer Ziege.
Beim Abendessen sagte er: »Was hat es nur mit dem Leben auf
sich, dass es uns so kostbar und dennoch so leicht
auszulöschen ist? Vielleicht hielt sich dieses armselige
Zicklein, das wir heute zuschanden geschossen haben, für den
Mittelpunkt des Universums. Und jetzt ist es weggepustet von
dieser Welt, vergänglich wie ein Tautropfen. Warum gibt uns
Gott etwas so Kostbares wie das Leben, wenn wir es mit aller
Brutalität in Stücke hacken?«
    »Aber jetzt«, wandte de Morgan ein, »ist es
nicht mehr nur Gott, den wir das fragen können. Wir
dürfen uns nicht mehr als die Krone der Schöpfung
betrachten, überragt nur noch von Gott selbst – denn
jetzt haben wir in unserer Welt auch diese Kreaturen, die Bisesa
in den allgegenwärtigen Augen vermutet, die vielleicht
tiefer als Gott stehen, aber jedenfalls höher als wir, so
wie wir höher stehen als die Zicklein, die wir schlachten.
Warum sollte Gott unsere Gebete erhören, wenn sie mit mächtigerer Stimme sprechen als
wir?«
    Ruddy sah ihn entrüstet an. »Das ist wieder typisch
für Sie, de Morgan! Ihre Mitmenschen
herabzusetzen!«
    De Morgan lachte nur.
    »Oder vielleicht gibt es gar keinen Gott nach der
Diskontinuität«, sagte Josh; er klang
ungewöhnlich kummervoll. »Was ich meine – diese
ganze Erfahrung seit der Diskontinuität ähnelt so sehr
einem bösen Traum, einem schrecklichen Fiebertraum! Bisesa,
Sie haben mir vom Aussterben ganzer Spezies in der Vergangenheit
erzählt. Sie sagen, dass dies zu meiner Zeit bereits bekannt
war, jedoch von den wenigsten akzeptiert wurde. Und Sie sagen
auch, dass sich in all den fossilen Zeugnissen, die bislang
gefunden wurden, keinerlei Hinweis auf einen wachen,
intelligenten Geist erkennen lässt – nichts, bis der
Mensch und seine unmittelbaren Vorläufer kamen. Nun, wenn
also wir selbst ausgelöscht werden sollten, dann wird es das
erste Mal sein, dass eine intelligente Spezies vom Aussterben
betroffen ist.« Er öffnete die Faust und betrachtete
seine Finger. »Abdikadir sagt, dass den Wissenschaftlern
des einundzwanzigsten Jahrhunderts zufolge der Geist mit dem
Aufbau des Universums eng verknüpft ist – dass auf
irgendeine Weise erst der Geist die Dinge real macht.«
    »Der Kollaps von Quantenfunktionen – ja. Kann
sein.«
    »Wenn das so ist und wenn unsere Art von Gehirnen
gerade ausgelöscht wird, dann wird vielleicht das die
Konsequenz sein. Man sagt, wenn man dem Tod ins Auge schaut, dann
zieht das ganze bisherige Leben blitzartig an einem vorbei;
vielleicht machen wir als ganze Rasse einen letzten seelischen
Schock durch, ehe wir der Finsternis weichen, und so steigen in
den letzten Momenten Fetzen unserer blutigen Geschichte brodelnd
an die Oberfläche… Und dann, wenn wir fallen,
zerschmettern wir damit vielleicht auch die Struktur von Zeit und
Raum…« Er sprach immer schneller, immer
aufgeregter.
    Ruddy lachte auf. »Dieses tiefgründige Spintisieren
passt gar nicht zu dir, Josh!«
    Bisesa streckte die Hand aus und griff nach Joshs Fingern.
»Seien Sie still, Ruddy. Und Sie hören mir zu, Josh.
Dies ist kein Todestraum. Ich bin der Meinung, dass die
Diskontinuität ein vorsätzlicher Akt war und diese
Augen Kunstprodukte sind. Aber ich bin auch der Meinung, dass ein
Verstand dahinter steckt – ein Verstand wie der unsere, nur
gewaltiger. Aber vergleichbar dem unseren.«
    »Doch die Wesen, die Ihrer Meinung nach hinter den Augen
stecken«, hielt de Morgan mit grimmiger Miene dagegen,
»können selbst Raum und Zeit durcheinander
würfeln. Wer vermöge dies sonst zu bewerkstelligen als
ein Gott?«
    »Also, ich denke nicht, dass es Götter sind«,
erklärte Bisesa. »Mächtig, ja. Mit
Fähigkeiten, die weit über die unseren hinausgehen.
Aber keine Götter.«
    »Wieso sind Sie sich da so sicher?«, fragte
Josh.
    »Weil sie kein Mitgefühl kennen«, sagte
Bisesa.
     
    Sie hatten eine Gnadenfrist von vier Tagen. Dann kehrten
Alexanders

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