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Die Zeit-Odyssee

Die Zeit-Odyssee

Titel: Die Zeit-Odyssee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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Mischung aus Wildpark und Naturschutzgebiet
gewesen, eingezäunt von unsichtbaren Barrieren aus
Elektrizität, um ihm Zeit zu geben, sich von den vielen
Jahrzehnten der Verschmutzung erholen zu können. Jetzt
hingegen war es wieder in unberührtem Zustand, und sie
erblickte Delfine und Wale. Einmal vermeinte sie, den
torpedoförmigen Körper eines riesigen Haies zu sehen,
der an Größe alles übertraf, was in ihrer Epoche
existiert hatte.
    Aber es war nie warm, und an manchen Morgen lag Frost in der
Luft. Mit jedem Jahr schien es ein wenig kälter zu werden,
aber es war schwer, das einigermaßen sicher festzustellen.
Bisesa wünschte, sie hätte daran gedacht, von Anfang an
Klimaaufzeichnungen zu führen. Doch trotz der Kälte
merkte sie, dass man die Sonne meiden musste. Die Briten hatten
es sich angewöhnt, den Kopf mit an den Ecken
verknüpften Taschentüchern zu bedecken, und selbst die
Mazedonier mit ihrer Haut, so braun wie Muskatnüsse,
schienen Sonnenbrand zu bekommen. Auf den königlichen Booten
wurden Baldachine aus festem Stoff aufgestellt, und Alexanders
Ärzte experimentierten mit Salben aus Eselsbutter und dem
Saft von Palmen, um die plötzlich so aggressiven Strahlen
der Sonne abzuhalten. Die Stürme der ersten Zeit nach der
Diskontinuität waren zwar schon lange vorbei, aber das Klima
spielte nach wie vor verrückt.
    Und auch nachts zeigten sich Merkwürdigkeiten. Unter
ihren nunmehr seitlich geschlossenen Baldachinen tranken
Alexander und seine Kumpane für gewöhnlich die ganzen
Nächte hindurch, Bisesa hingegen saß im stillen Dunkel
an Deck und verfolgte das Vorbeiziehen der Küste, an der
für gewöhnlich kein einziges Licht zu sehen war. Wenn
die Nacht klar war, betrachtete sie die leicht veränderten
Sternbilder am Himmel, und oft sah sie Nordlichter: riesige
Wände, Schleier und Trichter aus Licht –
dreidimensionale Gebilde, die sich über die verfinsterte
Welt erhoben. Bisesa hatte noch nie von Nordlichtern in diesen
Breiten gehört, und sie hatte ein unbehagliches Gefühl
bei dem Gedanken, es könnte sich dabei um ein böses
Vorzeichen handeln; die Diskontinuität war schließlich
keine oberflächliche Erscheinung und mochte tief in das
Gefüge der Welt eingeschnitten haben.
    Manchmal setzte Josh sich zu ihr. Und manchmal, wenn die
Mazedonier ruhig waren, suchten sie sich einen dunklen Winkel und
liebten sich dort. Oder sie lagen einfach nur eng umschlungen
da.
    Doch zumeist blieb Bisesa bewusst für sich. Mittlerweile
vermutete sie, dass ihre Freunde Recht gehabt hatten und dass sie
gefährlich nahe daran gewesen war, sich völlig im Auge
des Marduk zu verlieren. Sie musste erneut Fuß fassen, sich
wieder verankern in der Welt, und selbst Josh stellte eine
Ablenkung von diesem Vorhaben dar. Aber sie wusste, sie tat ihm
weh – wieder einmal.
     
    Der angebliche Zweck der Reise war es ja, einen Überblick
über diese neue Welt zu bekommen, und so sandte Alexander
alle paar Tage Erkundungstrupps auf das Festland. Er hatte eine
kleine Mannschaft aus Iranern, Kolonialgriechen und
landwirtschaftlich Kundigen für diese Aufgaben
zusammengestellt: höchst wendige, flexible Männer, die
von Initiative und Wagemut nur so übersprudelten. Jedem
Trupp wurden einige Briten zugeteilt, und alle Streifzüge
waren begleitet von Landvermessern und Kartenzeichnern.
    Die ersten Meldungen klangen jedoch entmutigend. Von Anfang an
berichteten die Kundschafter von wahren Wundern –
sonderbaren Felsformationen, Inseln mit
außergewöhnlicher Vegetation und noch
außergewöhnlicheren Tieren –, doch alle diese
Wunder waren Werke der Natur; von den Werken der Menschen hatte
sich kaum eine Spur erhalten. Die uralte ägyptische
Zivilisation beispielsweise hatte sich in Luft aufgelöst;
die großen Blöcke ihrer Monumentalbauten waren noch
nicht aus ihren Sandsteinbetten geschnitten, und auch im Tal der
Könige gab es keinerlei Anzeichen für etwas, das mit
der Existenz von Menschen in Zusammenhang gebracht werden konnte
– wenn man von einigen jener scheuen
schimpansenähnlichen Geschöpfe absah, die von den
Briten »Affenmenschen« genannt wurden und sich aus
den noch vorhandenen Bruchstücken von Waldland nicht
hinauswagten in die Savanne.
    Es war eine wohltuende Abwechslung, die Küste von
Judäa entlangzusegeln. Von Nazareth und Bethlehem gab es
keine Spur – und auch nicht von Christus und seiner
Passion. Doch nahe dem Areal, das

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