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Die Zeit-Odyssee

Die Zeit-Odyssee

Titel: Die Zeit-Odyssee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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das Gesicht und sah zum Mond. »Oh!
Clavius ist verschwunden!«
    In einer Sekunde war Josh an ihrer Seite.
»Clavius?«
    »Die Mondbasis Clavius.« Sie zeigte nach oben.
»Errichtet in einem riesigen alten Krater im südlichen
Hochland.«
    Josh starrte sie an. »Ihr habt Städte auf dem
Mond?«
    Sie lächelte. »Ich würde es nicht Stadt
nennen. Aber man kann ihr Licht sehen, das einzige im dunklen
Teil des abnehmenden Mondes. Jetzt ist es verschwunden. Und das
dort oben ist nicht einmal mein Mond…!
Außerdem ist eine Besatzung auf dem Mars und eine zweite
unterwegs – zumindest waren sie das. Ich frage mich, was
aus ihnen geworden ist…«
    Ein angewidertes Grunzen ertönte aus dem
Schützenloch, wo einer der Soldaten auf dem Boden
herumgewühlt hatte. Jetzt tauchte er mit etwas auf, das
aussah wie ein Stück Fleisch, von dem immer noch blutige
Flüssigkeit tropfte; ein widerlicher Geruch ging davon
aus.
    »Ein menschlicher Arm«, stellte Ruddy sachlich
fest. Dann drehte er sich um und übergab sich.
    »Für mich sieht das aus wie das Werk einer
großen Katze«, meinte Josh. »Mir scheint,
demjenigen, der euch angegriffen hat, war nicht viel Zeit
vergönnt, seinen Triumph auszukosten.«
    »Ich nehme an, er war ebenso verwirrt wie wir«,
sagte Bisesa.
    »Vermutlich. Ich möchte mich für Ruddy
entschuldigen. Sein Magen ist einfach zu schwach für einen
solchen Anblick.«
    »Ja. Und so wird es auch immer bleiben.«
    Josh sah sie prüfend an; ihre Augen spiegelten das
Mondlicht wider, und ihre Miene war undurchdringlich. »Was
wollen Sie damit sagen?«
    »Er hatte Recht, vorhin. Ich weiß
tatsächlich, wer er ist.« Sie sah Ruddy an. »Sie
sind Rudyard Kipling, nicht wahr? Rudyard Kipling! Menschenskind,
was für ein Tag!«
    Ruddy antwortete nicht. Er stand würgend vornüber
gebeugt, und Galle troff ihm vom Kinn.
    In diesem Moment erzitterte die Erde, heftig genug, um rundum
kleine Staubwolken aufzuwirbeln, was aussah, als würden die
Schritte eines unsichtbaren Wanderers sichtbare Spuren
hinterlassen. Und aus den dicken schwarzen Wolken, die vor dem
leeren Gesicht des Mondes vorbeirasten, begann Regen vom Himmel
zu fallen.



 
{ 10 }
GEOMETRIE
     
     
    Der erste Morgen war für Bisesa der schlimmste. Sie nahm
an, dass so etwas wie eine Kombination von Adrenalin und Schock
sie den Tag der »Diskontinuität«, wie die drei
es sehr bald nennen sollten, auf Trab gehalten hatte. Doch nachts
in dem Zimmer, das den Neuankömmlingen von Grove zugewiesen
worden war – einem hastig ausgeräumten Lagerraum
–, hatte Bisesa auf der dünnen Rosshaarmatratze
schlecht geschlafen. Und am Morgen, als sie widerstrebend
aufwachte und draufkam, dass sie immer noch hier war, war
sie nach dem Absturz aus ihrem Adrenalinhoch in tiefster
Verzweiflung gelandet. Am zweiten Abend, als sie den Schlaf schon
dringend nötig hatte, knackte sie auf Abdis Drängen hin
ihre Notfallvorräte, steckte sich Stöpsel in die Ohren,
setzte die Schlafbrille auf und schluckte eine Halcion-Tablette
– von Casey »blauer Bomber« genannt -;
daraufhin schlief sie zehn Stunden ohne Unterbrechung.
    Doch die Tage vergingen, und Bisesa, Abdikadir und Casey
steckten weiterhin in Fort Jamrud fest. Auf keiner der
militärischen Wellenlängen bekamen sie Kontakt nach
draußen, Bisesas Telefon murrte leise über das
anhaltende Gefühl von Isolation, kein Such- und Rettungsteam
kam als Reaktion auf ihre geduldig piepsenden Peilsender vom
UNO-Stützpunkt angeflattert – und es gab keinen
Krankentransport für Casey. Nicht ein einziger
Kondensstreifen war am Himmel zu sehen – nicht einer.
    Die meiste Zeit über dachte Bisesa an ihre Tochter Myra
und daran, wie sehr sie ihr fehlte. Aber sie wollte diese
Gefühle gar nicht recht wahrhaben, denn ihr war, als
würde auf diese Weise ihre Trennung von Myra erst wirklich
zur Realität. Sie wünschte sich inständig, etwas
zu tun zu haben – alles, um von diesen Gedanken
wegzukommen.
    Mittlerweile ging das Leben weiter.
    Nach den ersten beiden Tagen, als auf der Hand lag, dass die
Besatzung des mechanischen Vogels keine feindlichen Absichten
hegte, wurde die strenge militärische Bewachung der drei ein
wenig gelockert, obwohl Bisesa Hauptmann Grove für zu
erfahren und zu argwöhnisch hielt, um nicht auch weiterhin
ein wachsames Auge auf die Neuankömmlinge zu haben. Es war
ihnen jedenfalls streng verboten, sich ihrem kleinen Vorrat an
Pistolen,

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