Die Zeit-Odyssee
Horizont dicke schwarze
Wolkenberge auftürmten.
Er trat neben Bisesa. »Wenn es wirklich stimmen
sollte…«
»Was?«
»Diese Sache mit dem Hinübergleiten in eine falsche
Zeit, das Ihnen und den Affenmenschen widerfahren wäre
– wie, denken Sie, könnte das geschehen
sein?«
»Ich habe keine Ahnung. Und ich weiß auch nicht,
ob ich lieber eine Gestrandete in einer anderen Zeit oder das
Opfer eines Atomkrieges sein möchte. Außerdem«,
fügte sie schroff hinzu, »wie wollen wir wissen, dass
nicht ihr die Gestrandeten in einer falschen Zeit
seid?«
Josh sank mit einem Mal der Mut. »Daran habe ich noch
gar nicht gedacht. Wissen Sie, im Grunde kann ich kaum glauben,
dass ich tatsächlich dieses Gespräch führe!
Hätten Sie mir heute Morgen eröffnet, dass ich heute,
noch ehe ich mich zu Bett begebe, eine fliegende Maschine
erblicken sollte, die stark genug ist, um Menschen zu
befördern – und dass diese Menschen glaubwürdig
behaupten würden, aus einer Zeit zu kommen, die eineinhalb
Jahrhunderte in der Zukunft liegt – tja, dann hätte
ich Sie wohl für geistesgestört gehalten!«
»Aber wenn es stimmt«, sagte Ruddy
hartnäckig, während er keuchend neben den beiden
herlief – etwas verweichlicht, kam er leicht außer
Atem –, »wenn es stimmt, dann gibt es so viel, was
Sie wissen, so viel, was Sie uns berichten können! Denn
unsere Zukunft ist ja Ihre Vergangenheit!«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich habe zu viele Filme
gesehen. Haben Sie noch nie von der Wahrung des chronologischen
Zeitablaufes gehört?«
Josh war perplex; Ruddy auch.
Bisesa fuhr fort: »Ich nehme an, Sie wissen nicht
einmal, was ein Film ist – von Terminator gar nicht
zu reden… Also: Manche Leute denken, dass es eine
gewaltige Katastrophe auslösen könnte, wenn man in der
Zeit zurückginge und etwas so veränderte, dass die
Zukunft, aus der man stammt, nicht mehr existiert.«
»Das verstehe ich nicht«, gestand Josh.
»Stellen Sie sich vor, ich würde Ihnen sagen, wo
meine Urururgroßmutter jetzt, im Jahr 1885, lebt. Sie
reisen hin und erschienen sie.«
»Warum sollte ich das tun?«
»Nebensächlich. Aber würden Sie es tun,
wäre ich nie geboren worden und könnte nicht
zurückkommen, um Ihnen von meiner Urururgroßmutter zu
erzählen, und Sie würden sie nie erschießen. In
diesem Fall…«
»Das ist ein logisches Paradoxon«, hauchte Ruddy.
»Wie vergnüglich…! Aber wenn wir Ihnen
versprechen, Ihrer Großmutter nichts zu Leide zu tun,
können Sie dann etwas von uns erzählen?«
»Wie sollte sie denn je von uns gehört haben,
Ruddy!«, spöttelte Josh.
Ruddy legte die Stirn in Falten. »Also irgendwie habe
ich das Gefühl, dass sie tatsächlich von uns
gehört hat – von mir jedenfalls. Ein Mann
spürt, wenn man ihn erkennt!«
Aber Bisesa wollte nichts mehr dazu sagen.
Mit dem Vergehen des letzten Tageslichts und als sich die
Sterne über ihnen in der Unendlichkeit darboten, rückte
die kleine Gruppe enger zusammen; die lebhaften Scherze der
Soldaten klangen gedämpfter, und die Laternen wurden
höher gehalten. Sie marschierten ins Ungewisse, dachte Josh.
Nicht allein, dass sie nicht wussten, wer da draußen
lauerte oder wo – sie konnten nicht einmal sicher
sein, wann, zu welcher Zeit, sie sich dort einfinden
würden… Er dachte erst, sie alle wären ein wenig
erleichtert, als sie einen niedrigen Hügel hinter sich
ließen und der aufgehende Mond ein kaltes Licht über
die Steinwüste legte; aber die Luft fühlte sich seltsam
unruhig, ja turbulent an, und der Mond hatte eine sonderbar
orange Farbe.
»Da!«, stieß Bisesa plötzlich hervor.
Sie war vor einer tiefen Furche im Boden stehen geblieben. Als er
näher kam, sah Josh, dass das Erdreich feucht war, wie
frisch ausgehoben.
»Das ist ein Schützengraben«, stellte Ruddy
fest. Er hüpfte hinab in das Loch und hielt ein Stück
Metall hoch, das aussah wie der abgebrochene Teil eines
Abflussrohres. »Und ist dies hier die grässliche
Waffe, die Sie vom Himmel geschossen hat?«
»Das ist der Raketenwerfer, ja.« Sie blickte nach
Osten. »Dort war ein Dorf, hundert Meter entfernt von hier,
nicht weiter.« Die Soldaten hielten die Laternen hoch;
keine Spur von einem Dorf, nichts als steiniges Flachland, das
sich bis an den Horizont erstreckte. »Vielleicht ist hier
eine Grenze«, hauchte Bisesa, »eine Bruchstelle in
der Zeit! Was für ein Gedanke… Was geschieht nur mit
uns?« Sie hob
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