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Die Zeit-Odyssee

Die Zeit-Odyssee

Titel: Die Zeit-Odyssee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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nennen.«
    Sable lachte schallend auf. »Du willst einen Planeten
nach einer uralten russischen Raumstation nennen?«
    »Ich verstehe, was er meint«, schaltete Kolja sich
ein. »In unserer Sprache kann das Wort ›Mir‹
sowohl ›Welt‹ als auch ›Frieden‹
heißen.«
    »Also uns hier unten gefällt die Idee nicht
schlecht«, meinte Casey.
    »Schön, dann ›Mir‹«, sagte
Musa.
    Sable zuckte die Achseln. »Ist doch völlig
egal«, stellte sie sarkastisch fest. »Dann hast
du’s also fertig gebracht, einen Planeten zu taufen. Aber
was zählt schon ein Name?«
    »Wisst ihr«, murmelte Kolja, »ich frage mich
manchmal, wo wir drei jetzt wären, würden wir nicht
hier zusammen festsitzen – in genau diesem Stückchen
Himmel, in dieser Minute.«
    »Zu viel geistreicher Quatsch für ’nen
simplen Kerl wie mich«, erklärte Casey. »Hab
genug damit zu tun… Regen nicht in… Latschen
fließt…«
    Musa warf einen raschen Blick auf Kolja. »Dein Signal
bricht ab«, sagte er zu Casey.
    »Ja… gleichfalls…
verliere…«
    »Also, adieu für den Moment,
Casey…«
    »… keine Rückkehr sein…
Begrüßung… neuen Heimat…
Willkommen… Mir…«
    Der Kontakt brach ab.

 
{ 15 }
DIE NEUE WELT
     
     
    Kurz nach dem Morgengrauen machten sich Bisesa und Abdikadir
auf den Weg zum Hubschrauber. Der Regen dauerte unvermindert an
und tüpfelte den aufgeweichten Exerzierplatz mit winzigen
Kratern. Abdikadir schob sich kurz die Kapuze des Umhangs in den
Nacken, hob das Gesicht in den Regen und fuhr sich mit der Zunge
über die Lippen. »Salzig«, stellte er fest. »Gewaltige Stürme, da draußen.«
    An einer Seite des Helikopters hatte man eine Plane
aufgespannt, doch auch unter dem Zeltstoff waren Casey und die
Briten trotz allem so mit Schlamm bespritzt, dass es aussah, als
wären sie aus Lehm geformt. Dessen ungeachtet trug Cecil de
Morgan seinen gewohnten Anzug und wirkte adrett wie immer, wenn
man von ein paar Dreckspritzern absah. Bisesa würde den Mann
nie mögen, aber sie bewunderte es, wie hartnäckig er
der Natur die Stirn bot.
    Hauptmann Grove hatte Casey um Meldung gebeten, was die
bisherigen Erkenntnisse betraf. Also war Casey darangegangen, auf
eine Krücke gestützt mit Kreide die Skizze einer
Weltkarte in Mercatorprojektion mit geradlinigem Raster auf den
Rumpf des Hubschraubers zu zeichnen. Auf dem hölzernen
Klappstuhl davor lehnte ein flexibler Bildschirm.
    »Okay«, sagte Casey knapp, »damit wir erst
mal eine ungefähre Vorstellung bekommen.« Das Dutzend
Offiziere und Zivilisten, das sich im unzureichenden Schutz des
Zeltdaches befand, drängte näher an Casey heran, als
die Bilder einer veränderten Welt über den Bildschirm
huschten.
    Die Umrisse der Kontinente waren allen noch wohl bekannt; doch
innerhalb der Küstenlinien vermittelte das Land den Eindruck
einer Laubsägearbeit aus unregelmäßigen Teilen in
braunstichigem Grün neben graugelbem Weiß, was zeigte,
dass die rätselhafte Fragmentierung der Zeit auf dem ganzen
Planeten erfolgt war.
    Nur wenige Menschen schienen die Diskontinuität
überstanden zu haben. Auf der Nachtseite der Erde herrschte
fast völlige Finsternis, die nur von spärlichen, weit
verstreuten und sichtlich von Menschenhand stammenden Feuern
unterbrochen wurde.
    Und dann das Wetter: Gewaltige Sturmfronten brodelten aus den
Ozeanen, von den Polen weg oder entstanden inmitten der
Kontinente, und riesige, von Blitzen durchzuckte Sturmwolken
überzogen ganze Erdteile von Küste zu Küste. Ein
Netz verästelter grau-violetter Feuerwerke.
    Casey klopfte mit dem Finger auf die Weltkarte. »Wir
sind der Meinung, dass wir es hier mit Landmassen zu tun haben,
die an manchen Stellen durch dieselben Segmente aus einem anderen
Erdzeitalter ersetzt wurden. Aber soweit wir feststellen
können – wobei zu berücksichtigen ist, dass die
Sojus klarerweise für diese Aufgabe nicht wirklich
ausgerüstet war –, gibt es nur eine leichte Abweichung
in der globalen Position der Landmassen. Das liefert uns
zeitliche Grenzen, auch wenn die geringen Verschiebungen, die
tatsächlich existieren, ausreichen können, um
später vulkanische Aktivitäten
auszulösen.«
    Ruddy hatte schon die Hand erhoben. »Selbstredend haben
sich die Landmassen nicht ›verschoben‹, wie Sie es
nennen. Warum sollten sie das tun?«
    »Für euch«, knurrte Casey, »ist Alfred
Wegener ein fünfjähriger Bengel. Tektonische Platten.

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