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Die Zeit-Odyssee

Die Zeit-Odyssee

Titel: Die Zeit-Odyssee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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sahen…
    Eumenes trat auf sie zu und ging dann um sie herum, wobei er
das Gewebe ihrer Kleider prüfend befingerte. Als seine Hand
am Griff der Pistole, die sie hinten im Gürtel stecken
hatte, hängen blieb, erstarrte sie, aber sie hatte
Glück, und er beachtete die Waffe nicht weiter.
»Nichts an dir erscheint mir auch nur einigermaßen
vertraut.«
    »Aber es ist jetzt alles verändert.« Sie
zeigte zum Himmel. »Ihr müsst es auch gesehen haben.
Die Sonne, das Wetter. Nichts ist mehr so, wie es immer war. Wir
wurden gegen unseren Willen und ohne den Grund dafür zu
verstehen auf eine Reise geschickt. Genau wie ihr. Und doch
wurden wir zusammengebracht. Vielleicht können wir…
einander helfen.«
    Eumenes lächelte. »Mit der Armee eines
Gott-Königs ziehe ich seit sechs Jahren durch Unbekanntes,
und alles, was sich uns entgegenstellte, haben wir erobert. Welch
unbekannte Macht auch immer die Welt aufgewühlt hat –
ich bezweifle, dass sie uns Angst einjagen
kann…!«
    Ein Schrei erhob sich und rauschte über das Heerlager
hin. Leute rannten zum Fluss, tausende, die sich gemeinsam in
Bewegung setzten, als würde plötzlicher Wind über
ein Gräserfeld streichen. Ein Bote stürzte auf Eumenes
und Hephaistion zu und sprudelte seine Nachricht hervor.
    »Was ist los?«, fragte Bisesa de Morgan.
    »Er kommt«, sagte der Händler. »Er
kommt endlich.«
    »Wer?«
    »Der König…«
     
    Eine kleine Flottille kam den Fluss herab. In der Hauptsache
bestand sie aus breiten, flachen Kähnen und herrlichen
Triremen mit purpurnen Segeln, die sich im Wind bauschten. Doch
das Boot am Kopfende der Flottille war kleiner und ohne Segel; es
wurde von fünfzehn Ruderpaaren voranbewegt. An seinem Heck
befand sich ein Baldachin, mit Purpur und Silber bestickt. Als
sich das Boot der Anlegestelle des Lagers näherte, wurde der
Baldachin zurückgezogen, und darunter war ein Mann zu sehen,
der, umgeben von Dienern, auf einer Art goldfarbenem Sofa
lag.
    Ein Murmeln durchlief die gaffende Menge. Bisesa und de
Morgan, die von allen außer ihren eigenen Bewachern
plötzlich vergessen waren, drängten sich mit allen
anderen zum flachen Ufer des Flusses. »Worüber reden
sie jetzt?«, fragte Bisesa de Morgan.
    »Dass es eine List ist«, sagte er. »Dass der
König tot ist, und dies wäre nur sein Leichnam, den man
zur Bestattung zurückbringt.«
    Das Boot legte an. Auf Hephaistions Kommando war sofort ein
Trüppchen Soldaten mit einer Trage zur Stelle, aber zum
allgemeinen Erstaunen regte sich die Gestalt auf der Liege an
Bord des Bootes. Mit einer Handbewegung schickte der Mann die
Träger zusammen mit der Trage weg und erhob sich, sichtlich
unter Schmerzen, langsam und mithilfe seiner Diener von der
Liegestatt. Die Menge am Ufer verfolgte schweigend die qualvollen
Anstrengungen des Mannes. Er war in eine langärmelige Tunika
und einen purpurfarbenen Umhang gekleidet, unter dem er einen
schweren Harnisch trug. Der Umhang war mit Gold verziert und
umrandet und die Tunika reich bestickt mit Figuren und
Sonnenmustern.
    Der Mann war so klein und stämmig wie die meisten der
Mazedonier; er trug sein braunes Haar in der Mitte gescheitelt
und nach hinten gekämmt und so lang, dass es ihm bis auf die
Schultern reichte. Sein glatt rasiertes, breites Gesicht war zwar
wettergegerbt und gerötet, doch seine Züge wirkten
kraftvoll und recht anziehend. Sein Blick war fest und
durchdringend, als er der Menge am Ufer entgegenstarrte; er hielt
den Kopf dabei merkwürdig schräg, ein wenig nach links
geneigt, sodass die Augen etwas nach oben gerichtet waren und
sein Mund leicht offen stand.
    »Er sieht aus wie ein Rockstar«, flüsterte
Bisesa vor sich hin. »Und den Kopf hält er wie
Prinzessin Diana. Kein Wunder, dass sie ihn
lieben…«
    Wiederum durchlief ein aufgeregtes Murmeln die
Versammlung.
    »Er ist es!«, raunte de Morgan Bisesa zu.
»Das ist es, was sie sagen.«
    Bisesa warf ihm einen Seitenblick zu und war erstaunt, als sie
sah, dass ihm Tränen in den Augen standen. »Er ist
es! Es ist Alexander! Bei Gott, er ist es
tatsächlich!«
    Der Jubel erhob sich und breitete sich aus wie Feuer über
trockenem Gras; die Männer schüttelten die
hochgereckten Fäuste und schwenkten ihre Speere und
Schwerter. Dann flogen Blumen durch die Luft, und ein sanfter
Regen aus Blütenblättern fiel auf das Boot.

 
{ 20 }
DIE STADT DER ZELTE
     
     
    Zwei Tage nach seinem Aufbruch kehrte der

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