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Die Zeit-Odyssee

Die Zeit-Odyssee

Titel: Die Zeit-Odyssee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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Mädchen ist irgendwie zwischen die beiden geraten,
vielleicht hat sie gehofft, einen gegen den anderen ausspielen zu
können.« Er rieb sich seine lange Nase. »Wer ist
dieses Mädchen eigentlich?«
    Eine gute Frage. Es war Angehörigen irgendeines
unterworfenen, aufsässigen Volkes nicht ganz unmöglich,
sich in der Kommandostruktur der königlichen Armee
hochzuarbeiten, und dort beträchtlichen Schaden anzurichten.
Eumenes kramte in seinen Schriftrollen.
    Doch bevor er noch die Antwort finden konnte, stürzte
Hephaistions Türsteher herein. »Herr! Ihr müsst
kommen… Was für komische Dinge… Was für
komische Leute…!«
    »Nachricht vom König?«, schnauzte Hephaistion
ihn an.
    »Ich weiß nicht, Herr! Kommt, oh, bitte kommt
schon!«
    Hephaistion und Eumenes wechselten einen kurzen Blick. Dann
sprangen sie auf, wobei sie den Tisch mit den Schriftrollen
umwarfen, und eilten hinaus. Unterwegs schnappte Hephaistion sich
sein Schwert.
     
    Bisesa und de Morgan wurden zu einer Gruppe prächtigerer
Zelte gebracht, die nichtsdestoweniger ebenso schlammbespritzt
waren wie der bescheidenere Rest. Finster dreinblickende Wachen,
bewaffnet mit Speeren und Kurzschwertern, standen vor dem
Zeltbereich und starrten ihnen entgegen. Bisesas Begleiter trat
vor und begann in seinem ratternden Griechisch auf die
Wachtposten einzureden. Einer von ihnen nickte kurz, betrat das
erste Zelt und sprach mit jemandem im Innern.
    De Morgan wirkte angespannt, nervös, aufgeregt –
ein Zustand, das wusste Bisesa mittlerweile, in den er stets dann
geriet, wenn ein Duft nach guten Geschäften in der Luft lag.
Sie gab sich Mühe, ruhig zu bleiben.
    Zahlreiche weitere Wachen in etwas anderen Uniformen
strömten aus dem Zelt. Sie umringten Bisesa und die
übrigen mit Schwertern, deren Spitzen auf die Bäuche
der Neuankömmlinge zeigten. Dann kamen zwei sichtlich
höherrangige Männer aus dem Zelt, deren Tuniken und
Umhänge zwar militärisch aussahen, aber absolut sauber
waren. Einer dieser beiden, der jüngere, schob die Wachen
beiseite und trat auf Bisesa zu. Er hatte ein breites Gesicht,
kurzes dunkles Haar und eine lange Nase. Er betrachtete die
Fremdlinge einzeln von oben bis unten und starrte in ihre
Gesichter hinauf; genau wie seine Soldaten war auch er kleiner
als die modernen Menschen. Er wirkte auf Bisesa verkrampft und
unglücklich, aber seine Körpersprache war so
fremdartig, dass es schwer fiel, sie zu interpretieren.
    Nun stand er vor de Morgan und schrie ihm etwas ins Gesicht.
De Morgan fuhr zurück, zuckte unter dem Spuckeregen zusammen
und stammelte eine Antwort.
    »Was will er?«, zischte Bisesa.
    De Morgan runzelte die Stirn und konzentrierte sich auf das,
was er hörte. »Er will wissen, wer wir sind…
glaube ich. Starker Akzent. Sein Name ist Hephaistion.« Er
wandte sich zu Bisesa. »Sagte ihm schon, er solle langsamer
reden. Sagte, mein Griechisch sei dürftig – was
stimmt. Der Plunder, den nachzuplappern man mir in Winchester
beigebracht hat, hatte kaum Ähnlichkeit mit dem hier!«
    Nun trat der andere Hochrangige an die Seite des
jüngeren. Er war deutlich älter, mit Ausnahme eines
silbergrauen Haarkranzes kahlköpfig, und er hatte schmalere,
weichere Gesichtszüge – und klügere, fand Bisesa.
Er legte Hephaistion die Hand auf die Schulter und sprach in
zurückhaltenderem Tempo und Tonfall zu de Morgan.
    De Morgans Miene erhellte sich augenblicklich. »Dem
Himmel sei Dank! Ein echter Grieche!« Und zu Bisesa
gewandt: »Das Idiom ist archaisch, aber wenigstens spricht
er einwandfrei, im Gegensatz zu diesen
Mazedoniern…«
    Und so war Bisesa mittels einer doppelten Übersetzung
durch de Morgan und den älteren der beiden Männer,
welcher Eumenes hieß, in der Lage, sich verständlich
zu machen. Sie gab die Namen ihrer Gruppe an und zeigte das Tal
des Indus hinauf. »Wir gehören zu einem
Armeekommando«, sagte sie, »weit oben
flussaufwärts…«
    »Wenn das stimmt, hätten wir schon früher auf
euch treffen müssen«, unterbrach Eumenes sie
ärgerlich.
    Bisesa wusste nicht, was sie sagen sollte. Nichts in ihrem
Leben hatte sie auf ein Zusammentreffen wie dieses vorbereitet. Alles war fremdartig, alles an diesen Geschöpfen aus
der Tiefe der Geschichte. Sie waren klein, schmierig, voll
animalischer Kraft und beeindruckend muskulös –
irgendwie schienen sie Tieren näher zu stehen als Menschen.
Bisesa fragte sich, wie diese Leute wohl sie

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