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Die Zeitbestie

Titel: Die Zeitbestie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Asher Neal
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Adern zurück, die sich durch den schwarzen Panzer des Wesens zogen.
    Cowl, denke ich mir.
    Zu unheimlich, viel zu unheimlich, dachte Polly.
    Cowl packte sie, schloss eine lange Hand um ihren Oberschenkel und zerrte sie aus dem Wrack des Käfigs. Wie sie da kopfunter in Cowls Griff baumelte, schoss ihr das Blut in den Schädel, und die Welt verschwamm ihr in rhythmischen Schüben immer wieder vor den Augen. Aber sie sah, wie Cowl das leere Gesicht schief legte, während er sie inspizierte, als hielte er da einen interessanten Käfer. Mit einem Schwung der freien Hand riss er ihr dann den Überzieher herunter, streifte ihn ihr über den Kopf und von den Armen. Dann packte er ihren rudernden Arm, schloss lange Finger zweifach um den Torus. Polly spürte, wie das Netz in ihr ruckte, und Grauen erfüllte sie, als es sich zurückzog, aus ihr verschwand – und dabei seine Elemente einrollte wie ein Oktopus seine Tentakel, wenn er in kochendes Wasser geworfen wurde. Dann ließ Cowl ihr Bein los, und sie stürzte und wurde schmerzhaft am Arm gehalten, baumelte jetzt nur noch am Torus. Cowl griff nach ihrem Ellbogen und zog den Torus näher ans leere Gesicht, um ihn zu inspizieren. Es schien, als wäre die eigentliche Polly für ihn völlig ohne Belang – ein Stück Abfall, das am eigentlichen Zentrum seines Interesses baumelte. Mit jetzt ganz verschwommenem Blick sah sie, wie er den Rand des Torus mit einem scharfen Finger sondierte und dann darunter grub. Polly heulte auf.
    Der Torus lockerte sich, schälte sich ab, und Pollys Hand glitt daraus hervor wie eine aus der Schale herausgeholte Molluske. Sie fiel auf die Füße und wurde für einen Augenblick bewusstlos. Als sie wieder zu sich kam, fand sie sich auf der Seite liegend wieder, die Arme vor sich ausgestreckt. Der Arm, von dem der Torus gerissen worden war, bildete eine gehäutete Schweinerei aus Sehnen und freiliegenden Muskeln.
    Du musst verschwinden, Polly! Du musst fliehen!
    Leicht erteilter Rat von jemandem, der wahrscheinlich vergessen hatte, wie das war, wenn es mit den Kräften zu Ende ging. Polly sah aus ihrer Stellung Cowl dahocken, die Knie weit über den Kopf aufragend, während seine langen Finger an der Innenseite des Torus entlangstrichen, ehe er das Ding unvermittelt wegschleuderte, sodass es über den Boden rutschte. Polly atmete schwer unter Schmerzen, die einfach nicht abklingen wollten, und wurde sich dabei doch unterschwellig der Umgebung bewusst – gebogene Wände aus geripptem Metall, in die geheimnisvolle Elektronik eingearbeitet war, anscheinend aus anderen bunten Metallen und polierten Kristallen zusammengesetzt. Von oben fiel gelbes Licht durch ein rundes Oberlicht, während rings um die Wände angeordnete Türen den Blick auf ein glänzendes Chaos dahinter freigaben. Neben Polly fiel am Fuß eines Gefälles ein darmähnlicher Tunnel in die Dunkelheit ab, und der weggeworfene Torus war dort hineingestürzt. Der Schwerpunkt von Pollys Aufmerksamkeit galt jedoch weiterhin Cowl, der sich jetzt auf eine Art und Weise aufrichtete, die abrupt und fließend zugleich wirkte. Der Mann – die Kreatur? – traf Anstalten davonzugehen, drehte sich dann aber doch wieder um und kam auf Polly zu. Das war es – er würde sie umbringen.
    Wie sich zeigte, war das jedoch überhaupt nicht seine Absicht. Fast ungeduldig packte er sie am Schienbein. Mit einer durchgängigen Bewegung wandte er sich zum Gehen und schleuderte gleichzeitig Polly wie einen Sack Abfall zur schwarzen Mündung des Tunnels hinüber.
    Polly schrie, während sie einen reibungsfreien Hang hinabrutschte. Sie ruderte mit dem unverletzten Arm, um an der Seite Halt zu finden, aber die Hand rutschte von einer Metallfläche ab, die sich wie Schleim anfühlte, und weiter ging es in rasendem Tempo abwärts. Während des kurzen Sturzflugs, der nun folgte, rollte sie sich schützend um den verletzten Arm zusammen. Dann schoss sie hinaus in gelbes Tageslicht, schlug auf einem Sims auf, an den sie sich kurz klammerte, sah dort Skelette und verwesende Leichen liegen, schrie auf und ließ los. Sie stürzte in kaltes Salzwasser und ging unter. Noch immer brachte sie einen Rest Kampfgeist auf, mühte sich mit matten Bewegungen, wieder an die Oberfläche zu steigen, während der gehäutete Arm im Salzwasser brannte. Aber in ihrer Schwäche und Verwirrung atmete sie ein, und das betäubende Wasser drang ihr in die Lungen und stoppte ihre Bemühungen wie ein Schlag in den Leib.
    Polly, es tut mir

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