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Die Zeitreisenden in Callahans Saloon

Titel: Die Zeitreisenden in Callahans Saloon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Spider Robinson
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Grüngürtel und weit auseinanderliegende Häusergruppen ein; Finn hat freiwillig die Verbannung unter lästige, stinkende Menschen gewählt, weil es einige unter uns gibt, die wert sind, gerettet zu werden. Buddhistische Mönche, die ihre Regierungen nicht anders beeinflussen konnten, haben sich selbst angezündet, und ich bete jeden Sonntag für ihre Seelen. Was können Sie uns als Buße anbieten?«
    Raksha schloß die Augen und runzelte die Stirn. Er schwieg lange.
    »Ich kann nichts tun«, erklärte er schließlich mit hohler, tonloser Stimme.
    »Dann gibt es für Sie weder hier noch anderswo eine Absolution«, stellte Callahan unbeteiligt fest. »Verlassen Sie mein Lokal und kommen Sie nie wieder.«
    Raksha machte ein langes Gesicht, und einen Augenblick lang glaubte ich, daß er weinen würde – oder was die Krundai statt dessen tun. Aber er riß sich zusammen, nickte einmal, stand auf und stolperte aus der Bar; die Leute, die ihm im Weg standen, schob er einfach beiseite.
    Als er fort war, sahen wir alle Callahan schweigend an. Er hatte die Zähne zusammengebissen und schien uns mit blitzenden Augen aufzufordern, seine Entscheidung anzufechten.
    »Waren Sie… waren Sie nicht ein bißchen zu hart mit dem armen Kerl, Mike?« erkundigte sich Doc Webster nach geraumer Zeit.
    »Verdammt, Doc«, explodierte Callahan, »dieser Clown ist Adolf Hitler gewesen. Soll ich ihm über die Haare streicheln und sagen: Ist schon gut, Sie haben nur Befehle ausgeführt? Heilige Scheiße, wenn es ihn und seinesgleichen nicht gäbe, müßte ich vielleicht nicht diese verdammte Bar betreiben. Meine Fußballen machen mir das Leben zur Hölle.«
    »Ich bedaure ihn«, sagte Finn tonlos. »Auch ich habe mich einmal in einer ähnlichen Lage befunden.«
    »Sparen Sie sich Ihr Bedauern für bessere Gelegenheiten auf, Finn«, schnaubte Callahan. »Sie sind vor der gleichen Entscheidung gestanden, aber Sie haben es durchgezogen. Und Sie waren nicht feig – Sie waren gegenprogrammiert. Wenn Sie eine Möglichkeit gefunden haben, die rein körperlichen Beschränkungen, die Ihnen ihre Apparatur auferlegt hat, zu umgehen, warum zum Teufel konnte er dann seine Konditionierung nicht überwinden? Eine Konditionierung kann bei den Krundai ebensowenig als Entschuldigung gelten wie bei den Menschen – sie ist nur eine Erklärung. Dank der Arbeit, die Sie leisten, wird die Gaspé-Halbinsel vielleicht eines Tages fruchtbares Ackerland sein. Sie zahlen immer noch Ihre Schulden ab. Aber dieser Kerl dachte gar nicht an Wiedergutmachung, er wollte sich nur entschuldigen. Er und seinesgleichen haben diese armselige alte Welt zu dem gemacht, was sie heute ist, und vielleicht könnte ich ihm das noch verzeihen. Aber ich verschenke meine Absolution nicht. Sie kostet etwas, kostet guten Willen, und er war nicht bereit, sein Scherf lein beizutragen. Der Teufel soll ihn und das Pferd holen, auf dem er hereingeritten ist.«
    »Wir hätten doch freundlich bleiben und versuchen sollen, ihn auszuhorchen, Mike«, warf Tony ein. »Wie sollen wir sie jetzt finden und aufhalten?«
    Callahan sah ihn müde an. »Wie Finn sagen wollte, bevor ich ihm auf die Zehen stieg – das ist nicht notwendig. Jetzt weiß Finn, daß sie sich hier herumtreiben, und er kann sie genauso leicht entdecken wie Sie einen Wolf in einem Hühnerstall bemerken würden. Das Prob ...«
    Draußen ertönte ohrenbetäubender Lärm. Das Gebäude schwankte; die Fenster zersplitterten, und die Flaschen hinter der Theke tanzten. Alle begannen gleichzeitig zu schreien, und die meisten Jungs stürzten auf kürzestem Weg zur Tür.
    Callahan war der einzige von uns, der die Ruhe bewahrte. »Wie ich gesagt habe, ein feiger Hund«, stellte er fest.
    Er stand ruhig auf, ging durch den plötzlich beinahe leeren Saloon zu dem Kreidestrich vor dem Kamin und nahm unterwegs ein Glas mit. In dem verdammten Bärenkostüm, das er immer noch trug, und aus dem sein allmählich kahl werdender roter Kopf wie eine halb verdaute Mahlzeit herausragte, sah er absurd und surreal aus. Er starrte einen Augenblick in die Flammen, stürzte den Schnaps hinunter und brachte seinen Trinkspruch klar und deutlich aus.
    »Auf die Feigheit.« Damit schleuderte er das
    leere Glas mit einer Wildheit an die Rückwand des Kamins, die ich bei ihm noch nie erlebt hatte.
    Der Schnelle Eddie steckte den Kopf zur Tür herein. »Mein Gott, Boß, der ganze verdammte Parkplatz ist beim Teufel.«
    »Ich weiß, Eddie«, antwortete Callahan freundlich.

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