Die Zeitstraße
herum an. Sobald die Kanüle entfernt war, zog sich die Chemikalie über der Öffnung zusammen und verhinderte ein weiteres Entweichen der Kohlensäure. Paul brachte eine kleine Feile zum Vorschein und bearbeitete das winzige Häufchen Kleber damit, bis es von dem umgebenden Aluminium nicht mehr zu unterscheiden war.
So fuhr er fort, Dose um Dose, Kiste um Kiste. Der Injektor hatte ein Fassungsvermögen von 25 Kubikzentimetern. Eine Füllung genügte daher für zwei Kisten Bier. Bei den Flaschen scharfer Spirituosen wurde dasselbe Verfahren angewendet. Ihre Schraubverschlüsse setzten der Kanüle ebensowenig Widerstand entgegen wie das Aluminium der Bierdosen. Gegen Mittag hatte Paul Danbury seinen gesamten Einkauf präpariert. Eine weitere Phase seines teuflischen Planes war abgeschlossen.
Das Medikament, mit dem er die Getränke präpariert hatte, enthielt Digitalin. Paul Danbury wußte aus der Familienchronik, daß sein Großvater Elmer einen Herzfehler hatte. Die Dosis, die Paul gewählt hatte, reichte gerade aus, um einem Herzkranken Beschwerden zu verursachen, jedoch nicht, ihn zu töten. Ein Gesunder jedoch, Giulio Zavecchi zum Beispiel, würde das Medikament ohne jegliche Nachwirkung verdauen.
Es kam Paul nämlich darauf an, bei den Leuten, die von morgen an den Fall Elmer S. Danbury untersuchten, den Verdacht zu erwecken, daß Giulio Zavecchi in der Nacht vom 29. zum 30. Mai versucht hatte, seinen Freund Elmer zu vergiften. Der Vorfall auf dem Friedhof am Morgen des 30. Mai würde dadurch plausibler werden. Vor allen Dingen gab es dann keine Spur mehr, die zu einem Mann in der Zukunft führte.
Zu Mittag aß Paul Danbury in einem Drugstore der Tri-City Plaza zwei Hamburger. Der zweite wollte schon kaum mehr hinunter, so aufgeregt war Paul. Mit einer Tasse Kaffee spülte er den Rest des frugalen Mahls hinunter. Er kehrte zu Fuß zum Hotel zurück und lud die präparierten Spirituosen wieder in den Kofferraum. Sodann zog er von seinem Bett eine Nylondecke, die er über den Bierdosen und Schnapsflaschen ausbreitete, so daß sie beim Öffnen des Kastens nicht zu sehen waren.
Dann machte er sich auf den Weg. Die Zavecchis, das wußte er, wohnten im Jahre 1964 in einem Appartement an der Maple Street. Das Haus hatte nur zwei Geschosse. Die Zavecchis wohnten im oberen. Es war Paul gelungen, eine Photographie von Leona Zavecchi aus dieser Zeit zu beschaffen. Er würde die unscheinbare, kleine Frau ohne Mühe wiedererkennen. Er parkte seinen Wagen ein paar Meter vor dem Haus, in dem die Zavecchis wohnten. Er rollte beide Seitenfenster herunter und wartete. Es war ziemlich warm. Die Sonne meinte es gut in diesem Mai 1964. Morgen war Memorial Day, der Tag, an dem jeder gute Yankee auf den Friedhof ging, um die Gräber seiner Verstorbenen zu schmücken. Morgen war der Tag, an dem Paul S. Danbury das Gerede vom Zeitparadoxon auf die Probe stellen würde.
Es war kürz vor eins, da trat Leona Zavecchi aus dem Haus. Auf der Photographie war sie zurechtgemacht. In Wirklichkeit sah sie noch unscheinbarer aus. In ihrem Kielwasser liefen zwei schwarzhaarige Kinder, beides Mädchen. Larry Zavecchi, der Vater des Begründers der Zavecchi’s Moving and Storage, war noch nicht geboren. Aber schon unterwegs, das war Leona anzusehen. Weiter unten in der Straße war das Zavecchi-Auto geparkt, ein alter Ford Station Wagon, wenigstens acht Jahre alt. Leona schubste die beiden Kinder in den Laderaum, dann setzte sie sich hinter das Steuer. Paul Danbury startete den Motor. Als Leona Zavecchi losfuhr, setzte sich auch sein Fahrzeug in Bewegung. An der nächsten Ecke bog der Station Wagon nach links auf die Spruce Street ein und folgte dieser bis zur Center Street. Paul folgte in vorsichtigem Abstand, was zur Folge hatte, daß er an der Kreuzung Oak Street durch eine Ampel gestoppt wurde, die Leona noch bei Grün passiert hatte. Er holte sie jedoch wieder ein und folgte ihr über Center, Main und Middle Turnpike bis zur Manchester Parkade. Sie parkte abseits vom Gedränge. Als sie mit den beiden Kindern ausgestiegen und außer Sichtweite geraten war, schob Paul Danbury sein Fahrzeug neben das ihre.
Er wartete eine Zeitlang und sah sich um. Am Tag vor Memorial Day war alles auf den Beinen und beim Einkaufen. Aber diese abgelegene Ecke des Parkplatzes war ziemlich verlassen. In einem günstigen Augenblick stieg Paul aus und spritzte aus einer Sprühdose einen kleinen Betrag Flüssigkeit auf den rechten Vorderreifen des
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