Die Zelle: Rechter Terror in Deutschland (German Edition)
stehen im Dunkeln. Als die Familie den Verkaufsraum betritt, erschrickt das Kind ein wenig, weil eine Klingel beim Betreten des Teppichs im Eingangsbereich aufschrillt. Neben dem Eingang wirbt ein Plakat für «Sunlight»-Wohnwagen: «Deutsche Qualität zum Hammerpreis».
Genau das suchen die drei. Ulrike Samwer, eine Angestellte des Freizeitmarkts, kommt aus dem Büro hervorgelaufen und begrüßt die kleine Familie. Sie wollen mit dem Wohnmobil ein paar Tage Urlaub im Raum Berlin machen, erklärt Uwe Böhnhardt. Samwer zeigt dem Mann den freien Fiat «Sunlight»: Es ist der Mercedes unter den Mietmobilen auf dem Platz, Neupreis 45000 Euro. Das Mobil hat drei Betten, helle Holzschränke, einen integrierten Boiler zur Warmwasserversorgung, einen Kühlschrank mit Frosterfach, Küchenzeile, Dusche, Toilette, Schlafkabine und sogar beheizte Außenspiegel. Der Wagen sei «scheckheftgepflegt», wirbt Ulrike Samwer.
Danach lässt sich die Verkäuferin den Ausweis des Mannes zeigen. Er weist sich mit dem Namen «Holger G.» aus Lauenau in Niedersachsen aus. Sie prüft das Alter: 37 Jahre. Das ist okay. Personen, die jünger als 23 sind, dürfen noch keine Wohnwagen mieten. Danach diktiert Samwer die Mietbedingungen: Der Mann muss Vorkasse zahlen, eine Kaution von 1000 Euro in bar hinterlegen und zusätzlich zum Preis noch eine Servicepauschale von 85 Euro zahlen. Auch damit ist der Mann gleich einverstanden. Er holt den Rest der offenen Rechnungssumme von 2155 Euro in bar aus seiner Brieftasche und bezahlt alle anfallenden Kosten.
Die Frau und das Kind laufen derweil durch die Gänge und schauen sich den als Dekoration abgestellten Mini Cooper an. Einmal ruft das Kind «Mama».
Bei der technischen Einweisung macht der junge Mann einen sachkundigen Eindruck auf den Chef der Vermietungsfirma. Er habe schon öfter Wohnmobile ausgeliehen, erwähnt Böhnhardt gegenüber Geschäftsführer Grebe. Nachdem die beiden Männer auf dem Übergabeprotokoll alle Positionen von Abwassertank bis Zündung abgehakt haben, erhält der Kunde die Fahrzeugpapiere. Inzwischen ist die Frau mit dem Kind schon wieder in die Familienkutsche gestiegen und verlässt den Caravanhof. Kurz darauf folgt ihr der Mann im Wohnmobil mit dem Autokennzeichen V-MK 1121.
Am 3. November ruft Uwe Böhnhardt noch einmal beim Verleih an und bittet darum, das Wohnmobil eine Woche länger bis zum 7. November behalten zu können. Obwohl dies unüblich ist, willigt eine Mitarbeiterin telefonisch ein.
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Teil Fünf
Das Ende
47
A 4 nach Eisenach
Es ist Mittagszeit, als zwei Männer die alte Holztreppe in ihrem Haus in Zwickau heruntersteigen. Bei jedem ihrer Schritte knarzen die Bretter der Stufen. Für einen Novembertag ist es überraschend warm. Ein lauer Wind weht bei 12 Grad Celsius, als sie auf die Frühlingsstraße im ruhigen Stadtteil Weißenborn treten. Sie besteigen ihr weißes Fiat-Wohnmobil mit Bettnische. Der jüngere der beiden Männer klettert auf den Sitz hinter dem Lenkrad ins Fahrerhaus, der andere steigt auf der rechten Seite ein. Im Wohnbereich des Caravans mit den hellen Holzschränken in Birnbaumdekor liegen ein paar Kindersandalen der Marke Clogs herum, ein Teddybär aus Plüsch ist zu sehen und eine Wasserspritzpistole. Zwei Mountainbikes lehnen im hinteren Bereich des Wohnwagens zwischen Küchenzeile und Sitzecke.
Es wirkt, als starteten die Männer zu einem Familienausflug.
Im Fahrerhaus liegen neun Stadtteilpläne der Thüringer Orte Erfurt, Arnstadt, Weimar, Altenburg und Eisenach, die sie zuvor mit einer Routenplaner-Software erstellt und ausgedruckt hatten.
Was noch niemand weiß: Hinter der Verkleidung des Innenraums haben die Männer ein Waffenarsenal in dem Fahrzeug versteckt. Zwei 9-Millimeter-Pistolen Heckler & Koch P 2000; eine schwarze amerikanische 12-Millimeter-Flinte Typ Mosberg Maverick 88; einen tschechischen Alfa-Proj-Trommelrevolver, geladen mit sechs Patronen; einen Revolver Melcher; eine kroatische Maschinenpistole Pleter 91; einen Revolver SRS; eine Pistole Erma EGP88; eine Pumpgun Winchester 1300 Defender sowie eine Handgranate.
Und eine Česká-Pistole VZOR 70.
Am Heck des Wohnmobils surrt unter der Stoßstange eine Minikamera, sie deckt den Sichtbereich ab, der aus dem Inneren oder durch die Fenster nicht einsehbar ist. Im Gepäck der beiden Männer befinden sich außerdem zwei Masken, eine aus Wolle mit Augenschlitzen und eine aus Plastik mit aufgemaltem weißem Gesicht. Etwas
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