Die Zen-Lehre des Landstreichers Kodo (German Edition)
schleicht in ein leeres Haus.“ Es gibt nichts zu stehlen. Er muss nicht fliehen. Niemand jagt ihn. Er findet in dem leeren Haus keine Befriedigung.
Uchiyama Roshi : Sawaki Roshi sprach oft von dem Gauner, der in ein leeres Haus einsteigt. Einer, der das hörte, schrieb, Sawaki Roshi hätte gesagt: „Wenn du Zazen machst, solltest du es nicht wie ein Dieb tun, der in ein leeres Haus eindringt, weil darin kein Gewinn liegt.“ Als ich das las, war ich doch sehr von seinem Missverständnis überrascht. Wenn Sawaki Roshi am Leben wäre und das sähe – ich kann mir vorstellen, wie er reagierte! Was buddhistische Schriften zu sagen haben, ist von gewöhnlicher Literatur und Diskussion gänzlich verschieden. Deshalb ist es sehr wichtig, einem Lehrer genau zuzuhören und die Schriften mit einem ruhigen Geist zu lesen. Ich möchte vorschlagen, sie nicht aufgrund eigener Autorität verstehen zu wollen.
Dieses „Ein Dieb schleicht in ein leeres Haus“ ist Sawaki Roshis moderne Übersetzung von Ryuges Worten „Es ist, als würde ein Bandit in einen leeren Raum schleichen“ und die Antwort auf die Frage: „Wo ist der Ort, an dem wir all unsere Geschäftigkeit beenden?“ oder „Wo ist die wahre Zuflucht in unserem Leben?“ Bei aller Anstrengung schlich der Dieb in ein leeres Haus. Es gibt nichts zu stehlen, niemanden, der ihn verfolgt, keinen Grund zur Flucht. Es gibt nichts als das Selbst, das nur das Selbst in dem leeren Haus ist.
In diesem Moment existieren kein Geben und Nehmen und keine Beziehungen zu anderen, darum fühlst du dich nicht ermutigt, sondern eher so, als ob etwas fehlte. Doch Satori, der letztgültige Ort, um sich im eigenen Leben niederzulassen, bedeutet, die grundlegende Haltung einzunehmen: „Was mein Leben lebt, ist nichts anderes als ich selbst.“ Satori heißt nur, sich hier und jetzt niederzulassen.
Die Tat eines Diebes und die Tat Buddhas
Sawaki Roshi : Einmal fragte mich jemand: „Wenn wir Zazen machen, dann manifestieren wir vielleicht Buddha, wie Sie es formulierten. Aber wenn wir kein Zazen machen, sind wir dann etwa nur gewöhnliche Menschen?“ Denkst du etwa, dass du nur ein Dieb bist, wenn du stiehlst, aber kein Dieb bist, wenn du gerade nichts stiehlst? Du kannst Reis essen, um einen Raub zu begehen oder um Zazen zu üben. Ist es dasselbe oder etwas anderes? Auch wenn jemand nur einmal etwas stiehlt, schließt ihn die Gesellschaft aus; wenn jemand nur einmal Zazen macht, tut er es ewig.
Wie kann es sein, dass nur Goemon Ishikawa ein Dieb und jemand, der aufgrund einer spontanen Eingebung stiehlt, kein Dieb ist? Jeder, der aufgrund eines spontanen Bedürfnisses stiehlt, ist mit Sicherheit ein Dieb. Auf die gleiche Weise ist nicht nur Shakyamuni Buddha ein Buddha. Jeder, der Zazen übt und damit Buddha nachahmt, ist ein Buddha.
Uchiyama Roshi : Sawaki Roshi wies oft auf eine „Diebestat“ und „Buddhatat“ hin, wenn er über Zazen sprach. Ich möchte seine Erklärung einer Diebestat und Buddhatat untersuchen, weil sie den Unterschied zwischen einer weltlichen und religiösen Sicht der Dinge klärt.
Selbst wenn wir mehr oder weniger Buddhas Sicht des Lebens und Buddhas Charakter haben mögen – stehlen wir aus einem momentanen Bedürfnis heraus und imitieren so Goemon Ishikawa, dann haben wir sowohl in weltlicher wie in religiöser Hinsicht für immer einen Diebstahl begangen. In der Gesellschaft gehen sie rechtlich gegen einen Kriminellen vor und behandeln ihn für den Rest seines Lebens kalt und misstrauisch.
Vom Standpunkt der Religion aus ist es nicht das Ende der Geschichte, wenn du etwas spontan klaust und damit eine Straftat begangen hast, die für immer währt. Selbst wenn jemand den Makel einer früheren Verurteilung für sein kriminelles Handeln trägt – was ist das Ergebnis, wenn er eine Buddhatat nach dem Vorbild Shakyamuni Buddhas begeht? Obwohl er mehr oder weniger die Sicht und den Charakter eines Kriminellen hat, wird seine Buddhatat zur Ursache seiner ewigen Errettung. Als Dieb oder Buddha zu handeln bedeutet, den immerwährenden Dieb oder den immerwährenden Buddha hier, in diesem Augenblick, zu manifestieren. Daher gibt es sogar für den grausamsten Verbrecher ein Tor zur Errettung.
Was ist der grundlegende Unterschied zwischen der säkularen und der religiösen Welt? In der säkularen Welt urteilen und beurteilen die Menschen einander. In der religiösen Welt gibt es keine Beziehung zu anderen Menschen. Es ist die
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