Die Zeugin: Thriller (German Edition)
weiß schon Ihre halbe Klasse Bescheid.«
»Aber das hab ich nicht geschickt. Was …«
SST pos.
Das Summen in ihrer Brust wurde zu einem scharfen Piepen wie beim Monitor eines Herzinfarktpatienten. Die dachten, dass sie schwanger war.
»Das stimmt nicht.«
Die Trainerin sah sie an. »Wissen deine Eltern schon Bescheid?«
Ab da wurde die Sache nur noch schlimmer. Rory beharrte darauf, die SMS nicht verschickt zu haben. Sie war nicht schwanger. Jemand hatte die Nachricht gefälscht, um ihr etwas anzuhängen. Die Trainerin wirkte enttäuscht, und der stellvertretende Rektor beendete den Wortwechsel schließlich: »Als Sie dem Crosslaufteam beigetreten sind, haben Sie den Ehrenkodex unterschrieben. Sie haben geschworen, die Schule nicht in Verruf zu bringen. Unter diesen Umständen sehen wir uns außerstande, Sie als Athletin des Jahres zu ehren.«
Aus Rorys Körper sickerte jede Wärme. Mit zusammengebissenen Zähnen kehrte sie in den Saal zurück. In einem Nebel aus neugierigen Blicken und Getuschel setzte sie sich auf ihren Platz und krallte die bleichen Hände in ihr Chiffonkleid. Wie eine Wachsfigur saß sie da, als der Preis für den Athleten des Jahres an Boone Mackenzie verliehen wurde, den Star-Footballspieler der Schule.
Danach rannte Riss kreischend und mit wedelnden Pompons durch den Saal und warf Boone die Arme um den Hals. Als Boone sie durch die Luft wirbelte, erspähte sie Rory. Gierig suchte ihr Blick nach Schmerzen, nach Wunden. Sie loderte vor Triumph.
S eth legte die Hand über das Telefon. »Das ist doch Quatsch.«
»Riss hat mich gewarnt, dass was passiert, wenn ich nicht mitspiele.«
»Alles nur blöder Klatsch.«
Mackenzie verlor den Preis der Athletin des Jahres, die höchste Auszeichnung der Highschool von Ransom River, wegen eines Verstoßes gegen den Ehrenkodex. Aus Insiderkreisen ist zu hören, dass der Grund sexuelles Fehlverhalten war und dass Mackenzies Affäre und Schwangerschaft damals an der Schule allgemein bekannt waren. Mackenzie trat jedoch weiter bei Wettkämpfen an und errang vier Monate nach diesem Vorfall die kalifornische Crosslaufmeisterschaft. Bald darauf verließ der Crosslaufcoach die Highschool.
»Nicht zu fassen.« Rory lehnte sich an das Auto. »Jetzt deuten sie auch noch an, dass ich eine Affäre mit dem Coach hatte und dann abgetrieben habe. Das ist wirklich ein Haufen gequirlte Kacke.«
»Zumal Coach DiMezza eine Frau war.«
Das Lachen blieb ihr im Hals stecken. Sie rieb sich die Stirn. »Ein gefundenes Fressen für die Cops. Verstoß gegen den Ehrenkodex. Skandal. Munition für ihre Theorie, dass ich ein schwarzes Schaf bin.«
»Ein Verleumdungsartikel, aber die Wahrheit steht auch drin. Du hast in der nächsten Saison die kalifornische Meisterschaft gewonnen. Das war deine Rache.«
Und Boone wurde kurz vor Ende seines letzten Schuljahrs aus dem Footballteam geworfen, weil er einen Trainer geschlagen hatte.
Wachsam schaute Seth sie an. »Alles klar bei dir?«
»Hör schon auf, mich das alle zehn Sekunden zu fragen.«
Kapitulierend hob er die Hände. »Erzähl mir, was bei Amber passiert ist.«
Rory atmete tief durch. »Riss und Boone sind mir unheimlicher als je zuvor.« Sie spähte um den Wohnwagen des Nachbarn herum. Von dieser Stelle aus hatte sie einen direkten Blick auf Ambers Küchenfenster.
»Du hast mir eine SMS geschickt.«
»Hab einen Hinweis auf die Leute, die wegen dem Raubüberfall im Gefängnis sitzen.«
»Hast du Boone und Riss nicht kommen sehen?«
»Doch. Aber sie haben mich nicht gesehen.«
»Gut. Sie wissen, dass ich Verdacht geschöpft habe.« Plötz lich bemerkte sie eine Bewegung im Küchenfenster und erstarrte.
Ihre Cousins unterhielten sich am Tresen, nah beieinander. Zu nah.
Seth drehte sich um und folgte ihrem Blick.
Riss und Boone berührten sich nicht, doch sie wirkten … hungrig. Nur wenige Zentimeter standen sie voreinander, verschwörerisch, intim wie ein einziger Organismus. Symbiotisch. Sie schienen sich leise und in abgehackten Sätzen zu unterhalten.
Dann legte Boone Riss die Hand auf die Taille. Und Riss drückte sich an ihn. Ihre linke Hand glitt in seinen Rücken. Die rechte presste sie flach an seine Brust. Dann redete sie. Er hing an ihren Lippen, als würde er hypnotisiert oder einen dunklen Segen empfangen.
Riss schleuderte ihr Haar nach hinten. Er nickte. Dann fasste er sie um die Hüften und hob sie auf den Küchentresen. Er umschlang sie mit beiden Armen, schob ihr das Haar von der Wange
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