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Die Zeugin

Die Zeugin

Titel: Die Zeugin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brown Sandra
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Beweise zerstreuen wollte, die ihrem Mandanten schaden konnten.
    Â»Essen und Tanz in der Elk’s Lodge«, verriet er ihr.
    Â»Klingt toll. Lassen Sie sich von mir nicht länger aufhalten.«
    Er wünschte ihr einen guten Abend und strebte dem Hauptportal zu. Kendall wartete, bis er außer Sichtweite war, dann schlüpfte sie in das Zimmer des Kranken. Die Tür war nur angelehnt gewesen.
    Ãœber dem Bett brannte eine schwache Nachtlampe mit einem Metallschirm, deren Licht von seinem Gesicht weg und zur Decke hinauf gerichtet war. Sie sah nicht, daß seine Augen offen standen, deshalb zuckte sie zusammen, als er sie ansprach.
    Â»Ich bin wach und möchte mit dir reden.«

3. Kapitel
    Ihre Slipper quietschten auf den PVC-Fliesen, als sie an sein Bett trat. Er lag vollkommen reglos da und beobachtete schweigend und aufmerksam, wie sie sich näherte.
    Â»Ich dachte, du würdest schlafen«, sagte sie. »Kevin gibt gerade Ruhe, deshalb wollte ich kurz nach dir sehen. Ich habe gehört, du hast heute abend Suppe gegessen. Daß du wieder Appetit hast, ist ein gutes Zeichen, stimmt’s?« Sie hob die Arme und vollführte eine saubere Pirouette. »Wie gefallen dir meine neuen Sachen? Toll, oder? Das ist jetzt der letzte Schrei.«
    Da ihr fröhliches Geplauder keinerlei Wirkung zeigte, ließ sie Arme und Mundwinkel wieder sinken. An seiner Stelle würde sie es auch nicht ertragen, wenn jemand sie mit banalen Sprüchen und lahmen Witzen aufzumuntern versuchte. Er hatte Schmerzen und fühlte sich erniedrigt, weil er so hilflos und abhängig war. Wahrscheinlich hatte er sogar Angst – Angst, daß sein Gedächtnis nie zurückkehren würde, Angst vor dem, was er über sich erfahren würde, wenn es zurückkehrte.
    Â»Es tut mir leid, was dir passiert ist«, erklärte sie aufrichtig. »Es muß wirklich grauenvoll sein, nicht mehr zu wissen, wer man ist oder woher man kommt, was man vorhat, tut, denkt und fühlt.« Sie hielt inne, um ihren Worten Gewicht zu verleihen. »Aber dein Gedächtnis wird zurückkommen.«
    Er legte die Hand an die Stirn, preßte einen Daumen an eine Schläfe und den Mittelfinger an die andere, als wollte er die Vergangenheit aus seiner Hirnschale pressen. »Ich kann mich an nichts erinnern. Rein gar nichts.« Er senkte die Hand und sah sie ausdruckslos an. »Wo sind wir hier eigentlich?«

    Â»Der Ort heißt Stephensville. Wir sind in Georgia.«
    Er wiederholte die Namen, als wolle er sie auf der Zunge kosten. »Leben wir in Georgia?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Wir waren auf der Durchreise nach South Carolina.«
    Â»Ich bin gefahren«, sagte er. »Ich habe offenbar überreagiert, als ich einem umgestürzten Baum ausweichen wollte. Die Straße war glatt. Unser Auto kam ins Schleudern, stürzte in eine Schlucht, rammte einen Baum und versank dann in einem reißenden Fluß.«
    Kendalls Mund war wie ausgetrocknet. »Das weißt du alles noch?«
    Â»Nein, tue ich nicht. Der Sheriff hat es mir erzählt.«
    Â»Sheriff?«
    Er registrierte sofort das erschrockene Beben in ihrer Stimme und sah sie neugierig an. »Der Sheriff. Ein Deputy. Er kam heute vorbei, stellte sich vor und hat mir ein paar Fragen gestellt.«
    Â»Warum?«
    Â»Wahrscheinlich, weil er sie beantwortet haben wollte.«
    Â»Ich hatte ihm doch schon alles berichtet.«
    Er sah sie lange schweigend und nachdenklich an, bevor er schließlich zögernd entgegnete: »Offenbar glaubte er, du hättest ihn angelogen.«
    Â»Das habe ich nicht!«
    Â»Jesus.« Er verzog gequält das Gesicht und legte wieder die Hand an die Stirn.
    Kendall bereute ihren Ausbruch augenblicklich. »Verzeih mir, ich wollte nicht schreien. Hast du Schmerzen? Soll ich die Schwester holen?«
    Â»Nein.« Er kniff die Augen zu und ächzte. »Es geht schon wieder.«
    Weil sie sich für ihre aufbrausende Reaktion schämte und
Wiedergutmachung leisten wollte, füllte Kendall sein Wasserglas aus der beschlagenen Plastikkaraffe auf. Sie schob ihre Hand zwischen das Kissen und seine Haare, und hob vorsichtig seinen Kopf an. Als er das Glas an seinen Lippen fühlte, trank er ein paar Schlucke durch den biegsamen Plastikschlauch. »Genug?« fragte sie, als er seinen Kopf wegdrehte.
    Er nickte. Sie legte seinen Kopf sanft auf dem Kissen ab und stellte das Glas auf das Rolltischchen

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