Die Zukunft ist ein toller Job (German Edition)
hatten abgemacht, dass er heute
nach der Arbeit zu ihr kommen würde. Deshalb hatte sie Frau Meyer gleich bei
sich behalten. Sie hoffte sogar, dass er über Nacht bleiben würde. Ihre Schmetterlinge
flirrten schon den ganzen Tag, und die sehnsüchtige Erwartung leistete ihrer
Fantasie noch mehr Vorschub. Das hatte wohl etwas mit der Körperchemie zu tun,
mit irgendwelchen bewusstseinsverändernden Substanzen, die sie high machten und
dazu brachten, Dinge anzudenken, die sie sonst niemals andenken würde. In
letzter Zeit nahm ihr Verlangen nach Jonas immer mehr zu. In Gedanken hatte sie
ihn schon x-mal ausgezogen, und das hatte die widersprüchlichsten Gefühle in
ihr ausgelöst. Auch jetzt war sie fast betrunken vor Sehnsucht und musste sich
immer wieder hinsetzen und in ihren Kochbüchern wälzen, damit sich nicht alles
in ihr drehte.
Sie überlegte lange, was sie ihm servieren
sollte. Nichts Großartiges. Dafür fehlte es ihr auch an Talent. Als Köchin war
sie genauso eine Versagerin wie als Basteltante. Aber für eine Zucchiniquiche
würde es gerade noch reichen. Außerdem wollte sie den Tisch festlich decken,
mit einem weißen Tafeltuch, zwei achtarmigen Kerzenleuchtern und ihrem besten
Porzellan. Er sollte wie ein Altar aussehen, denn heute begann der Schabbat.
Um neun Uhr breitete sie gefrorenen Blätterteig
in einer Tarteform aus und stach mit einer Gabel hinein. Dann schnitt sie die
Zucchini in Scheiben und dünstete sie zusammen mit den Zwiebeln in heißem Öl
an. Gegen halb zehn vermischte sie das Gemüse mit getrockneten Tomaten, Eiern
und Gewürzen und verteilte die Masse auf dem Teig. Schließlich krümelte sie
Schafskäse darüber und heizte den Backofen vor. Wenn sie die Quiche um zwanzig
vor hineinschob, musste sie gegen zehn Uhr fertig sein.
Das war sie auch. Als Marie die Form aus dem
Ofen holte, war sie richtig stolz auf sich. Das Ding sah lecker aus, und
genauso roch es auch.
Um Viertel nach zehn war Jonas noch nicht da.
Aber das war nicht weiter schlimm. Schließlich schmeckte eine Quiche auch
lauwarm.
Um halb elf wartete Marie immer noch vergebens.
Bis Jonas anrief und sich blumenreich bei ihr entschuldigte. Er könne erst
gegen Viertel nach elf zu ihr kommen, weil er noch „über etwas drüberschauen“ müsse.
Was im Klartext hieß, dass er seinen Arbeitstag noch um weitere ein oder zwei
Stunden verlängern wollte. Marie verschluckte ihre Enttäuschung, stellte die
Quiche zum Warmhalten in den Ofen zurück und schenkte sich ein Glas Wein ein.
Im Laufe der nächsten anderthalb Stunden wurde
sie immer frustrierter und wäre am liebsten ins Bett gegangen. Trotzdem blieb
sie in der Küche sitzen und sah wachen Auges zu, wie der Stundenzeiger der Uhr
stur vorwärtsrückte und schließlich auf Mitternacht zukroch. Währenddessen rief
Jonas noch dreimal an und jammerte ihr die Ohren voll: Er habe da ein Problem,
das er unbedingt noch vor dem Wochenende lösen müsse. Es täte ihm
außerordentlich leid, das habe er sich auch anders vorgestellt, aber er würde
bestimmt noch vorbeikommen, gleich nachher ...
Zwischen den Anrufen saß Marie am Küchentisch,
trank Wein und blätterte in ihren Kochbüchern.
Gegen Mitternacht hatte sie sich endgültig
sauer gewartet, hängte sich ans Telefon und rief ihn an. Natürlich war er immer
noch im Büro. Verdammt, warum nahm dieses Scheißpraktikum seine ganze Zeit in
Anspruch? So groß konnte seine Liebe zu ihr gar nicht sein, dass er die Arbeit
für sie hintenanstellen würde. In der ging er vollkommen auf, die versetzte ihn
in einen Flow, von der war er wie ein Süchtiger besessen. Wie sollte Marie das
jemals toppen?
„Schabbat schalom, Jonas“, sagte sie mühsam
beherrscht. „Es steht alles bereit, die Quiche, der Wein, die Kerzen … Der
Einzige, der nicht bereitsteht, bist du.“
„Ich bin sofort da“, sagte er und wollte das
Gespräch beenden. Aber sie hielt ihn zurück.
„Halt stopp, jetzt brauchst du nicht mehr zu
kommen. Die Quiche ist kalt, der Wein ist warm, die Kerzen sind
heruntergebrannt … Am besten bleibst du, wo du bist.“
„Jetzt bist du böse auf mich.“
„Nicht doch.“
„Dann lass mich kommen.“
„Das sollst du auch, aber anders, als du
denkst“, sagte Marie und spürte, wie ihre erhöhte, von der Aggression und dem
Alkohol noch angestachelte Libido dafür sorgte, dass sich alles in ihr drehte.
„Bist allein im Büro?“, fragte sie.
„Warum willst du das wissen?“, fragte er.
„Weil ich mit dir chatten
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