Die Zusammenkunft
schwiegen. Sirona ging in Gedanken alle Situati onen durch, die in circa vierzig Minuten auf sie warten könnten. Robert und Lora würden da sein, mal ganz zu schweigen von ihrem Boss Henry. Was würde sie tun, wenn Darken nicht da war? Wenn er abgereist war, weil er nicht mehr mit ihr gerechnet hatte? Was, wenn er da war und sie beschimpfte oder einfach übersah? Oder wenn er Taamin bedrohte?
Sie teilte Taamin ihre Befürchtungen mit, und er nahm ihre Hand. »Er wird da sein , er wird dich nicht übersehen, und im Kofferraum liegt dein Schwert!«
»Mein Schwert, oh mein Gott, Taamin! Ich kann ihn doch nicht töten, ich will ihn nicht töten.«
»Du bist nicht allein. Wenn er da ist, wovon ich ausg ehe, dann bin ich doch auch da und ich werde nicht von deiner Seite weichen. Und wenn ich jetzt auch mal fluchen darf: Schalte verdammt noch mal deinen wunderschönen Kopf aus, wenigstens jetzt, wo er dir so sehr im Weg ist!« Dann ließ er ihre Hand los, lehnte sich bequem zurück und schickte eine Welle von Ruhe und Gelassenheit, die sie dankbar annahm. »Mal so ganz nebenbei, es ist nur deiner Tapferkeit zu verdanken, dass mein Kopf noch da ist, wo er jetzt ist, nämlich auf meinem Hals. Also erzähl mir nicht, dass du Angst hast.«
»Gut, dass du an mein Schwert gedacht hast, das ber uhigt mich doch ungemein«, sie sah ihn an und lächelte zynisch. »Ich fühle mich jetzt besser in der Gewissheit, dass ich dich im schlimmsten Fall beschützen kann.«
Das Tor von Castello Del Guardiano Della Spada stand weit offen, als sie in den schmalen Waldweg einfuhren. Taamin gab dem Fahrer Anweisungen, später hinter dem Haus zu parken und dort so lange zu verweilen, bis er den ausdrücklichen Auftrag bekam, das Gelände zu verlassen. Es schien Taamin offensichtlich nicht schicklich, vor den ganzen Gästen ein Schwert aus dem Kofferraum zu ziehen. Mal davon abgesehen, wie das auf Darken gewirkt hätte.
Sirona atmete tief durch. Mit dem Wagen im Rücken und Taamin an ihrer Seite hatte sie sich für einen Auge nblick sicherer gefühlt. Jetzt war das Auto fort. Gleich stünde sie ihm gegenüber, ihm, dem Tiger. Und Tiger griffen stets von vorne an.
E s war ein warmer Nachmittag, die Gäste waren im großen Schlossgarten versammelt. Überall standen Stehtische und vereinzelte Tischgruppen mit weißen Tüchern, die bis auf den Boden fielen. Jeder Tisch war mit einem Blumenbouquet aus blauen und weißen Blumen geschmückt.
An der Freitreppe, die ins Haus führte, standen links und rechts große Amphoren mit weißen, vollen Rosen, die am Rand einen zartaltrosa Kranz hatten. Die Wiese, auf der die Gesellschaft flanierte, strahlte im Sonnenlicht leuchtend grün.
Die Gäste waren edel gekleidet, die Damen in langen Kleidern, die Herren im Smoking oder in schwarzen A nzügen mit Krawatte oder Fliege. Die Aufenthaltsfläche wurde von einem großen Buffet umrahmt, sodass man von jedem Standort aus freien Zugang zu den Getränken und Speisen hatte. Für ein ruhigeres Gespräch würden sich Gäste gut auch hinter das Buffet zurückziehen oder einen kleinen Spaziergang zum Wald machen können.
Zurzeit aber hielten sich alle 350 Gäste in der Mitte auf und bestaunten das Anwesen und die Gärten mit den g estutzten Buchsbaumhecken, die die Beete und Wege zum Wald umschlossen oder weiter hinaus auf dem Rasen ausliefen. Sie bewunderten die sorgfältig in Form geschnittenen Rosenbüsche, die in Weiß und Rosa leuchteten. Zu den Toiletten gelangte man über einen kleinen Seiteneingang links am Haus vorbei, Schilder wiesen den Weg. Das Haupttor des Hauses war verschlossen. Darken war sicher, dass keiner der Gäste nur im Entferntesten auf die Idee gekommen wäre, die Freitreppe hinaufzusteigen und das Haus durch den Haupteingang zu betreten.
Die Kellner liefen flink durch die Menge, balancierten Tabletts mit Sekt und Orangensaft. Hinter dem Haus sta nden mehrere Busse bereit, um zum Hotel zurückzufahren, sobald genügend Gäste den Wunsch hatten, die Feier zu verlassen.
Darken stand in seinem Büro, hinter dem großen Fen ster. Er trug einen weißen Smoking, seine schwarze Fliege baumelte noch an der Seite herunter; er hatte sich nicht die Mühe gemacht, sie zu binden. Er beobachtete die Busse und hatte höchst verdrossen festgestellt, dass Sirona nicht unter den Gästen war, die dort ausstiegen. Freddie saß hinter ihm und beobachtete ihn, war aber klug genug, ihn nicht anzusprechen.
Darken wandte sich vom Fenster ab, setzte sich hinter
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