Die Zwanziger Jahre (German Edition)
Veranlagung anscheinend viel weiter verbreitet und längst nicht so tabuisiert. Selbst einige Nationalspielerinnen haben schon freimütig darüber geplaudert, dass sie nur oder auch Frauen lieben. Andere halten sich lieber bedeckt, und man sollte auch Verständnis dafür haben, dass nicht jede ihr Intimleben in der Öffentlichkeit diskutieren (lassen) will. Das gilt natürlich genauso für die Männer.
Bildung und Ausbildung
Man könnte es sich einfach machen als DFB -Präsident und sich zu Repräsentationszwecken in die VIP -Logen der Bundesligaklubs setzen. Viel wichtiger ist es aber, den kleinen Vereinen zu zeigen, dass sie zu diesem DFB gehören. Das erfordert Projekte und Präsenz vor Ort. Die Bildungsoffensive, die wir Ende der Neunzigerjahre begonnen haben, wendet sich unmittelbar an unsere Vereine. Über die qualifizierten Lehrgänge in unseren Sportschulen, die nach der WM modernisiert und ausgebaut werden konnten, über die Trainer- und Übungsleiterausbildung hinaus haben wir Schulprojekte aufgebaut, die in die Nähe der Vereine kommen, damit die ehrenamtlichen Vereinsmitglieder nicht immer die Wege in die Sportschule antreten müssen. Es sind Lehrgänge, die einfaches Wissen vermitteln: Wie gehe ich mit interkulturellen Fragen um, wenn die Acht- oder Neunjährigen auf dem Sportplatz üben? Wir haben mehr als tausend Bolzplätze gebaut, die mit großer Begeisterung angenommen werden. Wir haben Starterpakete in Vereine und Schulen gebracht, und wir kommen im Bildungsbereich mit unseren dreißig Fahrzeugen immer wieder auch an die Vereine heran, die aus eigener Kraft und eigenem Willen für Weiterbildung nicht zur Verfügung stehen.
Unsere Kulturstiftung haben wir nach der WM 2006 nicht eingemottet, sondern weitergeführt. Wir haben kluge Frauen und Männer im Kuratorium versammelt, die uns Ratschläge geben, immer wissend, im Mittelpunkt steht der Fußball – aber Fußball ist nach unserer festen Überzeugung Kultur. Namhafte Schriftsteller wie Moritz Rinke, Albert Ostermaier und Thomas Brussig haben sich in einer Autoren-Nationalmannschaft zusammengefunden, die wir unterstützen. Die hat inzwischen mehr als fünfzig Spiele ausgetragen und ist 2010 in Dortmund sogar Europameister geworden. Da kommt es zu eindrucksvollen Begegnungen, bei denen Lesungen stattfinden, aber natürlich auch Fußball gespielt wird.
Erwähnenswert ist auch ein Projekt, das junge Frauen in Berlin ins Leben gerufen haben – »Discover Football«. Die Frauen entdecken die soziale Dimension des Fußballs, indem sie Frauenfußballmannschaften aus allen Teilen der Welt zu einem Turnier einladen und neben dem Spiel Begegnungen in allen Facetten organisieren, Gesprächsrunden, Musik, Theater. Solche Veranstaltungen geben diesen jungen Frauen, wenn sie zurückkehren in sehr arme Länder mit Not und Schrecken, Mut zur Hoffnung für ein besseres Leben. Solcher Mut kann auch andere anstecken, die unter derlei Umständen leben müssen. Dieses Projekt ist vom SPD -Bundesvorstand ausgezeichnet worden, ein besonderer Preis für tolle Frauen, die mehr wollen, als nur Fußball spielen.
Sportliche Erfolge sind kein Selbstzweck
So habe ich einige der Vorstellungen, die ich früh mit meinem Engagement beim Fußball verbunden hatte, umsetzen können. Manche nennen mich deshalb einen Sozialromantiker, doch so sehe ich mich nicht. Ich weiß sehr wohl, dass wir den Fußball in der Spitze, also die Nationalmannschaften und die Bundesligen, stark halten müssen, damit wir die Mittel und die Möglichkeiten für unser gesellschaftliches, soziales und kulturelles Engagement schaffen. Deshalb war die Fortsetzung der von MV eingeleiteten Nachwuchsarbeit auch für mich Pflicht, und ich bin froh, dass ich mit Matthias Sammer eine ausgezeichnete Persönlichkeit habe gewinnen können, die diese Anstrengungen sichtbar gemacht hat. Beispiele wie das geschilderte in Yad Vashem zeigen, dass Bildung für junge Nationalspielerinnen und Nationalspieler wichtig ist und dass über diese Juniorenmannschaften Persönlichkeiten in die A-M annschaft nachrücken, die Vorbild für viele junge Menschen sein können.
Erfolge im Spitzenfußball sind für mich notwendig, aber kein Selbstzweck. Es war eines der wichtigsten Ziele meiner Präsidentschaft, das Bewusstsein für gesamtgesellschaftliches Engagement, für den Einsatz für Minderheiten und den Kampf gegen Diskriminierung zu schärfen und die Strukturen zu schaffen, dass der Fußball seinen Beitrag für eine menschliche
Weitere Kostenlose Bücher