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Die Zweierbeziehung

Die Zweierbeziehung

Titel: Die Zweierbeziehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürg Willi
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Anliegen pflegt. Absolute Offenheit bezüglich außerehelicher Beziehungen scheint sich in manchen Ehetherapien eher ungünstig auszuwirken. Derjenige, der die außereheliche Beziehung unterhält, soll die Verantwortung für diese Beziehung selbst tragen. Im Allgemeinen übersteigt es die Kräfte eines Menschen, zu mehr als einer Person eine langdauernde und umfassende Liebesbeziehung zu unterhalten.
    Aus meinen bisherigen Erfahrungen habe ich den Eindruck, dass
langdauernde
außereheliche Beziehungen mit Wissen des Ehepartners nicht mit einer glücklichen Ehe zu vereinbaren sind. Kurzdauernde außereheliche Erfahrungen können gelegentlich eine wesentliche Bereicherung sowohl für das Individuum wie für eine Ehebeziehung sein, obwohl sie meist alle oder zumindest Einzelne der Beteiligten unter schweren psychischen Stress setzen. Die individuellen Unterschiede dürften in dieser Hinsicht groß sein. Die Strukturregel muss elastisch verstanden und angewendet werden.
    Es gibt aber Paare, die sich auf langdauernde Dreiecksbeziehungen einrichten mit vollem Wissen beiderseits. Es handelt sich um Paare, die nach langjährigen Konflikten zu dem Schluss gekommen sind, dass sie einander gewisse eheliche Erwartungen nicht erfüllen können. Es geht dabei insbesondere um sexuelle Beziehungen, die vom einen Partner abgelehnt werden und deshalb außerehelich befriedigt werden sollen, was beiden als
der tragbarste Kompromiss erscheint.
Solche Dreiecksbeziehungen werden im Allgemeinen von den Ehepartnern nicht als ideal, jedoch als die bestmögliche Lösung in ihrem Ehekonflikt empfunden. Meist hat der außereheliche Partner aber doch nicht denselben Status, sondern oft eher funktionellen Charakter, und meist muss er deutlich zu spüren bekommen, dass er dem Ehepartner nicht gleichgestellt wird, was für ihn oft kränkend ist.
    Es gibt nun ganz verschiedene Formen von ehelichen Dreiecksbeziehungen, die ich anhand verschiedener Beispiele darstellen möchte:
    Beispiel 18:
Die Geliebte als Blitzableiter in phallisch-ödipaler Kollusion.
Ein 45-jähriger erfolgreicher Geschäftsmann ist seit zwölf Jahren verheiratet. Anlass zur Ehebehandlung ist eine zweijährige außereheliche Bekanntschaft zu einem 17 Jahre jüngeren Mädchen, das nun auf Heirat drängt. Das Paar erhofft von der Behandlung eine verbesserte Entscheidungsfähigkeit.
    Die Frau ist einzige Tochter eines reichen Geschäftsmannes, der zu Hause ein autoritäres Regime führte und zur Patientin eine inzestuös gefärbte Beziehung unterhielt. In der Pubertät überwachte er sie eifersüchtig gegenüber möglichen Liebhabern, drückte sie beim Tanz jeweils fest an sich und küsste sie intensiver, als es üblicherweise den Vätern zusteht. Die Frau trat unberührt in die Ehe ein mit starken Hemmungen sexuellen Beziehungen gegenüber bei gleichzeitig sehr farbigen sexuellen Phantasien. Vor allem spürte sie einen Widerwillen gegen sexuelle Beziehungen im Ehebett. Sie blühte sexuell erst auf, als sie einige Jahre vor der Liebschaft ihres Mannes ein intimes Verhältnis mit einem Werkstudenten hatte. Mit diesem war sie erstmals orgasmusfähig und erlebte die Sexualität als etwas Faszinierendes. Sie versuchte den Mann zur Eifersucht zu provozieren. Doch dieser antwortete auf die Liebschaft mit einem Gegenzug. Er ging nun seinerseits außereheliche Beziehungen ein und reagierte der Frau gegenüber mit Potenzstörungen. Die Frau gab die Liebschaft auf und verlegte sich in der Folge darauf, den Mann wegen seiner Untreue zu verfolgen, um gleichzeitig in der Phantasie an dessen sexuellen Beziehungen zu partizipieren. Damit hatte sie die ödipale Konstellation ihrer Jugend in der Ehe wiederholt. Ähnlich, wie sie es beim Verhältnis des Vaters zu dessen Geliebten getan hatte, lebte sie die Sexualität projektiv aus, indem sie sich für die Liebschaft des Mannes mit der Geliebten obszöne Praktiken vorstellte, deren Realisierung sie sich selbst versagen musste. Sie rächte sich gleichzeitig am Mann – stellvertretend für ihren Vater –, indem sie ihn für eheliche Untreue verfolgte und bestrafte.
    Auch der Mann konstellierte in der Ehe die ödipale Situation seiner Jugend wieder. Er hatte eine «kastrierende» Mutter, eine temperamentvolle, selbstbezogene Südländerin, die ihn verunsichert hatte, indem sie sich ihm bald überschwänglich zugewandt hatte, um sich ohne ersichtlichen Grund wieder von ihm abzukehren. Sie hatte sein männliches Selbstvertrauen untergraben, indem

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