Die zweite Nacht
Seite.
Unwillig drehte er sich um und schob mich dabei von sich. »Ist dir eigentlich klar, wie wenig Schlaf ich in den letzten Wochen deinetwegen bekommen habe? Kann ja sein, dass es deinem Computer egal ist, wann du arbeitest – aber ich musste jeden Morgen in der Firma antanzen.«
Er vergrub sein Gesicht tiefer im Kissen und ich betrachtete ihn schuldbewusst. »Oh. Dann schlaf noch ein bisschen.« Ehe mir klar war, was ich da tat, streckte ich die Hand aus, zog die Decke höher und streichelte über seinen Kopf. Seine Haare fühlten sich ganz seidig unter meinen Fingern an.
Ich wartete, bis er gleichmäßig atmete, dann kletterte ich aus dem Bett. Um die Ecke gab es einen kleinen Tante-Emma-Laden, dorthin würde ich schnell huschen. Nahezu geräuschlos suchte ich mir ein Outfit zusammen und zog mich vor der Schlafzimmertür an.
Nachdem ich mir eine Ladung Wasser ins Gesicht geworfen und die Zähne geputzt hatte, griff ich nach meinem Portemonnaie und meiner Jacke. Ich hatte tatsächlich Herzklopfen bei dem Gedanken, Frederik mit einem Frühstück zu überraschen. Da ich einiges gut zu machen hatte, konnte ich gleich damit anfangen.
Da es noch relativ früh war, war es in dem kleinen Laden leer. Ich kaufte Milch, Eier, Käse und Brötchen – sowie einen Leinenbeutel, um die Sachen nach Hause zu schaffen, weil ich in meiner Eile natürlich nicht daran gedacht hatte, einen mitzunehmen.
Ich würde einfach warten, bis Frederik sich regte und dann Frühstück machen. Innerlich beglückwünschte ich mich zum wiederholten Male zu meinem brillanten Plan.
Zwei Stunden später fand ich mein Vorhaben schon nicht mehr so überragend. Ein Frühaufsteher war der Mann wirklich nicht. Ich hatte inzwischen mit meinem Laptop auf der Couch Stellung bezogen und ein wenig gearbeitet. Langsam meldete sich mein Magen aber und ich beschloss, dass ich jetzt einfach die Rühreier machen würde. Wenn er nicht aufgewacht war, bis ich fertig war, würde ich ihn eben wecken.
Doch das war gar nicht nötig. Kaum zog der Duft der zweiten Runde Kaffee und der Eier durch die Wohnung, hörte ich, wie er sich im Schlafzimmer rührte.
Kurze Zeit später stand Frederik in der Küche und sah endlich einmal angemessen beeindruckt aus. »Ich hätte nicht gedacht, dass du weißt, wie der Herd angeht.« Dazu hielt er sich die Hand vor den Mund, um sein herzhaftes Gähnen zu verstecken. Dann schlurfte er zum Tisch und hielt sich dankbar am Kaffeebecher fest.
»Dieser Service kommt erst im Rahmen einer Übernachtung, genau wie der Genuss meiner Kochkünste. Eigentlich kann ich ganz passabel kochen«, sagte ich, während ich die Rühreier auf den Tellern verteilte.
»Das lasse ich dich gern unter Beweis stellen. Danke.« Er nahm mir den Teller ab und beäugte ihn kritisch. »Wo hast du die Sachen eigentlich jetzt hergezaubert?«
Meine Wangen färbten sich rot. »Ich war kurz beim Laden.«
Er warf mir einen vielsagenden Blick zu, verkniff sich aber jeglichen Kommentar.
Nach einem halben Streit darüber, mit welchem Auto wir zum Supermarkt fahren sollten, schafften wir es endlich, loszufahren. Ich war erstaunlich nervös – dabei ging es um so etwas alltägliches wie Einkaufen. Bedeutete das jetzt, dass wir so eine Art Paar waren? Eine Beziehung führten? Unwillkürlich krampfte mein Magen sich zusammen.
»Worüber denkst du nach?«
Scheiße. Scheiße. Scheiße. Hatte der Mann eigentlich ein Radar für solche Momente? Schon wünschte ich mir den verschlafenen Morgenmuffel zurück. Scheinheilig antwortete ich: »Nichts.«
»Soso. Warum guckst du dann so verkniffen? Damit meine ich: Verkniffener als sonst?« Er grinste breit und war sich offenbar ziemlich sicher, dass er mich durchschaut hatte.
»Ich gucke also verkniffen? Das muss aber ein merkwürdiger Fetisch sein, wenn du das trotzdem anziehend findest.« Empört verschränkte ich die Arme.
»Du lenkst ab, Helen. Und meistens guckst du nur so, wenn man dir auf die Schliche kommt.« Frederik blieb immer noch ruhig.
»Du meinst wohl, wenn du mir auf die Schliche kommst! Niemand sonst ist dermaßen unverfroren!«
»Also gibst du zu, dass ich dich durchschaut habe?« Äußerst zufrieden bog Frederik auf den Parkplatz des Supermarkts ein.
Was? Wie bitte? Ich hatte mich ganz offensichtlich in eine Sackgasse manövriert. Entnervt warf ich die Arme in die Luft, nachdem ich mich abgeschnallt hatte. »Na gut. Möglicherweise habe ich darüber nachgedacht, was das hier jetzt ist.« Mit
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