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Die zweite Todsuende

Die zweite Todsuende

Titel: Die zweite Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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Polizeibeamten kritzelten eifrig in ihre Notizbücher.
    «Sie sagten, Mrs. Sarazen übe beträchtlichen Einfluß aus», sagte Delaney und blickte auf. «Was meinen Sie damit?»
    «Ach … Sie verstehen», antwortete Dukker. «Politischen Einfluß. Sie kennt wirklich ein paar bedeutende Leute. Weiß, wo so mancher Hund begraben liegt. In der New Yorker Kunstwelt ist sie eine echte Betriebsnudel. Sie kann die Ausstellung eines erbärmlichen Karikaturisten zu einem künstlerischen Ereignis hochjubeln und ihren reichen Freunden gräßliche Ölschinken aufschwatzen. Was Publicity und Werbung betrifft, ist sie ganz groß. Sie schmeißt Parties, kennt Gott und die Welt. Sie kann einem Maler sehr nützlich sein. Kunsthändlern und Sammlern übrigens auch.»
    «Meinen Sie, sie hat Sinn für Qualität?» fragte Delaney. «Ich meine, hat sie, was Kunst betrifft, Geschmack?»
    Jake Dukker brach in Gelächter aus. «Geschmack?» krächzte er. «Belle Sarazen? Ich bitte Sie! Sie findet im Village irgendein Bürschchen mit'm langen Dideldong, schleppt seine Sachen bei mir an und sagt: ‹Ist er nicht phan-ta-stisch? Ist er nicht groß-ar-tig?› Und ich sage zu ihr: ‹Belle, der Bursche hat nun mal nicht das Zeug dazu. Der ist das Allerletzte.›
    Einen Monat später hat das Bürschchen seine Ausstellung in einer Galerie an der Madison Avenue, und noch einen Monat später ist er erledigt, passé, kein Mensch hört je wieder was von ihm. Was um so besser ist, als er ohnehin von vornherein nichts vorzuweisen hatte. Alles Belles Werk! Sie gabelt den jungen Spund auf, verschafft ihm 'ne Ausstellung und läßt ihn genauso rasch wieder fallen. Nachdem sie ihm ein paar Stellungen gezeigt hat, die Sie nicht mal im Kama-sutram finden. Dann jagt sie schon hinter einem anderen her, und unser Bürschchen ist wieder im Village, frettet sich weiter durch wie zuvor und fragt sich, was zum Teufel ihm widerfahren ist. Kunst ist für Belle nichts weiter als ein großer Wirbel.»
    «Aber Sie mögen sie?» fragte Delaney und starrte Dukker ausdruckslos an. «Sie mögen Belle Sarazen?»
    «Belle?» wiederholte Dukker. «Sie mögen? Na ja … vielleicht mag ich sie. Gleich und gleich gesellt sich gern. Wir sind ja beide Talmi. Ich könnte ein … na, lassen wir das, hat ja doch keinen Sinn, darüber zu reden. Belle und ich, wir wissen, wer wir sind und was wir sind.»
    «Aber Victor Maitland war echt?» fragte Abner Boone leise.
    «Goldecht», erklärte Dukker trotzig. «Er war alles mögliche -bloß Talmi, das war er nicht. Er war ein armes Schwein! Er war nämlich alles andere als glücklich, wissen Sie. Außerdem war er ein Getriebener! Er war genauso gierig wie wir alle. Aber gierig auf anderes.»
    «Worauf?» fragte Delaney.
    «Ach … ich weiß nicht», wich Dukker aus. «Er war ein verflucht guter Maler. Nicht so gut wie ich. Technisch, meine ich.
    Aber er hatte etwas, was ich nie gehabt habe! Oder vielleicht hatte ich's mal, und dann hab ich's verloren. Das werde ich nie genau wissen. Aber er war nicht so gut, wie er sein wollte. Vielleicht war das der Grund, warum er so hart und so schnell gearbeitet hat. Er wurde von irgendwas getrieben.»
    Eine Weile herrschte Schweigen, und Delaney und Boone blätterten ihre Notizbücher durch. Von unten hörten sie Stimmen, das Geschepper von Kulissen und Geräten; Dukkers Assistenten waren offensichtlich dabei, alles für die nächste Sitzung aufzubauen.
    «Mr. Dukker», sagte Delaney, «haben Sie Maitland jemals Modelle besorgt oder ihm welche vorgeschlagen?»
    «Modelle? Ein- oder zweimal. Meistens hat er sie selbst gefunden. Große, muskulöse Frauen. Nicht der Typ, auf dem ich stehe.»
    «Haben Sie ihm in letzter Zeit jemand vorgeschlagen? Ein sehr junges Mädchen? Eine Puertorikanerin oder einen anderen südländischen Typ?»
    Dukker dachte einen Augenblick nach.
    «Nein.» Er schüttelte den Kopf. «Jedenfalls nicht so eine. Überhaupt keine in den letzten sechs Monaten oder so. Vielleicht vor einem Jahr. Warum?»
    Delaney erzählte ihm von den Skizzen, die man in Maitlands Atelier gefunden hatte. Dukker war interessiert.
    «Bringen Sie sie mal vorbei», schlug er vor. «Die würde ich mir gern ansehen. Vielleicht kann ich das Mädchen identifizieren. Ich beschäftige eine Menge Modelle. Fotomodelle und welche zum Zeichnen. Und zum Malen natürlich auch. Obwohl - davon immer weniger. Das große Geld liegt in der Werbefotografie. Außerdem komme ich mehr und mehr ins Filmgeschäft rein. Werbefilme.

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