Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann

Titel: Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
Vom Netzwerk:
besiegeln.«
    »Wann wird das sein?«
    Er zuckte hilflos die Achseln. »Das hängt vom Wind ab und den Wellen und der Kraft ihrer Ruderer. Sie befinden sich bereits auf hoher See. Ein Botenvogel hat uns davon in Kenntnis gesetzt. Die Zeremonie ist für den nächsten Vollmond angesetzt. Falls sie früher eintreffen und der Prinz ist nicht da, könnte ich sie hinhalten und ihnen erzählen, er habe sich in ein Refugium zurückgezogen, um vor diesem wichtigen Ereignis in seinem Leben innere Einkehr zu halten. Doch es wäre eine durchsichtige Fassade, die zerbricht, wenn er nicht zu der Feier erscheint.«
    Ich stellte eine rasche Überschlagsrechnung an. »Bis dahin sind es noch mehr als vierzehn Tage. Reichlich Zeit, dass ein trotziger Knabe seine Meinung ändert und reumütig nach Hause zurückkehrt.«
    Chade musterte mich ernst. »Doch falls der Prinz entführt wurde, ohne dass wir wissen von wem oder warum, geschweige denn, wie wir ihn befreien sollen, dann sind vierzehn Tage eine sehr kurze Galgenfrist.«
    Für einen Moment vergrub ich den Kopf in den Händen. Als ich wieder aufblickte, merkte ich, dass mein alter Lehrer mich immer noch hoffnungsvoll beobachtete. Darauf vertraute, dass ich einen Ausweg entdeckte, den er nicht sah. Ich wünschte mich weit weg. Ich wünschte mir, ich wäre nie in diese Sache hineingezogen worden. Nachdem ich tief eingeatmet hatte, um mich zu beruhigen, machte ich mich daran, seine Gedanken zu ordnen, wie er es früher bei mir getan hatte. »Ich brauche Informationen. Gehe davon aus, dass ich keine Ahnung habe. Zuallererst muss ich wissen, wer ihm die Katze geschenkt hat. Und wie die betreffende Person zu der Alten Macht steht und zur geplanten Verlobung des Prinzen. Das ist unser Ausgangspunkt, von dort aus ziehen wir den Kreis weiter. Wer sind die Feinde dieser Person, wer ihre Freunde? Wer am Hof ist der schärfste Gegner der Alten Macht, wer opponiert gegen die Verlobung, wer befürwortet sie? Welche Edlen sind kürzlich beschuldigt worden, mit der Alten Macht befleckt zu sein? Wer hätte Pflichtgetreu helfen können zu fliehen, falls er geflohen ist? Falls er entführt wurde, wer hatte die Gelegenheit? Wer wusste von seinen nächtlichen Ausflügen?« Jede Frage, die ich aussprach, schien die nächste zu zeugen, doch angesichts dieses Trommelfeuers schien Chade wieder zuversichtlicher zu werden. Dies waren Fragen, die er beantworten konnte, und dass er die Antworten wusste, stärkte sein Vertrauen darauf, dass wir die Krise meistern konnten. Ich hielt inne, um Atem zu schöpfen.
    »Und ich habe dir noch nicht alles berichtet, was in den Tagen vorgefallen ist. Allerdings scheinst du zu vergessen, dass die Gabe uns stundenlanges Reden ersparen kann. Lass uns sehen, ob die Schriftrollen dir mehr verraten als mir.«
    Ich schaute mich im Zimmer um, doch er schüttelte den Kopf. »Der Prinz kommt nicht hierher. Von diesem Teil der Burg weiß er nichts. Ich bewahre die Schriftrollen in Veritas altem Turm auf und dort findet auch der Unterricht statt. Das Gemach ist gründlich gesichert und Tag und Nacht steht ein zuverlässiger Mann vor der Tür Wache.«
    »Und wie komme ich hinein?«
    Er legte den Kopf schräg. »Es gibt einen Geheimgang von hier nach dort oben. Er ist lang und eng, mit vielen Treppen, aber du hast junge Beine. Iss auf. Dann zeige ich dir den Weg.«

Kapitel 12 · Bezauberungen
    Kettricken aus dem Königreich in den Bergen wurde noch bevor sie ihr zwanzigstes Jahr erreichte, die Gemahlin von König-zur-Rechten Veritas aus den Sechs Provinzen. Es war eine politische Heirat als Teil eines umfangreichen Handels-und Schutzbündnisses zwischen den Sechs Provinzen und dem Hohen Reich. Der Tod ihres älteren Bruders am Abend ihrer Vermählung brachte den Sechs Provinzen einen unerwarteten Nutzen: Ein Kind aus der Verbindung zwischen ihr und Veritas erbte zu der Krone der Sechs Provinzen auch die des Hohen Reichs.
    Ihre Wandlung von der Bergprinzessin zur Königin der Sechs Provinzen war nicht einfach, doch sie stellte sich dieser Aufgabe mit dem Pflichtbewusstsein, welches den Herrschern aus den Bergen oberstes Gebot ist. Sie kam allein nach Bocksburg, nicht einmal eine Kammerzofe begleitete sie, um ihr in der Fremde beizustehen. Mit sich brachte sie ihren persönlichen Grundsatz, der da hieß, jederzeit und in jeder Weise alles zu tun und alles zu geben, was ihre neue Stellung von ihr verlangte. Denn solches ist im Hohen Reich die herkömmliche Rolle des Herrschers: Der König

Weitere Kostenlose Bücher