Dieb meines Herzens
würde er eine Katze streicheln. Anders als die meisten, die das Museum betraten, genoss das Monster die dunkle, von den Objekten ausgehende Energie.
In dieser Hinsicht sind wir gleich, dachte Delbridge. Ein Schaudern überlief ihn. Die Vorstellung, mit diesem niedrigen Individuum etwas gemeinsam zu haben, stieß ihn ab.
Lancing blieb abrupt stehen, die Hand noch immer auf dem Altar.
»Was ist?«, fragte Delbridge rasch. »Spüren Sie etwas?«
»Angst.« Lancing modulierte das Wort, als wäre es ein seltenes Gewürz. »Die Angst einer Frau.«
Delbridge sah finster drein. »Mollys Angst vor Ihnen?«
»Nein. Die schmeckte ganz anders.« Lancing strich mit den Fingern über die steinerne Oberfläche. »Diese Frau befand sich nicht in hirnloser, hysterischer Panik wie Molly. Sie war noch Herrin ihrer selbst. Trotzdem hatte sie große Angst.«
»Sind Sie sicher, dass diese Person weiblich war?«, fragte Delbridge scharf.
»Aber ja.« Lancing schlug einen geradezu schmachtenden Ton an. »Das ist die süße Angst einer Frau.«
Delbridge zögerte. »Vielleicht spüren Sie eine der Nutten, die heute auch hier waren. Sie begleiteten meine Gäste bei der Besichtigung des Hauses.«
»Ich aber auch«, rief Lancing ihm in Erinnerung. »Keine dieser Frauen hatte Angst, jedenfalls nicht so wie diese Frau. Glauben Sie mir, ich hätte es bemerkt.«
»Was ist dann hier geschehen, um Himmels willen?«, fragte Delbridge verwirrt.
»Begreifen Sie nicht?«, fragte Lancing, in dessen Augen Raubtierlust glühte. »Heute waren tatsächlich zwei Diebe hier. Der zweite war weiblich.«
»Eine Frau drang hier ein, um meinen Kristall zu stehlen?« Delbridge konnte es nicht fassen. »Sicher hätte eine Frau nie den Mut aufgebracht, in mein Haus einzubrechen, ganz abgesehen davon, dass sie es nicht geschafft hätte.«
Wieder furchte Hulsey besorgt die Stirn. »Vergessen Sie nicht, dass ein Mann ihr beistand.«
»Warum hätte dieser eine Frau mitnehmen sollen?«, fragte Delbridge verblüfft. »Das ergibt keinen Sinn. Sie hätte nur die Gefahr vergrößert, entdeckt zu werden.«
Hulsey nahm seine Brille ab und putzte sie sehr nachdenklich. »Vielleicht brauchte er sie.«
»Wozu denn?«, schoss Delbridge zurück.
»Meine Forschungen auf diesem Gebiet zeigten, dass fast alle, die Zugang zur Kraft des Kristalls hatten, weiblichen Geschlechts waren«, sagte Hulsey, in seinen belehrenden Ton verfallend. »Könnte ja sein, dass der Mann diese spezielle Frau heute mitbrachte, damit sie ihm bei der Suche nach dem Stein hilft.«
»Der Mann hat die frische Energiespur auf dem Schrank hinterlassen«, äußerte Lancing im Brustton der Überzeugung. »Er ist jetzt wahrscheinlich tot oder im Irrwahn eines Albtraumes gefangen.«
Hulsey setzte die Brille wieder auf die Nase und rückte sie mit dem Zeigefinger zurecht. Er fixierte Delbridge mit festem Blick. »Sieht aus, als müssten Sie eine Frau suchen.«
»Aber man weiß ja nichts über sie«, gab Delbridge jammernd von sich.
»Das stimmt nicht ganz, Sir.« Hulsey zog seine buschigen Brauen zusammen. »Wir wissen immerhin, dass sie sehr wahrscheinlich Kristallenergie handhaben kann.«
Wenig später stand Delbridge mit Hulsey in der Küche. Es regnete noch immer, doch die dichten Wolken hellten sich mit dem Morgengrauen zu stumpfem Grau auf.
Er blickte auf Paddon und Shuttle hinunter, die zwei Wachen, die er für den Abend angeheuert hatte. Beide lagen ausgestreckt auf dem Boden.
Delbridge hatte selten Gelegenheit gehabt, diesen Raum
seines Landsitzes zu betreten. Er war ein Gentleman, und Gentlemen kümmerten sich nicht um die Haushaltsführung. An diesem Morgen aber verblüffte ihn die Anzahl der Fettflecken auf dem Bodenbelag, und er fragte sich, wie es wohl um die Reinlichkeit bei der Zubereitung der Speisen bestellt sein mochte, die seine Haushälterin ihm servierte.
»Die Eindringlinge müssen sie betäubt haben«, sagte er zu Hulsey. »Es ist die einzige Erklärung.«
Hulsey, der nun merklich ruhiger war, da Lancing nicht mehr anwesend war, stieß mit der Schuhspitze gegen eine der Wachen. »Vielleicht.«
»Wir können nur hoffen, dass die Wirkung mit der Zeit nachlässt. Wenn sie jetzt ihren Geist aufgeben, werden wir nie eine Antwort bekommen. Hulsey, wir müssen uns den Kristall wieder verschaffen.«
»Sie können versichert sein, Sir, dass ich ebenso besorgt bin wie Sie.«
»Das sollten Sie auch. Es kostete mich ein Vermögen, das Labor für Sie einzurichten. Bekomme
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