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Dieb meines Herzens

Dieb meines Herzens

Titel: Dieb meines Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Quick
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unbewohntes Domizil kennzeichnen. Thaddeus wusste sehr wohl, dass es Menschen gab, die mit der speziellen Gabe ausgestattet waren, die psychische Hinterlassenschaft jener aufzuspüren, die den Raum bewohnt hatten. Menschen mit dieser Fähigkeit konnten Typ und Stärke der verschiedenen Emotionen unterscheiden, die in den Wänden eingelagert waren. Aber auch jene, die andere Empfindsamkeiten besaßen, konnten die einzigartige Resonanz der Leere spüren.
    Er blieb einen Augenblick in der rückwärtigen Diele stehen und lauschte mit allen Sinnen. Die Atmosphäre enthielt keine Spur frischer Energie. Molly musste zumindest eine Haushälterin beschäftigt haben, möglicherweise auch ein Mädchen oder eine Köchin. Aber wer immer hier gearbeitet hatte, war offensichtlich zu dem Schluss gelangt, dass die Herrin des Hauses nicht zurückkehren würde. Man hatte die Sachen gepackt und war gegangen.
    Vielleicht hatte es Gerüchte gegeben, wie Molly Stubton ums Leben gekommen war. Dienstleute tratschten wie ihre Herrschaft. Obwohl Delbridges Herrenhaus Meilen entfernt war, musste das Personal beider Häuser von der Beziehung gewusst haben. Klatsch machte auf allen Ebenen der Gesellschaft die Runde, und ein Mord kam immer ans Tageslicht, wie Victoria es formuliert hatte.
    Befriedigt, dass er das Haus für sich hatte, begann er mit seiner methodischen Suche. Die hitzige Auseinandersetzung, die er mit Leona über seine Absichten im Haus geführt hatte, lag nur kurze Zeit zurück.

    »Du gehst ein großes Risiko ein«, hatte sie gesagt.
    »Es ist nicht so groß wie jenes, das du in Delbridges Haus eingingst.«
    »Du solltest mir das nicht bei jedem Streit vorhalten.«
    »Ich kann wohl nicht umhin. Dich dort anzutreffen, war ein enervierendes Erlebnis.«
    »Der Zwischenfall zeigt aber, dass ich in diesen Dingen sehr gut bin. Ich werde mitkommen.«
    »Nein, das wirst du nicht. Zwei Personen bedeuten das doppelte Risiko.«
    »Was suchst du eigentlich in Molly Stubtons Haus?«
    »Wenn ich es sehe, werde ich es wissen.«
    Seine letzte Äußerung schürte ihre Angst noch, doch es war die Wahrheit. Er wusste nicht, was er hier zu finden hoffte oder ob es überhaupt etwas zu entdecken gab, doch im Laufe seiner Tätigkeit als Ermittler hatte er erlebt, dass er eine Spur meist erkannte, wenn er sie vor sich sah. Darauf folgte leider nicht immer, dass er besagte Spur richtig zu deuten vermochte, doch dies war eine andere Sache. Wenn man bei der Suche nach dem Täter Stein für Stein wenden musste, gab es viel zu tun.
    Die Vorhänge waren dicht zugezogen. Er zündete ein Licht an und durchsuchte rasch die Küche und das winzige Kämmerchen der Haushälterin. Beide Räume enthielten nichts, was auch nur annähernd einer Spur ähnelte. Dasselbe galt für den kleinen Salon.
    Er ging hinaus in den vorderen Flur und lief zwei Stufen auf einmal nehmend in den ersten Stock hinauf. Dort gab es zwei Schlafräume, von denen der eine als Ankleidezimmer gedient hatte. Zwei große Garderobenschränke waren mit teuren Kleidern, Schuhen, Hüten und Unterröcken vollgestopft. Die Schmuckkassette, die einen Ehrenplatz auf einer hohen Schubladenkommode
einnahm, war leer. Er fragte sich, ob das Personal sich vor dem Verlassen des Hauses daraus bedient hatte oder ob Delbridge jemanden beauftragt hatte, den Schmuck zurückzuholen, den er seiner Geliebten geschenkt hatte.
    Er untersuchte den Schrank nach Geheimfächern und schlug den Teppich zurück, um zu sehen, ob es einen Bodensafe gab. Zufrieden mit seinem gründlichen Vorgehen ging er durch die Verbindungstür in den Schlafraum.
    Zehn Minuten später fand er den unvollendeten Brief unter der Matratze. Er strich ein neues Licht an und las das Geschriebene.
    Mein lieber J.,
    es gibt aufregende Neuigkeiten  …
     
    Es war kein Laut zu hören, doch etwas veränderte sich in der brütenden Atmosphäre des Hauses. Der Hauch eines Luftzuges wehte durch die Schlafzimmertür.
    Er löschte das Licht und öffnete die Sinne ganz, um nach dem verräterischen Energiepuls zu suchen, der ihm verraten würde, dass er nicht mehr allein im Haus war.
    Ein heißer Blitz trüber, chaotischer übersinnlicher Strömungen traf seine Sinne wie ein Schlag. Die lautlose Art des Eindringens ins Haus war Beweis genug, dass es sich um einen Jäger handelte.
    Das Mitternachtsmonster war eingetroffen.
     
    Die Kraft des Aurora-Steins ist ein zweischneidiges Schwert. Sie darf nur mit größter Behutsamkeit und nur in Extremfällen aktiviert

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