Diebesgeflüster - Band 3
Sie bezahlten dafür, dass sie rein wurden. Hatte man jemals von einem bestechlichen Gott gehört? Ich glaubte an Gott. An einen Gott, den Geld nicht interessierte, der auch für die Armen da war, der meine Gedanken hörte, auch wenn ich sie nicht aussprach.
Kein Pfarrer und kein Bischof konnte mir sagen, wie ich meine Sünden begleichen solle, weil sie diese nicht kannten. Nur Gott kannte sie, und er hatte mir noch nie gesagt: »Kauf dir einen Ablassbrief oder bete drei Tage, bis deine Knie wund sind.« Mein Gott liebte mich und vergab mir.
Abends ging ich in die Messe. Ich hörte der lateinsprechenden Stimme zu, die mir wie Musik in den Ohren vorkam. Selbst nach dem Beten blieb ich sitzen und lauschte den ruhigen, ehrfürchtigen Stimmen an diesem Ort, in der Sixtinischen Kapelle. Fabrizio wusste, dass ich mich hier wohlfühlen würde, deswegen hatte er mir auch diese Aufgabe zugeteilt.
Wenn der dunkle Ton der Kirchenglocke zehn Mal ertönte, ging der Priester umher, pustete die Kerzen aus, kontrollierte, ob alle Menschen – außer mir – aus der Kapelle gegangen waren, schloss ab und verließ dann selbst das Kirchengebäude.
Es war an einem Sonntag, sehr früh morgens – Ada war jedoch längst wieder verschwunden –, als ich das Gefühl bekam, aufwachen zu müssen. Ich hörte nichts, und es hätte auch sonst nichts gegeben, was mich hätte aufwecken sollen, aber ich wachte mit einem Kribbeln im Bauch auf, das mir sagte, dass ich beobachtet wurde.
Die Dunkelheit um mich herum war so undurchdringlich, dass ich nichts sehen konnte. Und bevor ich mich bewegen konnte, war das Gefühl auch wieder verschwunden. Ich lief zu dem Altar, aber ohne Licht kam ich nicht weiter.
Also setzte ich mich wieder in die letzte Reihe und wartete auf den nächsten Morgen.
Dasselbe geschah am Tag darauf und wieder einen Tag später.
Bevor der Priester alle Lichter ausmachen konnte, holte ich mir eine brennende Kerze und stellte sie vor meine Füße. Der Priester akzeptierte auch das. Er würde wohl auch kaum in einer finsteren Kapelle sitzen wollen.
Auch Ada fragte nicht, da sie sowieso keine Antwort erhalten hätte. Sie legte sich einfach zu mir und, sobald sie mit ihrem nächtlichen geistlichen Streifzug fertig war, verließ sie mich wieder.
Ich nahm meine Kerze mit und durchquerte einmal die Apsis. Es war niemand hier, aber das würde sich ändern. Derjenige, der kam, benutzte denselben Weg wie Ada – da war ich mir sicher.
Ich stellte die Kerze auf den Boden, entfernte mich ein paar Schritte von ihr und verbarg mich in einer Einbuchtung.
Es dauerte lange, und ich würde morgen sicherlich beinahe vor Müdigkeit umfallen, aber plötzlich bewegte sich etwas. Mit einem kaum wahrnehmbaren Geräusch hob sich eine Bodenplatte und wurde zur Seite geschoben.
Zwei Hände zogen sich an dem Steinboden der Kapelle empor. Sie gehörten einer Frau, in einem weißen Nachtgewand. Sie lief hinüber zu der einsam leuchtenden Kerze und blies sie aus.
»Du musst dich nicht verstecken, Nuccio. Ich weiß, dass du hier bist. Ich höre deinen Atem und rieche den Staub in deinen Haaren und deinen Kleidern«, flüsterte sie.
Es war Elisa.
Sie schritt zu mir und drückte mir die Kerze in die Hand. Was machte sie hier? Was machte sie in den unterirdischen Gängen? Es war Adas Aufgabe, diese zu erkunden.
»Schau mich nicht so an, als wäre ich eine Untote. Ja, ich weiß, was du dir jetzt denkst. Ich war da unten, weil ein Gang von dem Kloster wegführt – und das Kloster ist meine Aufgabe. Das Problem ist nur, dass man nicht in das Kloster zurück kann. Und die Türe hier ist auch abgeschlossen. Das habe ich am Sonntag schon versucht. Keine Angst, ich habe einen Ausweg gefunden, und ich laufe den Weg jetzt jeden Abend, damit ich ihn nicht vergesse.«
Hatte das alles Elisa gesagt? Ihre Stimme hallte bis hoch zur Decke. Sie störte meine Stille. Ich legte einen Finger auf meine Lippen. Sie verstand.
»Ich gehe wieder zurück ins Kloster«, flüsterte sie. »Ich denke, ich kenne den Weg jetzt in- und auswendig.«
Ohne sich zu verabschieden, kroch Elisa wieder in das Loch, aus dem sie gekommen war, hob den Deckel des geheimen Gangs darüber und nichts erinnerte mehr an ihren Besuch – nichts außer der ausgeblasenen Kerze.
Elisa … sie war in einem Moment hier und im nächsten fort. So war es schon immer mit ihr gewesen. Doch bei all dem, was sie tat, schien sie niemals glücklich zu sein.
Ich trottete zurück auf meine Bank und schlief
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